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Wissenschaft
Das aktuelle Heft der Fachzeitschrift „Zeithistorische Forschungen“ beschäftigt sich mit Normen und Praktiken der Ausweisung, Rückführung und Abschiebung. Gerade in liberalen Demokratien bedürfen solche Maßnahmen einer rechtlichen Legitimation. Während sich das nationale und internationale Recht nach 1945 eher zu Gunsten von Arbeitsmigrant:innen und Geflüchteten zu entwickeln schien, verstetigten sich gleichzeitig Routinen der Rückführung. Das Themenheft trägt zur historischen Konkretisierung und Kontextualisierung politischer Debatten bei. Die „Zeithistorischen Forschungen“ erscheinen gedruckt im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht und im Open Access (https://zeithistorische-forschungen.de).
Die Autor:innen des Hefts fragen nach Bedingungen und Formen des Ausweisens, Rückführens und Abschiebens. Das besondere Augenmerk gilt Deutschland, das lange kein „Einwanderungsland“ sein wollte. Rückführungen wurden daher zum Mittel, Migration umzukehren und den Zustand als vermeintliches „Nichteinwanderungsland“ wiederherzustellen. Erzwungene Abschiebungen wurden hier jedoch vor dem historischen Hintergrund der Massendeportationen des Nationalsozialismus verhandelt und kritisiert. Neben solchen Kontroversen rücken die Beiträge des Hefts auch die postkolonialen und globalen Verflechtungen von Migration nach und Abschiebungen aus Deutschland in den Fokus.
In den Fallstudien etwa zum bundesdeutschen Umgang mit People of Color und ihren Aufenthaltsrechten oder zu den Konflikten um Asyl und Zurückweisungen in der Transitzone am Frankfurter Flughafen wird deutlich: Lokale Konstellationen und Akteursgruppen (wie kommunale Behörden, Wohlfahrtsverbände oder Hilfsinitiativen) waren für die Abschiebepraxis häufig ebenso entscheidend wie die nationale Ebene der „Ausländerpolitik“. Zudem zeigt sich, dass Rechtsnormen und Rechtspraktiken keineswegs immer eindeutig, „neutral“ und stabil waren. Vielmehr folgten sie politischen Konjunkturen, kulturellen Stereotypen und sozialen Handlungsmustern im Umgang mit „Anderen“. Die Überlagerung von nationalem, europäischem und internationalem Recht sorgt dabei für eine besondere Komplexität des Themas, etwa in der Frage des Bleiberechts und des menschenrechtlich fundierten Schutzes. Schließlich ist es unbedingt wichtig, neben politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auch die migrantischen Erfahrungen als Teil der deutschen und europäischen Gesellschaftsgeschichte stärker als bisher sicht- und hörbar zu machen.
In der aktuellen politischen Diskussion hat das Thema „Abschiebungen“ erkennbar an Brisanz und Relevanz gewonnen. Oft fehlt es dabei jedoch an genaueren Betrachtungen der historischen Kontinuitäten und Diskontinuitäten. Viele der heute geäußerten Argumente und Vorannahmen wurden ganz ähnlich schon in früheren Debatten vertreten – was sie nicht unbedingt richtiger macht. Sowohl die politischen Appelle für mehr Abschiebungen als auch das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Abschiebungen haben inzwischen eine eigene, eng miteinander verbundene Geschichte, die man genauer kennen sollte, um in den Kontroversen der Gegenwart fundierter urteilen zu können.
Die „Zeithistorischen Forschungen“ werden am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (https://zzf-potsdam.de) von Frank Bösch und Martin Sabrow herausgegeben.
Die Zeitschrift erscheint gedruckt im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/zf) und zugleich im Open Access (https://zeithistorische-forschungen.de).
Gastherausgeber des aktuellen Themenhefts sind Jannis Panagiotidis (Universität Wien) und Florian Wagner (Universität Erfurt).
Bei redaktionellen Fragen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Jan-Holger Kirsch
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung
Am Neuen Markt 1
D-14467 Potsdam
E-Mail: kirsch@zzf-potsdam.de
Abonnements, Einzelhefte und Rezensionsexemplare sind erhältlich bei:
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Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jannis Panagiotidis, Universität Wien, Research Center for the History of Transformations (RECET)
E-Mail: jannis.panagiotidis@univie.ac.at
Dr. Florian Wagner, Universität Erfurt, Historisches Seminar
E-Mail: florian.wagner@uni-erfurt.de
Prof. Dr. Jannis Panagiotidis, jannis.panagiotidis@univie.ac.at
Dr. Florian Wagner, florian.wagner@uni-erfurt.de
Themenheft „Ausweisen – Rückführen – Abschieben“
https://zeithistorische-forschungen.de/1-2023
https://zeithistorische-forschungen.de ZF im Open Access
https://zzf-potsdam.de Website des ZZF Potsdam
https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com V & R Verlage
https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/sozial-rechts-und-... – Bestell-Link
Heft-Cover 1/2023 Zeithistorische Forschungen, Demonstration im Juli 1993 für ein Bleiberecht von Ro ...
(dpa/Süddeutsche Zeitung Photo)
Criteria of this press release:
all interested persons
History / archaeology, Politics, Social studies
transregional, national
Scientific Publications
German
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