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05/16/2023 09:53

Kieferformen von 90 Hai-Arten zeigen: Evolution je nach Lebensraum

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Analyse mithilfe von Röntgen-Computertomographie und 3D-Rekonstruktionen

    Was prägt die Evolution von Haien: Ist es das Habitat, die Position im marinen Nahrungsnetz oder die Beute? Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Faviel A. López-Romero von der Universität Wien ging dieser Frage anhand der Kieferform von Haien nach. Das Ergebnis: Bei den am meisten verbreiteten Hai-Arten weisen die Unterkiefer über Millionen Jahre hinweg nur relativ geringe Formschwankungen auf; große Unterschiede fanden sich vor allem bei Tiefseehaien. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der Zeitschrift Communications Biology veröffentlicht.

    Die beeindruckenden Zähne und die Form des Unterkiefers, auf denen diese sitzen, zählen wohl zu den auffälligsten Merkmalen von Haien. Mit ihren Kiefern sind Haie in der Lage, eine große Vielfalt an Beutetieren zu erjagen, was sie zu den Spitzenprädatoren der Ozeane macht. Das breite Beutespektrum spiegelt sich auch in den entsprechenden Anpassungen wider, die Haie im Laufe ihrer Evolutionsgeschichte entwickelt haben und die es ihnen ermöglichen, sich in praktisch allen Meereslebensräumen zu verbreiten.

    Wie sich die Unterkiefer von Haien im Laufe ihrer Evolution veränderten, hat nun ein internationales, multidisziplinäres Forschungsteam der Universität Wien, des Imperial College London (UK), des Muséum national d'histoire naturelle (Paris, Frankreich), der Christian-Albrechts-Universität (Kiel, Deutschland) und des Naturalis Museums (Leiden, Niederlande) untersucht. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig die Beute, die Position in den Nahrungsnetzen und der Lebensraum für die Vielfalt der Kieferform bei Haien sind. Dies trägt auch dazu bei, die evolutionären Ursachen für die Unterschiede in der Kiefermorphologie im Zusammenhang mit den Lebensräumen aufzudecken.

    Evolutionsgeschichte über 180 Millionen Jahre

    Die heute lebenden Haie haben eine lange Evolutionsgeschichte, die bis vor 180 Millionen Jahren zurückverfolgt werden kann. Während dieser ganzen Zeit waren sie ein wichtiger Bestandteil mariner Nahrungsnetze und besetzten hauptsächlich höhere trophische Positionen als Meso- und Spitzenprädatoren. Gleichzeitig haben Haie viele Lebensweisen und Formen entwickelt, wie z. B. Bodenbewohner, schnelle Schwimmer im offenen Meer und sogar einige der kleinsten Arten in der Tiefsee.

    Um zu untersuchen, wie sich Lebensraum und Lebensstil auf die Entwicklung der Kieferform von Haien im Laufe der Zeit auswirken, wurden quantitative Analysen anhand von Röntgen-Computertomographie-Scans der Kiefer von 90 Hai-Arten durchgeführt und 3D-Rekonstruktionen erstellt.

    Tiefseehai-Unterkiefer weisen größte Formenvielfalt auf

    Die Ergebnisse zeigen überraschenderweise, dass bei sehr artenreichen Gruppen wie den Requiemhaien die Kiefer nur geringe Formschwankungen aufweisen. Dies ist interessant, da Requiemhaie zu den am weitesten verbreiteten Haien gehören. Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass die meisten variablen Kiefer bei Arten gefunden wurden, die in der Tiefsee leben. "Obwohl Tiefseehaie in den Daten nicht so zahlreich wie Riffhaie vertreten sind, weisen sie in unserer Analyse die größte Formenvielfalt auf", erklärt Erstautor Faviel A. López-Romero vom Institut für Paläontologie der Universität Wien.

    Haie, die in der Tiefsee leben, sind nicht nur oft biolumineszent, sondern sind auch an verschiedenste Nahrungsstrategien angepasst, die vom reinen Verschlingen großer Stücke von Walen bis hin zum Fressen von Eiern reicht, wobei viele Tiefseehaie sich von Kopffüßern ernähren. Bei den meisten Arten, die in Riffen leben, und den großen Spitzenräubern im offenen Meer scheinen die Möglichkeiten begrenzt zu sein, sodass die meisten hauptsächlich Fische und sogar andere Hai-Arten fressen. "Natürlich ernähren sich viele Haie in diesen Lebensräumen von einer großen Vielfalt an Beutetieren und nur wenige haben sich an eine einzige, spezifische Beute angepasst", erklärt Jürgen Kriwet von der Universität Wien, der an dieser Studie beteiligt war.

    Veränderungen über die Zeit

    Durch die Untersuchung der Evolution der Kieferform war es auch möglich, die evolutionären Veränderungen der Kieferform über die Zeit rekonstruieren. "Bemerkenswerte Veränderungen traten bei Teppich-, Schläfer- und Hundshaien auf. Diese Veränderungen gingen wahrscheinlich mit der vorrangigen Verbreitung dieser Haie in Riffen und in der Tiefsee einher, was sie morphologisch deutlich von anderen Arten mit größeren Kiefern abgrenzt, wie sie bei den großen Spitzenräubern im offenen Meer zu finden sind", schließt Faviel A. López-Romero.


    Contact for scientific information:

    Dr. Faviel Alejandro López Romero
    Institut für Paläontologie, Universität Wien
    1190 Wien, Josef-Holaubek-Platz 2
    faviel.alejandro.lopez.romero@univie.ac.at


    Original publication:

    Publikation in Communications Biology:
    Shark mandible evolution reveals patterns of trophic and habitat-mediated diversification. López-Romero, F. A., Stumpf, S., Kamminga, P., Böhmer, C., Pradel, A., Brazeau, M. D., & Kriwet, J. in: Communications Biology,
    DOI: 10.1038/s42003-023-04882-3
    https://www.nature.com/articles/s42003-023-04882-3


    More information:

    https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a...


    Images

    Die Kiefermorphologien unterschiedlicher Haiarten, die in der Studie untersucht wurden.
    Die Kiefermorphologien unterschiedlicher Haiarten, die in der Studie untersucht wurden.
    Faviel Alejandro López Romero
    Faviel Alejandro López Romero

    Das Kiefer von Dalatias licha (Schokoladenhai). Die unteren Zähne des Hais bilden eine durchgehende Schneidekante, mit der er Stücke aus größeren Tieren herausbeißen kann.
    Das Kiefer von Dalatias licha (Schokoladenhai). Die unteren Zähne des Hais bilden eine durchgehende ...
    Manuel Staggl
    Manuel Staggl


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research results, Transfer of Science or Research
    German


     

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