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09/11/1998 00:00

Familientherapie hilft Kindern bei Zwangsstörungen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Den Zwang bezwingen

    Manche Menschen werden zu Leibeigenen immer wiederkehrender quälender Gedanken. Gedanken, die sie dazu zwingen, ständig die gleichen sinnlosen Handlungen auszuführen, während sie ihrem eigenen gesunden Menschenverstand kein Vertrauen schenken. Mit Hilfe frühzeitig eingeleiteter verhaltenstherapeutischer Maß-nahmen, gelingt es jedoch häufig, in der Konfrontation mit dem inneren Drang, den Sieg davonzutragen. Befinden sich die Be-troffenen noch im Kindes- oder Jugendalter, kommt der Mitwir-kung ihrer Familie dabei eine besondere Bedeutung zu. Zu diesem Ergebnis kommen Dr. Manfred Döpfner und Blanka Breuer von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Universität zu Köln.

    In ihrer Untersuchung weisen die Kölner Psychotherapeuten dar-auf hin, daß Zwangsstörungen zu einem Drittel bereits im Kin-des- oder Jugendalter wurzeln. Insbesondere Wasch-, Kontroll-, Ordnungs- und Wiederholungszwänge, nehmen in dieser Lebensphase ihren Anfang. Die Betroffenen überprüfen unzählige Male, ob Lichtschalter abgeschaltet oder Türen geschlossen sind. Aus Furcht vor Verunreinigung, waschen sie sich ständig die Hände. Bei einigen von ihnen lösen Asymmetrien, wie ein ungleich ge-bundener Schnürsenkel, Panik aus. Andere verfallen auf die Idee, daß sich eine von ihnen befürchtete Katastrophe bei-spielsweise dadurch verhindern läßt, daß sie statt eines roten, einen blauen Stift zum Schreiben benutzen.

    Zwangsgedanken speisen sich aus diffusen Ängsten. Wie bei Er-wachsenen, so spielt auch bei Kindern und Jugendlichen die Furcht vor Verunreinigung, Verseuchung oder Vergiftung eine übergeordnete Rolle. Während einigen die Angst, sich selbst oder andere zu verletzen, zum ständigen Begleiter geworden ist, fühlen sich andere von Zwangsgedanken religiösen oder sexuellen Inhalts beherrscht. Indem die Betroffenen dem inneren Drang nachgeben, vermindern sie kurzfristig ihre Anspannung, ohne je-doch der Angst langfristig Herr zu werden - ein Teufelskreis aus dem es scheinbar keinen Ausweg gibt. Um den Druck von sich auf andere zu übertragen, versuchen Kinder und Jugendliche häu-fig, ihre Eltern in das Zwangsgeschehen miteinzubeziehen, bei-spielsweise indem sie sie mit Fragen überschütten, sie maßre-geln oder sich von ihnen Kontrollen abnehmen lassen.

    Genau hier muß die Familientherapie nach Auffassung der Kölner Psychotherapeuten ansetzen. Die Eltern werden dazu aufgefor-dert, das Kind in seinem Zwangsverhalten ganz bewußt nicht mehr zu unterstützen, sondern ihm Alternativen zu bieten. Statt also jede zwanghafte Frage zu beantworten, sollten die Eltern mit Anreizen zu anderen, attraktiveren Tätigkeiten aufwarten. Sie sollten dem Kind ihre Zuneigung deutlich machen und ihm eventu-ell eine vorher ausgehandelte Belohnung zukommen lassen, wenn es seinen Zwangsimpulsen widersteht. Eltern sollten zudem dar-auf achten, selbst kein überängstliches Verhalten an den Tag zu legen, denn Kinder neigen dazu, sich dieses modellhaft zu eigen zu machen.

    Weiterhin hat sich nach Auffassung der Kölner Psychotherapeuten in der Behandlung von Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendli-chen ein Verfahren bewährt, mit dem auch im Hinblick auf er-wachsene Zwangsgestörte bereits gute Erfolge verzeichnet werden konnten. Unter Anleitung eines Therapeuten wird der Betroffene den jeweiligen angstauslösenden und zwangserzeugenden Reizen bewußt ausgesetzt und dazu angehalten, ihnen zu widerstehen.
    Dr. Döpfner und Breuer berichten von einem Jungen, der aus Furcht vor Verunreinigung, seinen Hund ein halbes Jahr nicht mehr gestreichelt hatte. Er wurde dazu aufgefordert, mit dem Tier umherzutoben und danach mit ungewaschenen Händen ein But-terbrot zu verzehren. Durch diese Art der Überwindung, die zu Beginn ebensoviel Mut wie Motivation erfordert, lernen die Be-troffenen, daß die von ihnen befürchtete Katastrophe auch dann ausbleibt, wenn sie ihrem Zwang - z.B. sich die Hände zu wa-schen - nicht nachkommen. Der Teufelskreis ist damit durchbro-chen. Je häufiger dem Zwang nicht nachgegeben wird, desto schwächer wird er, bis er letztlich ganz verschwindet. Um Zwangsgedanken zu durchbrechen, übt der Therapeut mit den Be-troffenen die gedankliche Konfrontation mit der befürchteten Katastrophe ein.

    Neben der Zwangsstörung leiden dreißig bis vierzig Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen unter einer Depression. Da sie meist Folge und nicht Auslöser der Störung ist, verschwin-det sie in der Regel nach ihrer Behebung. Zum Krankheitsbild zählt zudem häufig eine Tendenz zum sozialen Rückzug - so die Kölner Psychotherapeuten. Auch sie erweist sich zumeist als um-kehrbar. Ähnlich verhält es sich mit Schulproblemen, die auf die verminderte Aufmerksamkeitsfähigkeit der Betroffenen zu-rückzuführen sind.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
    Für Rückfragen steht Ihnen Dr. Manfred Döpfner unter der Tele-fonnummer 0221/478-4370 bzw. 470-6105 ,Fax-Nummer 0221/478-6104 und der Email-Adresse manfred.doepfner@medizin.uni-koeln.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).
    Für die Übersendung eines Belegexemplares wären wir Ihnen dank-bar.


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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