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07/17/2025 15:19

Was Menschen von Tieren gelernt haben: Millionenförderung für die Erforschung des Austauschs zwischen den Arten

Eva Schissler Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt ZOOGESTURES, das artenübergreifendes Lernen und technische Erfindungen in der frühen Menschheitsgeschichte untersucht / 1,3 Millionen Euro über vier Jahre

    Ein internationales Verbundforschungsprojekt der Universitäten Köln, Siegen und St Andrews war im Rahmen der hochkompetitiven Förderlinie „Pioniervorhaben – Explorationen des unbekannten Unbekannten“ der VolkwagenStiftung erfolgreich. Das Forschungsvorhaben „The Zoomorphology of Gestures: Interspecies Learning and Technical Invention in Early Human Evolution (ZOOGESTURES)“ erhält 1,3 Millionen Euro Gesamtförderung über vier Jahre von 2026 bis 2029. Davon verbleiben knapp 600.000 Euro an der Universität zu Köln. In Köln ist das Projekt am Forschungshub MESH (Multidisciplinary Environmental Studies in the Humanities) und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Philosophischen Fakultät angesiedelt und wird von dem Prähistorischen Archäologen und Paläoumweltwissenschaftler Dr. Shumon T. Hussain geleitet. An der St Andrews University ist Professorin Dr. Catherine Hobaiter für das Projekt verantwortlich und an der Universität Siegen Dr. Johannes Schick.

    „Der Erfolg in dieser Förderline der VolkswagenStiftung zeigt, dass Forschung an der Universität zu Köln auch ungewöhnliche Wege geht und alte Gewissheiten infrage stellt. Auf die neuen Perspektiven, die das internationale Projekt eröffnet, können wir gespannt sein“, sagt Professor Dr. Joybrato Mukherjee, Rektor der Universität zu Köln.

    In Rahmen von ZOOGESTURES bringen die Forschungsteams der drei Universitäten philosophische, anthropologische, archäologische und primatologische Expertise zusammen, um zu erforschen, wie Tiere und Menschen über Gesten kommunizieren und welche Rolle diese Form der Kommunikation für die menschliche Technikevolution gespielt hat. Das Projekt erschließt dabei den neuen Forschungsbereich der sogenannten „Interspecies Gestural Studies“ und entwickelt neue Perspektiven auf die Ursprünge menschlicher Schlüsseltechnologien sowie Erklärungsansätze für technische Innovationen in der frühen Menschheitsgeschichte. Im Zentrum steht die These, dass die Imitation und das Lernen von anderen Lebewesen in einer geteilten Umwelt bereits die kulturelle Entwicklung unserer eiszeitlichen Vorfahren geprägt haben.

    Die Wissenschaftler*innen wollen erforschen, ob Menschen und Tiere möglicherweise gemeinsam frühe technologische Nischen schufen und menschliche Technikentwicklung daher wesentlich von nichtmenschlichen Akteuren beeinflusst wurde. Menschen haben am Beispiel bestimmter Tiere womöglich technologische Handlungsoptionen erkannt und verschiedene Modi der Körper- und Objektnutzung übersetzt und für sich übernommen. Das Forschungsprojekt entwickelt erstmals ein theoretisches Gerüst, um diese Zusammenhänge in den Blick zu nehmen, indem es Konzepte aus Anthropologie, Technikphilosophie, Tierstudien, Ökologie und Verhaltenswissenschaft integriert sowie auf nicht-Westliches, indigenes Wissen zur Relevanz nichtmenschlichen Verhaltens aus Nordamerika, Australien und Afrika zurückgreift.

    Die Forschenden bewerten dabei archäologische Daten neu, um bisher noch kaum beachtete, über Gesten vermittelte Techniktransaktionen zu identifizieren und zu verstehen. Die Teams planen gemeinsame anthropologische und primatologische Feldforschung in West- und Ostafrika (Guinea und Uganda) zum Verhalten verschiedener Schimpansen- und Berggorillagruppen sowie deren Zusammenleben und Interkationen mit lokalen menschlichen Gemeinschaften. Es soll überprüft werden, ob sich in deren Wissenssystemen und überlieferter „Oral History“ Hinweise auf einen bisher übersehen Beitrag dieser Tiere zum gestischen und technischen Repertoire der Menschen finden lassen. Das Projekt untersucht darüber hinaus, welchen anderen Lebewesen die Primaten im Alltag und in diversen Kommunikationssituationen besondere Aufmerksamkeit schenken und welche Rolle die Beobachtung von artfremdem Verhalten spielt.

    „Bisher nahm die Wissenschaft an, dass Technizität und Technikevolution beim Menschen durch genuin menschliche Faktoren wie Kognition und Problemlösungskompetenz ausreichend erklärt werden können. ZOOGESTURES will zeigen, dass der Mensch nicht gegen, sondern in Kollaboration mit seiner natürlichen Umwelt zum Menschen geworden ist“, sagt Dr. Hussain. Die nicht-menschliche Umwelt liefere ein reichhaltiges Verhaltensangebot, das sowohl Vorbild als auch Inspiration dafür sein kann, neue Werkzeuge und Technologien zu entwickeln. Die Förderung durch die VolkswagenStiftung biete dem internationalen Team die einmalige Chance, unkonventionelle Wege in der Forschung zu gehen.

    Die Initiative „Pioniervorhaben – Explorationen des unbekannten Unbekannten“ der VolkswagenStiftung fördert radikal explorative Forschungsvorhaben, die wissenschaftliches Neuland betreten und eine hohe Relevanz im Bereich der wissenschaftlichen Grundlagenforschung haben. Die jeweils geförderten Initiativen besitzen erhebliches Potenzial für fundamentale wissenschaftliche Durchbrüche, weisen aber auch ein erhöhtes Risiko auf, zu scheitern.


    Contact for scientific information:

    Dr. Shumon T. Hussain
    Forschungshub MESH (Multidisciplinary Environmental Studies in the Humanities)
    Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln
    +49 221 470 1293 (MESH office)
    s.t.hussain@uni-koeln.de


    More information:

    https://mesh.uni-koeln.de/
    https://ufg.phil-fak.uni-koeln.de/
    https://www.volkswagenstiftung.de/de/foerderung/foerderangebot/pioniervorhaben-e...


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
    Cultural sciences, Environment / ecology, History / archaeology, Social studies, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Contests / awards, Research projects
    German


     

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