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Wissenschaft
Forscher und Forscherinnen aus Köln, Texas und London beschreiben in der Fachzeitschrift „Nature“ ihre Entdeckung eines neuen Mechanismus, der zu der Pathogenese von entzündlichen Erkrankungen beitragen könnte.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass ZBP1, ein Protein das dafür bekannt ist, eindringende Viren abzuwehren, von einer ungewöhnlichen Form zellulären genetischen Materials (Z-Nukleinsäuren) aktiviert wird, was zu Zelltod und Entzündungen führen kann.
Z-Nukleinsäuren sind doppelsträngige DNA- und RNA-Moleküle mit einer ungewöhnlichen linkshändigen Doppelhelixstruktur, anders als die klassische rechtshändige Watson-Crick-Doppelhelix. Z-Nukleinsäuren wurden schon vor über 40 Jahren entdeckt, aber ihre biologische Funktion ist bisher kaum verstanden. Die Forschungsgruppe von Professor Dr. Manolis Pasparakis vom CECAD Exzellenzcluster für Alternsforschung der Universität zu Köln arbeitete mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen vom University of Texas Health Science Center und dem Francis Crick Institute in London zusammen, um die Rolle des Z-DNA Binding Protein (ZBP1) zu studieren, eines von nur zwei Proteinen bei Säugetieren, das Z-Nukleinsäuren erkennen kann. Für ZBP1 war bereits vorher gezeigt worden, dass es das genetische Material von bestimmten Viren erkennen kann und den Tod der infizierten Zelle hervorruft, um die Virenverbreitung zu stoppen.
Erstaunlicherweise fanden die Forscherinnen und Forscher in früheren Studien Beweise, dass ZBP1 auch ohne Virusinfektion Zelltod und Entzündung hervorrufen kann. Sie hatten herausgefunden, dass bei einer Fehlfunktion von RIPK1 – einem Protein, das ZBP1 unterdrückt – ZBP1 aktiviert wurde und einen entzündlichen Typ von Zelltod, die sogenannte Nekroptose – auslöste. Eine Schlüsselfrage der aktuellen Studie war, wie ZBP1 ohne Virusinfektion ausgelöst werden kann.
Durch Experimente am Modellorganismus Maus fanden die Wissenschaftler heraus, dass die entzündungsfördernde Aktivität von ZBP1 auf seiner Fähigkeit beruht, Z-Nukleinsäuren zu binden, was nahelegt, dass es durch Z-förmige Nukleinsäuren, die in der Zelle existierten, aktiviert wird. Eine weitere Frage war, welcher Typ von endogenen Nukleinsäuren von ZBP1 gebunden wird. „Wir konnten zeigen, dass ZBP1 an doppelsträngige RNA bindet“, so Pasparakis. „Gegenwärtig fehlt uns die experimentelle Methodologie um zu zeigen, dass diese eine Z-Struktur aufweist. Aber beruhend auf allen verfügbaren strukturellen Studien interpretieren wir unsere Resultate so, dass ZBP1 mit seinen Zα Domänen an endogene Z-RNA bindet.“
Doppelsträngige RNA (dsRNA) ist selten in Zellen, wird aber während der Replikation gewisser viraler Genome erzeugt und stellt einen Liganden dar, der während der Virusinfektion ZBP1 aktiviert. Die Wissenschaftler vermuteten, dass die zelluläre dsRNA von endogenen Retroelementen herstammt, die Formen einer parasitischen DNA sind, die entweder von alten Retrovirus-Infektionen stammt oder von aktiven Retrotransposons, auch „springende Gene“ genannt, die mehr als die Hälfte des menschlichen und des Mäusegenoms ausmachen.
Um die mögliche Rolle der endogenen Retroelemente als Quelle von dsRNA zu klären, arbeitete das Team von Manolis Pasparakis mit George Kassiotis’ Retroviral Immunology Laboratory vom Francis Crick Institute zusammen. Tatsächlich zeigte eine Computeranalyse der RNA-Sequenzierungsdaten von Mäusehaut, dass die meiste komplementäre, wahrscheinlich doppelsträngige, RNA von einzelnen Gruppen endogener Retroelemente stammte. Diese Funde ließen vermuten, dass die Erkennung von zellulärer dsRNA, die höchstwahrscheinlich von endogenen Retroelementen stammt, ZBP1 aktiviert und zu Zelltod und Entzündung führt. Dieser Mechanismus könnte relevant für die Pathogenese von Entzündungen bei Menschen sein, insbesondere bei Patienten mit Mutationen von Proteinen, die ZBP1 unterdrücken, wie RIPK1.
„Z-förmige Nukleinsäuren waren viele Jahre mysteriös für uns“, sagt Pasparakis. „Im Moment ist unser einziges Mittel um ihre Funktion zu erforschen die Untersuchung der Proteine, von denen sie erkannt werden. Wir haben einige Fortschritte gemacht, aber die Herausforderung ist zu verstehen, warum, wo und wie sie sich in einer Zelle bilden und welchen Grund es dafür gibt.“
Ein besonders faszinierender Aspekt ist die Verbindung mit endogenen Retroelementen. „Gegenwärtig verstehen wir sehr wenig davon, wie diese Genom-Parasiten unsere Gesundheit beeinflussen. Es scheint, dass im Laufe der Evolution einige Retrotransposons, die eine virale Infektion nachahmen können, für die Antwort unserer Zellen auf Schaden, Stress oder wirkliche Infektion als nützliche Partner rekrutiert wurden. Diese Partnerschaft kann jedoch auch schief laufen und Krankheit hervorrufen“, erklärt Kassiotis.
„Genau wie während einer viralen Infektion, könnte das Erkennen von Z-RNA, die von endogenen Retroelementen erzeugt wird, durch ZBP1 einen starken Auslöser für Zelltod und Entzündung darstellen und Krankheit hervorrufen. Wir stehen noch ganz am Anfang und haben noch einen langen Weg vor uns, aber das Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen könnte eines Tages zu neuartigen Therapien für menschliche Krankheiten führen“, schließt Pasparakis.
Inhaltlicher Kontakt:
Professor Dr. Manolis Pasparakis
pasparakis@uni-koeln.de
Presse und Kommunikation:
Robert Hahn
r.hahn@verw.uni-koeln.de
+49 0221 470 2396
Zur Publikation:
„Z-nucleic-acid sensing triggers ZBP1 dependent necroptosis and inflammation“, Nature, DOI:10.1038/s41586-020-2129-8
https://www.nature.com/articles/s41586-020-2129-8
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Medicine
transregional, national
Research results
German
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