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Zunehmender internationaler Wettbewerb, politische Spannungen, Materialknappheit oder unvorhersehbare Naturereignisse haben die Schwächen traditioneller, starrer Lieferketten offengelegt. Die Fähigkeit, sich flexibel an Veränderungen anzupassen wird für Hersteller und Zulieferer zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Das europäische Forschungsprojekt RAASCEMAN adressiert diese Herausforderungen und widmet sich der Frage, wie Lieferketten resilient und widerstandsfähig gestaltet werden können.
Eine Antwort liefert das Prinzip des „Manufacturing as a Service (MaaS)“. Das Konzept verteilter Fertigungsdienstleistungen über digitale Plattformen oder Netzwerke bietet die Möglichkeit, Ausfälle in der Lieferkette schnell und dynamisch zu kompensieren und so die Auswirkungen von Produktionsstörungen zu minimieren. RAASCEMAN (Resilient and Adaptive Supply Chains for Capability-based Manufacturing as a Service Networks) bringt neun Partner aus sechs Ländern zusammen: Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz – DFKI (Deutschland), Flanders Make (Belgien), LMS Patras (Griechenland), CEA (Frankreich), Czech Institute of Informatics, Robotics and Cybernetics Czech Technical University in Prague CIIRC CTU (Tschechische Republik), Rheinland-Pfälzische Technische Universität - RPTU (Deutschland) und Netcompany Intrasoft (Luxemburg) sowie die beiden Industriepartner Continental Automotive Tschechien und das belgische KMU ASKA Bike. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission in den nächsten drei Jahren mit insgesamt 4,6 Millionen Euro gefördert.
RAASCEMAN entwickelt innovative Werkzeuge, die Echtzeitdaten aus der Lieferkette nutzen, um potenzielle Störungen zu analysieren und deren Auswirkungen zu quantifizieren. Wird beispielsweise ein drohender Ausfall eines Zulieferers erkannt, ermöglicht es RAASCEMAN Unternehmen, alternative Fertigungspartner über ein Netzwerk von MaaS-Anbietern zu finden. Ein speziell entwickeltes System bewertet dabei die Zuverlässigkeit der Lieferanten im Netzwerk und prüft die Machbarkeit ihrer Angebote. Auf dieser Basis erhalten Unternehmen fundierte und umsetzbare Handlungsempfehlungen, um ausgefallene Fertigungsteile nahtlos zu ersetzen. Die Anpassung der Produktionspläne erfolgt dabei KI-gestützt, wodurch die Kontinuität der Produktion sichergestellt wird. Zusätzlich unterstützen die Werkzeuge von RAASCEMAN Unternehmen dabei, digitale Zwillinge ihrer Produktion zu erstellen und eine fortschrittliche Infrastruktur für den Datenaustausch aufzubauen. Damit tragen sie wesentlich zur Flexibilität und Resilienz moderner Fertigungsprozesse bei.
RAASCEMAN arbeitet eng mit dem europäischen Verbundprojekt RICAIP (Research and Innovation Centre on Advanced Industrial Production) und der dort geschaffenen Forschungsinfrastruktur zusammen. In RICAIP und in weiteren nationalen Projekten wurden bereits Konzepte und konkrete Anwendungen für standortübergreifende industrielle Produktionssysteme entworfen, die RAASCEMAN jetzt um die Fähigkeit erweitert, auf unvorhersehbare Störungen zu reagieren. Dabei wird auch das in RICAIP geschaffene Netzwerk aus Testbeds, z.B. an den Partnerstandorten Prag und Saarbrücken genutzt, um Anwendungsfälle zu testen und Demonstrationsszenarien zu erproben.
