idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Ob Gendiagnostik, Intensivmedizin oder Sterbebegleitung – im klinischen Alltag stößt ärztliches und pflegendes Personal häufig auf schwerwiegende moralische Fragen. Das Klinische Ethikkomitee (KEK) hilft mit Beratung. Geschäftsführer des Ethikkomitees ist Prof. Dr. Andreas Frewer, Professur für Ethik in der Medizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Er hat jüngst ein Buch herausgegeben und spannende Fälle aus dem Alltag der Ethikberatung analysiert. Wir haben mit Prof. Frewer über das Ethikkomitee und seine Fallstudien gesprochen.
Prof. Frewer, Sie sind Mitglied im Ethikkomitee am Universitätsklinikum Erlangen und leiten die Geschäftsstelle. Was ist das Klinische Ethikkomitee und was sind seine Aufgaben?
Das Ethikkomitee bildet ein Forum für die Auseinandersetzung mit moralischen Fragen im klinischen Alltag. Es führt mit einer Arbeitsgruppe die Ethikberatung in schwierigen Fällen am Universitäts¬klinikum Erlangen durch. Dabei haben Patientinnen und Patienten, medizinisches Fachpersonal, Pflegende sowie Angehörige die Möglichkeit, komplexe Entscheidungen mithilfe von Expertinnen und Experten sowie Moderatorinnen und Moderatoren gemeinsam zu besprechen. Darüber hinaus entwickelt das Klinische Ethikkomitee Leitlinien zur Unterstützung bei häufigen Problemen und bietet Fortbildungsveranstal¬tun¬gen zu aktuellen Fragen der Medizinethik an, wie zum Beispiel jährliche Workshops und Ethiktage.
Sie haben 2019 ein Fachbuch mit Fallstudien zur Medizinethik veröffentlicht, das mit dem Erlanger Medizinpreis ausgezeichnet wurde. Worum geht es darin?
In dem Band habe ich schwierige ethische Situationen und Beratungsergebnisse von wichtigen Fällen analysiert. Das Buch „Fallstudien zur Ethik in der Medizin“ zeigt Beispiele aus Ethikkomitees und gibt auch vergleichende Berichte von 60 weiteren Autorinnen und Autoren aus dem deutschsprachigen Raum, damit die Arbeit der Ethikkomitees unterstützt und immer besser entwickelt wird. Von ethischen Fragen am Lebensbeginn bei Schwangerschaft oder Pränataldiagnostik über moralische Probleme in Lebenskrisen mit besonders emotionalen Fällen und Demenz-Beispielen spannt sich der Bogen bis zum Lebensende mit Palliativmedizin, Sedierung oder Sterbebegleitung. Darüber hinaus werden strukturelle Fragen der Kommunikation, Pflegeethik, Interkulturalität und Organspende erörtert. Hinzu kommt eine Darstellung und Analyse der Fallstatistik des Ethikkomitees am Uni-Klinikum Erlangen.
Inwiefern sollen die Ergebnisse des Buchs in den klinischen Alltag einfließen?
Das ist sogar das wichtigste Ziel: Alle Leserinnen und Leser können sich darüber informieren, wie Ethikberatungen und Ethikkomitees in schwierigen Fällen vorgehen sowie letztlich Entscheidungsvorschläge erarbeiten. Das kann selbstverständlich auf andere Fälle des klinischen Alltags übertragen werden. Gerade die moralphilosophische Reflektion sollte transparent sein. Zudem können die zentralen Prinzipien ärztlichen und pflegerischen Handelns in Bezug auf das Patientenwohl – Autonomie, Nichtschaden, Wohltun und Gerechtigkeit sowie die Vorgehensweise der Ethikberatung – in der Praxis geübt und angewandt werden. Das Beste ist doch, wenn die medizinethische Kompetenz der Mitarbeiter am Uni-Klinikum Erlangen so hoch ist, dass nur noch in den seltensten Fällen zusätzliche Beratung angefordert werden muss. Natürlich ist es oft auch wichtig, dass eine neutrale Instanz moderiert, aber die hundertfachen Alltagsentscheidungen zugunsten des Patientenwohls kann man auch ethisch trainieren – mithilfe der dargestellten Fallbeispiele.
Prof. Dr. Andreas Frewer, Tel.: 09131/85-26431, andreas.frewer@fau.de
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Philosophy / ethics
transregional, national
Scientific Publications
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).