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01/20/1999 15:37

Stellungnahme zur Ankündigung von Stellenkürzungen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    1. Frau Ministerin Behler hat den Abbau von 2000 Wissenschaftler-Stellen angekündigt. 2000 Stellen entsprechen dem gesamten Bestand an Wissenschaftler-Stellen der Universität zu Köln, die mit diesem Bestand 63 000 Studenten versorgt. Der geplante Stellenabzug wird also in NRW zu Einschnitten in der Ausbildungs- und Forschungskapazität führen, die an die Schließung einer Universität von der Größe der Universität zu Köln heranreichen. Und das soll zu einer Zeit verwirklicht werden, in der mit einem weiteren Ansteigen der Studentenzahlen zu rechnen ist?

    2. Der Stellenabzug wird nicht nur die Ausbildungs- und Forschungskapazität in NRW drastisch verkürzen, sondern er wird auch nicht ohne nachhaltige Qualitätsminderungen in Forschung und Lehre zu bewerkstelligen sein. Die Kölner Fakultäten sind sich darüber einig, daß zu den schon bisher auferlegten Einsparmaßnahmen hinzutretende weitere größere Stellenkürzungen nur durch Einstellung ganzer Fachgebiete zu erwirtschaften sind. Ein Denkmodell für die Umsetzung von Einsparungen im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät sieht zB vor, daß dann dort der zweite finanzwissenschaftliche Lehrstuhl (früher Schmölders, heute Mackscheidt) gestrichen werden müßte, was zur Folge hätte, daß die Betriebswirte künftig nicht mehr in Finanz-wissenschaft ausgebildet werden können - ein höchst bedenkliches Resultat.

    3. Die Stellenkürzungen stehen in eklatantem Widerspruch zu den Ausführungen maßgeblicher Politiker vor und nach der Wahl, mit denen eine besondere Förderung und finanzielle Aufstockung des Hochschulbereichs angekündigt worden ist.

    4. Der Ministerin geht es nach einem Stadtanzeiger-Interview (14.1.1999 S. 10) darum, die Hochschulen "in die Lage zu versetzen, Stärken zu entwickeln und Schwächen abzubauen". Diese Zielsetzung läßt sich in Köln mit einem nachhaltigen Stellenabzug sicher nicht erreichen. Die Ministerin fordert die Universitäten zu verstärkten Kooperationsbemühnungen auf, die von den drei Universitäten Aachen, Bonn und Köln schon seit langem mit Nachdruck betrieben werden. Sie verlangt weiterhin "eine gleichmäßigere Verteilung sowohl des Angebots als auch der Studierenden", eine "gleichmäßige Auslastung mit Forschung und Lehre" im Land. Auf die Hochschulen des Landes bezogen bedeutet dies, daß Stellen von Köln, wo eine große Zahl von Studierenden auf ein hohes Angebot an Lehrleistungen trifft, in kleinere Universität mit geringer Studentenzahl umgeleitet werden sollen, daß Köln also erneut zur Finanzierung anderer Standorte beitragen muß, was wir keinesfalls zum wiederholten Male (gerade werden uns Stellen zugunsten der Fachhochschule Gelsenkirchen abgezogen!) akzeptieren können.

    5. Die Ministerin hebt in ihrem Interview hervor, daß wegen der Komplexität der Wisssenschaft künftig nicht mehr jede Universität - gemeint ist offenbar weitergehend, daß künftig keine Universität mehr in NRW - "die Ganzheitlichkeit der menschlichen Erkenntnis" wiederspiegeln kann. Diese These wird aus Kölner Sicht so nicht geteilt. Sicher hat es schon immer bei allen Universitäten (bedauerliche) Begrenzungen des Fächerspektrums gegeben. Auch hatten sich zB die Technischen Hochschulen und die Sporthochschule auf bestimmte Bereiche (die aber dann auch umfassend abgedeckt werden sollten) konzentriert. Ferner gab und gibt es Universitäten des Landes, die sich nach ihrem eigenen Selbstverständnis auf bestimmte Wissenschaftsfelder beschränken. Aber eine Linie der Politik, die solche Begrenzungen für alle Universitäten fordert, hat es bisher noch nicht gegeben. Unter dem Stichwort Profilbildung im Hochschulbereich wird nun von Seiten des Ministeriums der Anerkennung ausschließlich von Spezialhochschulen das Wort geredet und damit die in Köln stets hochgehaltene Idee der Universität als einer auf umfassende Erkenntnis ausgerichteten Bildungsinstitution mit den Vorteilen eines engen Kontakts unter den Vertretern der verschiedenen Wissensgebiete und der leichten Vernetzung unter den Wissenschaften selbst preisgegeben. Die Hochschulen sollen zu einer Gesamtuniversität des Landes mit Dependancen an den einzelnen bisherigen Universitätsstandorten zurückgebildet werden. Vielleicht werden wir demnächst auch ein Gesamtorchester des Landes haben mit Dependancen, bei denen im einen (Teil-) Orchester die Geigen, im anderen die Flöten aus Gründen der Profilbildung fehlen?

    6. Niemand bestreitet die Notwendigkeit für das Land, zu sparen. Aber muß dazu gerade der überaus zukunftsträchtige, für unsere Jugend zentral wichtige Ausbildungsbereich herhalten? Muß die Forschungslandschaft in einer Zeit beschnitten werden, in der für andere weit weniger innovationsträchtige, aber durchaus kostspielige Projekte der Landesregierung Geld ohne Zögern bereitgestellt wird? Wird wie bei den Universitäten so auch bei den Mitarbeiterstellen im Parlament gespart? Und ist der Stellenabbau mit dem erklärten Ziel der Landesregierung, Arbeitsplätze nicht abzubauen, sondern aufzustocken, vereinbar?

    7. Die Universität zu Köln ist in nahezu allen Bereichen weit überlastet. Sie erbringt Ausbildungsleistungen, die jedem Vergleich standhalten und - an der Betreuungsrelation von Hochschullehrern und Studierenden gemessen - für die Steuerzahler überaus preisgünstig sind. Einschnitte in den Stellenbestand der Kölner Universität wären daher unter allen Gesichtspunkten, nicht zuletzt auch unter rein wirtschaftlichen Aspekten, kontraproduktiv

    Köln, den 15. 1.1999 Prof. Dr. Jens Peter Meincke


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    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    transregional, national
    Research projects, Science policy
    German


     

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