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Wissenschaft
Politikwissenschaftler am Zukunftskolleg der Universität Konstanz will
ethnische Konflikte in Bürgerkriegen erklären und vorhersagen
Wir erinnern uns zurück: Im Zuge des Arabischen Frühlings gingen in Syrien im Februar 2011 Bürger auf die Straße und demonstrierten für die Demokratisierung ihres Landes. In dem heutigen Bürgerkrieg dort geht es jedoch schon lange nicht mehr um eine Demokratisierung. Vielmehr bekämpfen sich Gruppen entlang religiöser und ethnischer Grenzen.
Diese Entwicklung weg von einer Auseinandersetzung über ein sachliches Thema hin zu einem Konflikt zwischen kulturellen Gruppen analysiert der Politikwissenschaftler Dr. Sebastian Schutte, Friedens- und Konfliktforscher am Zukunftskolleg der Universität Konstanz. Die Deutsche Stiftung Friedensforschung fördert sein Projekt jetzt mit 88.000 Euro.
Eine mögliche Erklärung für solche Konfliktveränderungen ist, dass einzelne Menschen nach persönlichen Gewalterfahrungen anderen Gruppen feindselig gegenüberstehen. Nach Schuttes Theorie kann Feindseligkeit beim Einzelnen dann entstehen, wenn vom Verhalten einzelner Gruppenmitglieder auf die Absichten der ganzen Gruppe geschlossen wird – eine Schlussfolgerung, die zwar falsch ist, aber in der sozialpsychologischen Forschung oft gefunden wurde. Empfinden viele Menschen gleichzeitig Feindseligkeit, könnte dies dann eine Veränderung der Konfliktlinien nach sich ziehen.
Um diese These zu überprüfen, befragt Schutte über einen längeren Zeitraum Menschen im Norden Indiens und in Kenia. In beiden Regionen finden kleinere Konflikte statt, die zu interkulturellen Spannungen führen. Schon an diesem Punkt stellte sein Forschungsvorhaben Schutte vor ethische Probleme: „Ursprünglich wollten wir auch Umfragen in Afghanistan durchführen. Doch das wäre für die Teilnehmer sehr gefährlich. Wenn herauskommt, dass sie an einer Studie für ein westliches Forscherteam teilnehmen, könnten sie der Spionage verdächtigt werden.“
Um die Umfragen in Indien und Kenia durchführen zu können, hat Schutte im vergangenen Jahr eigens ein Computersystem für Umfragen per SMS entwickelt. In den beiden Ländern hat längst nicht jeder Zugang zum Internet. Eine Onlineumfrage, wie sie in Deutschland üblich ist, würde daher nur einen sehr kleinen und spezifischen Teil der Bevölkerung erreichen, und die Ergebnisse ließen sich nicht verallgemeinern. Ein Handy hingegen besitzt in Indien und Kenia fast jeder. Da es in diesen Ländern ein Bezahlsystem per SMS gibt, können die Teilnehmer der Umfrage auch direkt vergütet werden.
Hält seine Theorie der ersten Überprüfung durch die Umfragen stand, will Schutte in einem zweiten Schritt untersuchen, ob Einstellungen auf der Individualebene tatsächlich zu Ereignissen auf politischer Ebene führen. Dazu führt er bestehende Datensätze zu Konfliktereignissen zusammen. Stellt sich heraus, dass sein Modell anhand der Daten zuverlässig vergangene kulturelle Bürgerkriege „vorhersagen“ kann, dann lassen sich damit auch Vorhersagen für die Zukunft treffen. Schuttes langfristige Vision ist, durch die gewonnenen Erkenntnisse Interventionen und Handlungsempfehlungen für die Politik zu entwickeln, die dazu beitragen, Feindseligkeit zu verringern und den Konflikt auf einer sachlichen politischen Ebene zu belassen.
Faktenübersicht
Die Deutschen Stiftung Friedensforschung fördert die Befragung in Indien und Kenia im Zeitraum von Oktober 2016 bis Oktober 2017 mit 88.000 Euro. Sebastian Schutte ist seit 1. Juni 2014 als Postdoctoral Fellow, seit 1. August 2016 als Research Fellow am Zukunftskolleg der Universität Konstanz.
Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
Telefon: + 49 7531 88-3603
E-Mail: kum@uni-konstanz.de
- http://uni.kn
Dr. Sebastian Schutte
Universität Konstanz
None
Criteria of this press release:
Journalists
Information technology, Politics
transregional, national
Research projects
German
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