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Wissenschaft
Pflanzen haben einen ausgeklügelten Mechanismus, um die Produktion neuer Proteine zu überwachen. Der "U1 snRNP"-Komplex sorgt dafür, dass die Baupläne für Proteine vollständig hergestellt werden. Das ist wichtig, weil Zellen dazu neigen, den Prozess zu früh abzubrechen. Diese Qualitätskontrolle kannte man bisher nur aus tierischen Zellen als sogenanntes Telescripting. Ein Forschungsteam unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) konnte nun erstmals einen ähnlichen Prozess in Pflanzen zeigen. Die Studie erschien im Journal "Nature Plants".
Ohne Proteine läuft in Pflanzenzellen nichts: Sie steuern alle lebenswichtigen Prozesse, zum Beispiel das Wachstum oder den Stoffwechsel. Die Bauanleitung für neue Proteine liegt im Erbgut der Pflanzen, genauer gesagt in ihren Genen. "Die Informationen liegen kodiert vor - die Gene müssen von DNA in RNA abgelesen und umgeschrieben werden. Nur anhand solcher RNA-Moleküle können Proteine korrekt zusammengesetzt werden", sagt der Pflanzengenetiker Prof. Dr. Sascha Laubinger von der MLU.
Sein Team untersuchte in der neuen Studie, wie Pflanzen dafür sorgen, dass die korrekte Bauanleitung entsteht. "Die RNA beinhaltet auch Abschnitte, die für die Herstellung von Proteinen unnötig sind. Diese müssen vorab erkannt und ausgeschnitten werden. Das übernimmt das sogenannte Spliceosom, es verknüpft anschließend auch die relevanten Gen-Informationen wieder miteinander", so Laubinger. Raum für Fehler gibt es nicht: Bereits kleinste Veränderungen der RNA können dazu führen, dass ein Protein nicht korrekt produziert wird und nicht mehr funktioniert. In Genen existieren zusätzlich mehrere Sollbruchstellen, an denen der Ableseprozess theoretisch abgebrochen werden könnte. Vor etwa zehn Jahren fanden Forschende in Tieren einen Mechanismus, der das Umschreiben von DNA zu RNA am Laufen hält: das sogenannte Telescripting. "Dabei übernimmt der 'U1 snRNP'-Komplex eine Doppelfunktion: Er trägt als Teil des Spliceosoms dazu bei, dass relevante Gen-Informationen ordnungsgemäß verknüpft werden. Außerdem sorgt er dafür, dass der Ableseprozess vollständig abläuft. Dieser zweite Mechanismus wird als Telescripting bezeichnet", erklärt Genetiker Laubinger. Bislang war unklar, ob es diesen Prozess auch in Pflanzen gibt.
Um das überprüfen, nutzten die Forschenden die Modellpflanze Arabidopsis thaliana. Sie erzeugten im Labor künstlich Pflanzen mit wenigen "U1 snRNP"-Molekülen. "Wir konnten die Konzentration auf etwa zehn Prozent des Normalen senken. Darunter waren die Pflanzen nicht mehr lebensfähig", so Laubinger. Optisch unterschieden sich die Pflanzen von ihren normalen Vertretern bereits deutlich: Sie waren deutlich kleiner, ihre Blätter verkümmert. In diesen Pflanzen analysierten die Forschenden die Aktivität aller Gene und suchten nach verkürzten RNA-Schnipseln. Diese sind ein Indiz dafür, dass das Ablesen von der DNA zur RNA frühzeitig abgebrochen wurde. Das Team fand mehrere Hundert Fälle. "Dass wir so viele RNA-Fragmente gefunden haben, war überraschend. Arabidopsis thaliana hat relativ kurze Gene, sodass der Einfluss des U1 snRNP-Komplexes auf den Ableseprozess vergleichsweise gering sein sollte. Andere Pflanzen, zum Beispiel bestimmte Farne und Kiefern, haben größere Gene - hier könnte der Effekt noch deutlich größer sein", sagt Laubinger.
Die Ergebnisse geben wichtige Einblicke darin, wie die Genaktivität in Pflanzen gesteuert werden kann. "Von menschlichen Zellen weiß man, dass Telescripting bei Hitzestress die Genaktivität in Zellen verändert", so Laubinger. Wenn sich etwas Ähnliches bei Pflanzen finden lasse, könnte dies zum Beispiel ein Ansatz sein, sie widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen.
Gefördert wurde die Arbeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Studie: Mangilet et al. The Arabidopsis U1 snRNP regulates mRNA 3’-end processing. Nature Plants (2024). doi: 10.1038/s41477-024-01796-8
https://www.nature.com/articles/s41477-024-01796-8
Aufnahmen der Modellpflanze Arabidopsis thaliana. Bei der rechten Pflanze wurde die Aktivität des Pr ...
Anchilie Mangilet
Nach 56 Tagen unterscheiden sich beide Pflanzen noch deutlicher.
Anchilie Mangilet
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology
transregional, national
Research results
German
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