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02/11/2025 13:41

Mikrobiom als möglicher Schlüsselfaktor bei der Behandlung: Klinische Studie zu neuer Therapie bei Morbus Crohn

Anja Lapac Corporate Communications Center
Technische Universität München

    Wesentlicher Bestandteil einer Morbus Crohn-Therapie kann eine spezielle Trinknahrung sein. Betroffene ernähren sich sechs bis acht Wochen ausschließlich von diesem Produkt und verzichten vollständig auf feste Nahrung. Warum genau das hilft, war allerdings bislang unklar. Forschende der Technischen Universität München (TUM) und des LMU Klinikums konnten nun den Mechanismus dahinter entschlüsseln. Aufbauend auf diesen Ergebnissen starten sie jetzt eine klinische Studie zu einer neuartigen Therapie. Hierfür kombinieren sie die Ernährungstherapie mit einem Mikrobiom-Transfer, besser bekannt als Stuhltransfer.

    Vitamine, Mineralstoffe, Proteine, Kohlenhydrate und Fettsäuren: die spezielle Trinknahrung enthält alle lebenswichtigen Nährstoffe und wirkt ohne Medikamente bei den meisten Betroffenen mit Morbus Crohn innerhalb weniger Tage. Daher wird die exklusive Ernährungstherapie (EEN) seit mehreren Jahrzehnten vorrangig bei Kindern und Jugendlichen erfolgreich eingesetzt, denn sie wirkt nicht nur gegen die Entzündung, sondern beeinflusst zudem das Wachstum positiv. Aber auch bei Erwachsenen ist diese Therapie wirksam. Innerhalb eines Jahres nach Ende der Therapie kehren die Symptome jedoch bei den meisten zurück.

    Wie also könnte die Wirkung der Ernährungstherapie verlängert werden? Dirk Haller, Professor für Ernährung und Immunologie an der TUM und Direktor des Zentralinstituts für Ernährungs- und Lebensmittelforschung, und Tobias Schwerd, Leiter der Pädiatrischen Gastroenterologie und Hepatologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital, haben dafür einen Ansatzpunkt entwickelt. Die Forschenden konnten nachweisen, wie sich das Mikrobiom im Darm, also die komplexe Gemeinschaft aller Mikroben, durch die Ernährungstherapie verändert und für den Behandlungserfolg mitverantwortlich ist.

    Sie fanden heraus, dass die in der Trinknahrung enthaltenen mittelkettigen Fettsäuren positiv auf bestimmte Bakterien im Darm wirken, die sich vermehren und die Entzündung abklingen lassen. Und die Studie zeigt noch mehr: In einem künstlichen Darm-Modell wurde der Stuhl von Patientinnen und Patienten mit der Trinknahrung behandelt, woraufhin das Mikrobiom sich anpasste. Wurde dieses nun einer Maus hinzugefügt, entwickelte sich keine Entzündung. Wurde es hingegen nicht vorab durch die Trinknahrung angepasst, entwickelte die Maus entzündungstypische Symptome.

    Gemeinsame Studie mit der Dr. von Haunerschen Kinderklinik am LMU Klinikum

    Ob dieser Mechanismus auch im Menschen funktioniert – sich also im Anschluss an den „Mikrobiom-Neustart“ gezielt ein gesünderes Mikrobiom aufbauen lässt – erforscht das Team nun in einer klinischen Studie. Ziel ist es, den entzündungsfreien Zustand so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Hierfür setzen die Forschenden im Anschluss an die Ernährungstherapie auf einen fäkalen Mikrobiom-Transfer, umgangssprachlich bekannt als „Stuhltransfer“.

    Bei diesem Verfahren „spenden“ ausführlich getestete gesunde Menschen ihr Mikrobiom, das medizinisch aufbereitet und zu Kapseln verarbeitet wird. Dies geschieht an der Uniklinik Köln bei Maria J.G.T. Vehreschild, Professorin für Infektiologie, die ebenfalls an der klinischen Studie beteiligt ist. Die Patientinnen und Patienten nehmen die Kapseln im Anschluss an die Ernährungstherapie. Dirk Haller sagt: „Bei anderen Darmerkrankungen wird der Mikrobiom-Transfer bereits erfolgreich eingesetzt. Nun hoffen wir, dass sich dieser Transfer auch bei Morbus Crohn als neuer Therapieansatz beweisen kann.“

    Tobias Schwerd sagt: „Wir konzentrieren uns in der Studie vor allem auf drei Fragen: Wie sicher ist diese Therapie? Wie praktikabel ist sie? Und kann sie die Betroffenen stabilisieren und das Wiederauftreten der Entzündung vermeiden oder wenigstens verzögern? Wenn es uns gelingt, diese gesunde Darmbesiedelung langfristig in das Mikrobiom der Patientinnen und Patienten zu integrieren, haben wir einen großen Schritt in der Therapie geschafft.“

    Weitere Informationen:
    - Die Studie wurde im Sonderforschungsbereich „Microbiome Signatures“ (SFB 1371) durchgeführt.
    - Sowohl die jüngst veröffentlichte Studie als auch die EEN-RICH Studie werden vom Leona M. and Harry B. Helmsley Charitable Trust gefördert.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Dirk Haller
    Technische Universität München
    Lehrstuhl für Ernährung und Immunologie
    Tel.: +49 8161-71 2026
    dirk.haller@tum.de
    https://www.mls.ls.tum.de/nutrim/startseite/

    PD Dr. Tobias Schwerd
    Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital
    Abteilung für pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie
    LMU Klinikum München
    Tobias.Schwerd@med.uni-muenchen.de
    https://www.lmu-klinikum.de/hauner/kinder-und-kinderpoliklinik

    Kontakt für interessierte Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer:
    Tel.: +49 89 4400 53680
    EENRICH-Studie@med.uni-muenchen.de
    http://www.een-rich.de/


    Original publication:

    Häcker, D., Siebert, K., Smith, B. J. et al.: Exclusive enteral nutrition initiates individual protective microbiome changes to induce remission in pediatric Crohn’s disease,
    Cell Host & Microbe (2024) doi.org/10.1016/j.chom.2024.10.001


    More information:

    http://www.een-rich.de/ Die EEN-RICH Studie sucht aktuell noch weitere Probandinnen und Probanden im Alter zwischen 14 bis 45 Jahren. Im weiteren Verlauf können auch Kinder ab 8 Jahren teilnehmen. Weitere Information zur Teilnahme:


    Images

    Prof. Dr. Dirk Haller (l.) und PD Dr. Tobias Schwerd (r.)
    Prof. Dr. Dirk Haller (l.) und PD Dr. Tobias Schwerd (r.)
    Astrid Eckert
    Astrid Eckert / TUM

    Prof. Dr. Dirk Haller (l.) und PD Dr. Tobias Schwerd (r.)
    Prof. Dr. Dirk Haller (l.) und PD Dr. Tobias Schwerd (r.)
    Astrid Eckert
    Astrid Eckert / TUM


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results
    German


     

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