idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Tirinkatar wird unter Co-Leitung von Archäologen der Freien Universität Berlin erforscht
Im Jahr 2012 stießen Archäologen der Freien Universität Berlin im Südkaukasus, im armenischen Hochgebirge, auf rätselhafte, riesige Stelen. In Armenien werden diese bis zu knapp über fünf Meter hohen kunstvoll verzierten Monumente Vischaps („Drachensteine“) genannt und sind berühmt. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Arsen Bobokhyan (Akademie der Wissenschaften in Eriwan), Prof. Dr. Alessandra Gilibert (Ca’ Foscari Universität in Venedig) und Dr. Pavol Hnila (Freie Universität Berlin) untersucht seit 2012 das Stelengebiet.
Mittlerweile sind aus Südkaukasus und Osttürkei rund 150 dieser Basaltmonumente bekannt – ihre größte Konzentration auf einem Fundort (12) befindet sich am Tirinkatar, auf dem Südhang des Berges Aragaz. Die Forschenden stießen dort auch auf weitere archäologische Befunde (Steinkreise, Felszeichnungen, temporäre Siedlungsplätze), die auf die Bedeutung des Areals als Siedlungs-, Kult-, und Bestattungsplatz über mehreren Epochen in den letzten 6000 Jahren hindeuten. Die archäologische Fundstelle Tirinkatar (alternativ auch als Karmir Sar bekannt) umfasst eine Gesamtfläche von rund 370 Hektar und wurde 2024 von Armeniens Regierung auf die Tentative List der Unesco addiert: https://whc.unesco.org/en/tentativelists/6702/. Dank der archäologischen Forschungen könnte Tirinkatar künftig als eine der wenigen prähistorischen Stätten für die Weltkulturerbe-Liste nominiert werden.
„Seitens Armeniens handelt es sich – trotz vielen anderen während der letzten 30 Jahren entdeckten und erforschten Fundstellen und Monumenten – um den ersten Vorschlag seit 1996, was vor allem der Einzigartigkeit der Befunde, besonderer Lage der Fundstelle, und der langjährigen Forschung zu verdanken ist“, sagt Archäologe Dr. Pavol Hnila vom Institut für Altorientalistik der Freien Universität Berlin und Co-Direktor der Ausgrabungen am Tirinkatar.
Auf 2850 Meter über dem Meeresspiegel wurde am Tirinkatar, der am Aragaz und damit dem höchsten Berg Armeniens liegt, die größte Konzentration der rätselhaften „Drachensteine“ entdeckt. Anders als ihr Name - der auf armenische Legenden zurückzuführen ist - vermuten lässt, stellen diese Basaltstelen keine Drachen, sondern entweder Fische oder Widderfelle oder an wenigen Orten sogar ihre Kombination dar. Solche „Drachensteine“ sind gleichwohl nicht nur in Armenien, sondern auch in Südgeorgien und in der Osttürkei verbreitet. Durch ihre Anzahl und die zusammenhängenden archäologischen Kontexte gelten die Stelen von Tirinkatar aber als einmalig. Tirinkatar ist bis jetzt zudem die einzige archäologische Fundstelle, wo die Drachensteine in ihrem ursprünglichen Kontext systematisch ausgegraben worden sind.
Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Bedeutung der Vischaps im Bereich der religiösen, mit Wasser verbundenen Vorstellungen und Praktiken zu suchen ist. Die konkreten Hintergründe ihrer Entstehung sind bislang allerdings unbekannt.
Bei der Datierung des Stelenfelds gelang dem Forschungsteam nach beinahe zehn Jahren Arbeit dagegen ein Durchbruch: „Die Vischaps wurden bereits vor rund 6000 Jahren hergestellt, was sie zu den ältesten Beispielen der monumentalen Kunst im ganzen Kaukasus macht. Tirinkatar ist somit ein außergewöhnliches Zeugnis für komplexe religiöse Traditionen, sowie auch für die Besiedlung und kulturelle Entwicklung des Hochgebirges in prähistorischer Zeit“, erläutert Pavol Hnila.
Neben den „Drachensteinen“ liefert Tirinkatar zahlreiche Hinweise auf Kult-, Bestattungs-, und Siedlungsaktivitäten, die von der Moderne bis in die Steinzeit zurückgehen und somit die menschliche Nutzung des Hochgebirges im Südkaukasus mannigfaltig repräsentieren. Interessanterweise aber fehlt aus einigen Zeitperioden bis jetzt jegliche Spur. Gerade die am Tirinkatar festgestellten Wechsel bei den menschlichen Interaktionen mit dem Hochgebirge und ihre mögliche Korrelation mit Klimaänderungen stehen derzeit im Fokus des von der DFG geförderten und an der Freien Universität Berlin angesiedelten Projektes „Hochgebirge als Kulturlandschaft: Untersuchungen zur Verflechtung von Pastoralismus, Kult und Klimawandel im prähistorischen Armenien“, das von Pavol Hnila geleitet wird.
Dr. Pavol Hnila, Freie Universität Berlin, Institut für Altorientalistik, E-Mail: pavol.hnila@fu-berlin.de, Web: http://fu-berlin.academia.edu/PavolHnila
http://Mehr zur Einreichung der armenischen Regierung bei der Tentative List of Unesco World Heritage: https://whc.unesco.org/en/tentativelists/6702/.
http://Mehr zum Forschungsprojekt „Hochgebirge als Kulturlandschaft: Untersuchungen zur Verflechtung von Pastoralismus, Kult und Klimawandel im prähistorischen Armenien “: https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/462731233
Ein liegender "Drachenstein" am Tirinkatar
FU/Institut für Altorientalistik/Pavol Hnila
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Cultural sciences, History / archaeology
transregional, national
Research projects
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).