„Die Fähigkeiten und Vorteile der RAASCEMAN-Technologie werden in unserem Netzwerk von Partner-Testbeds demonstriert. Dadurch wird der Nutzen der Technologie sowohl auf technischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene besser verständlich und der Transfer in reale industrielle Umgebungen erleichtert“, erklärt Dr. Achim Wagner, RAASCEMAN-Koordinator und stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Innovative Fabriksysteme am DFKI in Kaiserslautern. „Besonders vielversprechend ist die vertikale Integration von Softwaresystemen und Künstlicher Intelligenz - von der variablen Produktdefinition über die flexible Parametrierung und Steuerung von Maschinen bis hin zu resilienten Versorgungsnetzen und der Fabrikoptimierung.“
RAASCEMAN wird seine ehrgeizigen Lösungen in zwei industriellen Anwendungsbereichen testen: dem Automobilsektor und der Fahrradindustrie. Mithilfe von fünf Pilotanlagen – experimentellen Testumgebungen von DFKI, Flanders Make, CIIRC CTU und RPTU – die über ganz Europa verteilt sind, demonstriert das Projekt die praktische Umsetzung eines dezentralen MaaS-Netzwerks.
"Das RAASCEMAN-Projekt ist für Flanders Make von strategischer Bedeutung, da wir glauben, dass Manufacturing-as-a-Service mehr und mehr zur Norm werden wird", bestätigt Bart Meyers von Flanders Make. "Viele kleine und innovative Ingenieurbüros, die heute entstehen, sind in der Lage, hervorragende Produkte zu entwickeln, aber sie wollen die Herstellung ihrer Produkte (teilweise) auslagern. Das Ergebnis des Projekts ist ein wichtiger Schritt zur Verringerung des Risikos der Auslagerung der Fertigung, da es den Unternehmen die Möglichkeit gibt, schneller alternative Lieferquellen zu erschließen."
"RAASCEMAN ermöglicht es uns, das im Rahmen von RICAIP entwickelte Konzept der verteilten Produktion und Fertigung als Dienstleistung auf ein Netz zusätzlicher Fertigungsdienstleister auszudehnen", betont Pavel Burget, Leiter des RICAIP-Testbed am CIIRC CTU in Prag. "RAASCEMAN stützt sich nicht nur auf die Verbindung von Testbeds, sondern bezieht auch Industriepartner wie Continental und Aska Bikes ein, um das Konzept in einer realen Umgebung zu validieren."
„Um das Potenzial von "Manufacturing as a Service" voll auszuschöpfen, müssen die Hürden für neue Unternehmen, sich diesen dynamischen Netzwerken anzuschließen, unbedingt gesenkt werden. Im Rahmen des RAASCEMAN-Projekts wollen wir innovative Lösungen entwickeln, die vergangene Produkte analysieren und sie als Blaupause für die Erstellung vordefinierter Dienstleistungsbeschreibungen verwenden", erklärt Tatjana Legler, stellvertretende Leiterin des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen und Steuerungssysteme der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau RPTU. "Diese Beschreibungen dienen als konfigurierbare Vorlagen, die von den Unternehmen nur minimal angepasst werden müssen. Dieser gestraffte Ansatz vereinfacht das Onboarding und versetzt mehr Hersteller in die Lage, sich nahtlos zu integrieren und aktiv zu widerstandsfähigen und anpassungsfähigen Lieferketten beizutragen."
Die Lösungen von RAASCEMAN ermöglichen es Unternehmen, ihre Produktion flexibel zu planen und Produktionsprozesse und Ressourceneinsatz in Echtzeit zu optimieren - auch unter sich ändernden Logistik- und Produktionsbedingungen. Dies führt zu einer Senkung der Transaktionskosten, einer effizienten Auswahl geeigneter Lieferanten und einer zuverlässigen Sicherstellung des Zugangs zu kritischen Ressourcen. Gleichzeitig erlaubt die Technologie eine schnelle Reaktion auf veränderte Marktbedingungen oder Kundenanforderungen. Dadurch können Produktionsverzögerungen minimiert und Umsatzverluste vermieden werden.
"Unser Ziel für dieses Projekt ist es, neue innovative Ideen und Technologien in nachhaltige, produktionsreife Lösungen zu verwandeln, um die Widerstandsfähigkeit der europäischen Wertschöpfungsketten zu verbessern", sagt Kosmas Alexopoulos, LMS Patras.
