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02/02/1999 10:38

Frauenrechte und Ratsmacht

Anneliese Odenthal Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Erste offizielle Rechtsversammlung der Stadt Köln von 1437

    Anders als in allen anderen Städten gab es keinen besonderen Schutz für ein der Ehefrau gehörendes Vermögen. Sie haftete mit für die Schulden ihres Mannes. Andererseits konnten Frauen aber gleichberechtigt am Geschäftsverkehr teilnehmen. Dies ist ein Ergebnis, zu dem Dr. Ulf Heppekausen in einer Arbeit am Seminar für Deutsches Recht der Universität zu Köln gelangt, in der er Inhalt und Bedeutung der 1437 geschriebenen Kölner "Statuten" untersucht.

    In den Rechtstraditionen der Stadt war es vorher nicht üblich gewesen, das geltende Recht verbindlich und endgültig schriftlich festzuhalten. Statt dessen war die Gültigkeit des Rechts in bestimmten Abständen durch Eide auf die gebräuchlichen Rechtsnormen bestätigt worden. Mit der Revolte, die zu dem berühmten "Verbundbrief" des Jahres 1396 geführt hatte, war die Macht des neu formierten Rates der Stadt Köln vergrößert worden. Auf dem Höhepunkt seiners Einflusses im Jahre 1437 läßt der Rat erstmals das geltende Recht genau aufschreiben, um seine Befugnisse klarzustellen. Die Statuten stellen die erste und einzige offizielle schriftliche Rechtssammlung des mittelalterlichen Köln dar.

    Die Bedeutung wirtschaftlicher Aspekte für den Rat, dessen Mitglieder aus den "Gaffeln" genannten Zusammenschlüssen der Kaufleute und der gewerblichen Zünfte stammten, zeigt sich in einem "Primat des Kommerzes": eines der wichtigsten Anliegen der Statuten war der Schutz des Handelsverkehrs. Neben der Geschäftsfähigkeit von Frauen waren auch die Gesetze zum Schutz fremder Kaufleute, die sogar Grundstücke in der Stadt erwerben durften, einzigartige Regelungen, die in der damaligen Zeit so in anderen Stadtrechten nicht zu finden sind.

    Der Rat strebte auch eine bessere Kontrolle des Wirtschaftslebens an. So war es üblich, zahlungsunfähige Schuldner nicht nur zu verhaften, sondern für den Unterhalt während der Haft auch noch Geld vom Schuldner zu verlangen. Da dies die Entschuldung nahezu unmöglich machte, blieb vielen Schuldnern nur die Flucht aus der Stadt. Oft wurde dann von außerhalb eine Einigung mit dem Gläubiger gesucht. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts hatte die Möglichkeit bestanden, "Arrestgeleit" zu erhalten. So konnte der Schuldner die Stadt betreten, ohne verhaftet zu werden, um mit seinem Gläubiger zu verhandeln. Gegen solche Vorrechte für Schuldner begann der Rat schon zu Anfang des neuen Jahrhunderts vorzugehen. In den Statuten versuchte er dann endgültig, Schuldnern jede Hoffnung auf Geleit zu nehmen. Zur gütlichen Einigung sollte der Schuldner den Rat darum bitten, bei dem Gläubiger Aufschub zu erwirken. Nach Pfändung eventuellen Restvermögens blieb der Schuldner dann auf freiem Fuß. Im mittelalterlichen Wirtschaftsleben waren, so Dr. Heppekausen, starke Hochs und Tiefs an der Tagesordnung. Man erwartete von dem Schuldner, daß sein Geschäft sich erholte.

    Der umfangreichste Abschnitt der Statuten beschäftigt sich mit der Stellung des erzbischöflichen "Hohen Gerichts", dem allein das Recht zustand, die Todesstrafe zu verhängen. Die Stadt versuchte, das "Hohe Gericht" an das Stadtrecht zu binden und ihm einige seiner Befugnisse abzusprechen. Besonders bestand die Stadt darauf, die Verhaftung und Hinrichtung von Rechtsbrechern selbst vorzunehmen, was eine schwere Einschränkung des "Hohen Gerichts" darstellt. Des weiteren bedurfte die Verhaftung von Kölner Bürgern der Genehmigung des Rats. Außerdem verboten es die Statuten, ein in Köln begangenes Vergehen außerhalb der Stadt, z.B. in der vom Erzbischof beherrschten "Bannmeile" vor der Stadt abzuurteilen und banden die Schöffen, in deren Händen die Rechtsprechung des "Hohen Gerichts" lag, an die Rechtspraxis der Stadt. Die Schöffen rekrutierten sich wiederum aus den Patriziergeschlechtern. Dies hatte einen weiteren wünschenswerten Effekt: durch die Einschränkung des erzbischöflichen Gerichts wurde gleichzeitig die Macht der Patrizier beschnitten.

    Die Statuten zeigten, daß die Stadt Köln "in der Lage war, alle wichtigen Herrschaftsbereiche in eigener Verantwortung zu regeln". Allerdings erkannte der Erzbischof die Machtverschiebungen nicht an. Das Ergebnis war zweischneidig. Zum einen zeigten die Statuten dem Umland, das vom Erzbischof beherrscht war, die Macht des Rates der Stadt Köln. Zum anderen blieben aber die inneren Querelen zwischen Stadt und Erzbischof unvermindert bestehen. Die große Bedeutung der Statuten für das Kölner Recht wird auch daran deutlich, daß sie bis zum Ende der Stadt Köln als Freier Reichsstadt im Jahre 1794 in Geltung blieben.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen steht Ihnen Dr. Ulf Heppekausen unter der Telefonnummer 0221/470-3813 und der Email a2172542@smail.rrz.uni-koeln.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).
    Für die Übersendung eines Belegexemplars wären wir Ihnen dankbar.


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    Criteria of this press release:
    History / archaeology, Information technology, Law, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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