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Wissenschaft
Der Klimawandel war schneller: Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL haben in einer internationalen Studie die Verbreitungsgeschichte des Schwarzen Pfeffers über die letzten 21’000 Jahre rekonstruiert. Mit einem neuen Ansatz deckten sie unter anderem auf, dass die Pflanze nach der Eiszeit zu langsam wanderte, um alle geeigneten Gebiete zu besiedeln.
* WSL-Forschende haben gezeigt, dass sich die Resultate eines dynamischen Artverbreitungsmodells der WSL durch Einbezug genetischer Daten verbessern lassen.
* Sie rekonstruierten dafür die Verbreitungsgeschichte der Pfefferpflanze (Piper nigrum) seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit.
* Dabei stellten sie unter anderem fest, dass die Pflanze früher wahrscheinlich deutlich weiter verbreitet war als heute, obwohl sie nicht schnell genug alle geeigneten Gebiete besiedelte.
«Geh doch hin, wo der Pfeffer wächst!» Was das heisst, ist klar: Geh weit, weit weg. Aber wie weit genau? Heute könnte das bedeuten: nach Vietnam, Brasilien, Indonesien, Burkina Faso oder Indien. Die Wildform der Pfefferpflanze kommt allerdings nur in den Westghats vor – einem Gebirge im Südwesten Indiens. Und aus Indien kam im Mittelalter die wertvolle und wichtige Handelsware Pfeffer. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Erwähnungen des Ortes, wo der Pfeffer wächst.
Neuer Ansatz
Die Kletterpflanze, deren Früchte das Gewürz liefern und die wissenschaftlich Piper nigrum heisst, besiedelt in den Westghats immergrüne Wälder. Wie sich ihre Verbreitung seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit veränderte, hat der WSL-Biologe Michael Nobis nun gemeinsam mit Forschenden aus Indien und Japan mit einem neuen Ansatz untersucht.
Ein Teil des Teams analysierte das Erbgut wilder Pfefferpflanzen aus deren gesamten Verbreitungsgebiet auf Hinweise darauf, wie die Art gewandert sein dürfte und wo beispielsweise eine höhere genetische Vielfalt auf alte Siedlungsgebiete hinweist. Zunächst unabhängig von diesen populationsgenetischen Daten rekonstruierte Nobis die Verbreitungsgeschichte des Pfeffers mit ‘KISSMig’, einem dynamischen Verbreitungsmodell, das er entwickelt hat. Dieses simulierte die frühere Verbreitung des Pfeffers auf Basis der heutigen Vorkommen sowie des Klimawandels seit der letzten Eiszeit. Die Resultate variierten jedoch, je nachdem wie schnell die Art im Modell wandern konnte und welches Klima die Forschenden für sie als geeignet annahmen.
Dann koppelten die Forschenden beide Analysen: Sie integrierten die populationsgenetischen Daten in die Verbreitungsmodellierung. «Das ist nicht grundsätzlich neu», sagt Nobis. «Aber wir haben es zum ersten Mal mit KISSMig, einem sehr einfachen Modell probiert.» Weil dieses – eben aufgrund seiner Einfachheit – sehr schnell rechnet, konnten sie eine grössere Anzahl unterschiedlicher Simulationen durchführen und die am besten mit den genetischen Daten übereinstimmende Modellvariante auswählen. «Diese Optimierung hat die Unsicherheiten bei der angenommenen Wandergeschwindigkeit und der Klimaeignung stark reduziert.»
Von Süden nach Norden
Mit dem kombinierten Ansatz konnten die Forschenden zeigen, dass die Pfefferpflanze nacheiszeitlich wahrscheinlich deutlich weiter verbreitet war als heute: Sie besiedelte damals ein zusammenhängendes Gebiet im Süden der Westghats einschliesslich der Küstenregionen. Im Norden des Gebirges fehlte sie zunächst – dort passten die klimatischen Bedingungen zunächst noch nicht.
Vor etwa 15’000 Jahren änderte sich das Klima sprunghaft und das potentielle Siedlungsgebiet vergrösserte sich rasch in Richtung Norden. Die Pflanze folgte ihm. Allerdings schaffte sie es nicht, das gesamte Gebiet zu nutzen - ihre tatsächliche Verbreitung «hinkte» ihrem Potential hinterher. «Offenbar war die Klimaänderung damals schneller als die Wandergeschwindigkeit des Pfeffers», erklärt Nobis. In den letzten 5000 Jahren schliesslich spaltete sich die Population in mehrere kleinere auf, die heute noch die Westghats besiedeln.
Besser im Doppelpack
«Das Verbreitungsmodell, das die genetischen Resultate einbezog, lieferte deutlich besser abgesicherte Resultate als das ohne Genetik», sagt Nobis. Wenn man dagegen beide Methoden getrennt durchführe und lediglich die Endergebnisse vergleiche , passten diese oft nicht gut zusammen. Den Pfeffer wählte das Team, weil genetische Daten aus dem gesamten Verbreitungsgebiet vorlagen und eine vergleichsweise einfache Verbreitungsgeschichte zu erwarten war.
Nach dem erfolgreichen Test planen die Forschenden nun, weitere Arten auch in Europa und der Schweiz auf diese Weise zu untersuchen. Der verbesserte Ansatz kann wichtige Informationen liefern: Die frühere Wandergeschwindigkeit der Arten kann genutzt werden, um die Auswirkungen auch zukünftiger Klimaveränderungen besser vorherzusagen. Auch liefern derartige Rekonstruktionen alte Siedlungsgebiete, die sich durch hohe genetische Vielfalt auszeichnen. So identifizierten die Forschenden für den Pfeffer Gebiete, die als genetisches Reservoir für diese wichtige Gewürzpflanze dienen können.
Dr. Michael Nobis
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Dynamische Makroökologie
michael.nobis@wsl.ch
+41 44 739 2535
Sen S., Nobis M.P., Saggere R.M.S., Ramanujam S., Davis T., Karger D.N., … Tsuda Y. (2025) Direct integration of population genetics and dynamic species distribution modelling improves predictions of post-glacial history of Piper Nigrum. Divers. Distrib. 31(9), e70070 (16 pp.). https://doi.org/10.1111/ddi.70070
https://www.wsl.ch/de/news/wo-der-pfeffer-waechst/
Je nach Verarbeitung der Früchte liefert die Pflanze schwarzen, weisse, grünen oder roten Pfeffer.
Source: (Foto: Sandeep Sen )
Der Schwarze Pfeffer kommt wild nur im Südwesten Indiens vor.
Source: (Foto: Stephanie Kusma)
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Environment / ecology
transregional, national
Research projects, Research results
German

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