"Das RAASCEMAN-Projekt steht im Einklang mit der Vision des CEA, die Widerstandsfähigkeit europäischer Fertigungsunternehmen durch den Einsatz von Manufacturing-as-a-Service (MaaS) und fortschrittlichen digitalen Technologien wie Asset Administration Shell (AAS), Digital Twins und Product Passports zu verbessern", sagt Kunal Suri, CEA Frankreich. "Wir bei CEA freuen uns darauf, in den nächsten drei Jahren mit unseren Konsortialpartnern zusammenzuarbeiten, um die RAASCEMAN-Lösungen zu entwickeln, die Europas Vision von nachhaltigen und widerstandsfähigen Wertschöpfungsketten unterstützen werden."
"Unsere Kernkompetenz als Lösungsentwickler und Systemintegrator liegt auch in der tiefgreifenden Analyse von Anwendungsfällen und Marktanforderungen sowie in der Unterstützung des IT-Architekturdesigns, das nicht nur auf die Anforderungen der Anwendungsfälle, sondern auch auf die Anforderungen zukünftiger Märkte zugeschnitten ist", skizziert Raimund Broechler, Netcompany Intrasoft. "Diese neuen, in RAASCEMAN entwickelten Lösungen versetzen unsere Industriepartner in die Lage, ihr Produktportfolio auf dem neuesten Stand der Technik zu halten und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dabei geht es nicht nur um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch um die Innovationskraft ihrer Fertigungsprozesse.“
Um die kritische Abhängigkeit von einem einzigen Lieferanten zu verringern, werden Unternehmen in der Lage sein, kleine Aufträge flexibel zu erfüllen oder wiederaufgearbeitete Komponenten zu verwenden. In Zusammenarbeit mit ASKA Bikes wird ein reales Szenario entwickelt und getestet, um die Nutzung neuer Technologien wie Datenräume und digitale Produktpässe unter realen Bedingungen für einen effektiven Informationsaustausch zu validieren.
"Die Motivation eines Global Players wie uns ist ganz klar: Das Management der Lieferkette und die Komplexität unserer Produktionsprozesse müssen in Zukunft vollautomatisch gesteuert werden, um Probleme mit unseren Kunden zu vermeiden", sagt Jakub Hamerník, Head of Smart Automation, Continental Automotive Czech Republic. "Darüber hinaus sehen wir dieses Projekt als eine große Chance für unser Team, unsere Kompetenzen in verschiedenen Bereichen der Industrie 4.0-Aktivitäten, wie Projektmanagement, Systemdesign, Risikobewertung und mehr, zu erweitern. Wir sind auf der Suche nach einer starken Partnerschaft im Konsortium, die wir mit unserem Engagement voll unterstützen wollen."
"Das RAASCEMAN-Projekt kann für kleine Unternehmen wie ASKA eine ausgezeichnete Gelegenheit sein, da Manufacturing as a Service Zugang zu fortschrittlichen Fertigungstechnologien und -prozessen bietet, ohne dass große Investitionen erforderlich sind", erklärt Sam Van Neck von ASKA Bikes. "Für uns in der Fahrradindustrie bedeutet dies, dass wir unseren Fertigungsbedarf an spezialisierte Anbieter in Europa auslagern können, so dass wir uns auf unsere Kernaktivitäten wie Produktentwicklung, Engineering und Vertrieb konzentrieren können."
RAASCEMAN zielt darauf ab, die Gestaltung und das Management von Lieferketten nachhaltig zu optimieren. Der Einsatz dieser Modelle kann auch positive Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit und die Förderung der Kreislaufwirtschaft im Produktionsökosystem haben. RAASCEMAN schafft damit die Grundlage für eine widerstandsfähigere, flexiblere und umweltfreundlichere Zukunft der Industrie.
Pressekontakt:
Heike Leonhard
Communications & Media DFKI Saarbrücken
E-Mail: heike.leonhard@dfki.de
Tel.: +49 681 85775 5390
RAASCEMAN Projekt-Kickoff am 26.9.2024 in Saarbrücken.
DFKI/Armindo Ribeiro
Criteria of this press release:
Journalists
Information technology
transregional, national
Research projects, Transfer of Science or Research
German
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