Ulrike Gaul, Professorin für Molekularbiologie an der Rockefeller University New York, und Georgi Dvali, Professor für Theoretische Physik an der New York University und am CERN in Genf, wurden für die erstmals vergebene Alexander von Humboldt-Professur ausgewählt. Die beiden Wissenschaftler wurden von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München für die Auszeichnung nominiert, beide Anträge konnten sich im von der Humboldt-Stiftung eingesetzten Auswahlausschuss durchsetzen.
Die mit bis zu fünf Millionen Euro dotierte Auszeichnung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. "Wir freuen uns sehr, dass wir mit Ulrike Gaul und Georgi Dvali zwei weltweit umworbene Wissenschaftler an die LMU holen und ihnen hier attraktive Forschungsbedingungen bieten können", sagt LMU-Präsident Professor Bernd Huber. "Wir können damit unsere Position in den beiden innovativen Forschungsgebieten Systembiologie und Kosmologische Teilchenforschung auf international konkurrenzfähiges Niveau ausbauen."
Professor Ulrike Gaul
Ulrike Gaul ist eine international führende Entwicklungsbiologin, deren Arbeiten an der Fruchtfliege Drosophila maßgeblich zum Verständnis der Genregulation in Entwicklungsprozessen und zur Rolle von Gliazellen im Nervensystem beigetragen haben. Ihr Labor hat zahlreiche neue Gene entdeckt, die die Etablierung der Blut-Hirn-Schranke und die wirksame Beseitigung absterbender Neurone durch Glia steuern. In den letzten Jahren hat Gaul sich zunehmend der Frage zugewandt, wie die komplexen genetischen Netzwerke, die der embryonalen Musterbildung zugrunde liegen, entschlüsselt und quantitativ beschrieben werden können. Ihre Arbeiten zur Regulation der Gentranskription und -translation in der frühen Entwicklung, oft in Zusammenarbeit mit Physikern und Bioinformatikern, sind richtungsweisend für die Verknüpfung von organismischer Biologie und systembiologisch-quantitativer Analyse. Gaul wird das mit der Humboldt-Professur verbundene Preisgeld dazu nutzen, am Genzentrum der LMU einen neuen Forschungsschwerpunkt in Molekularer Systembiologie aufzubauen, der die vorhandenen Stärken des Genzentrums in eine vielversprechende neue Richtung erweitert. Die frisch gekürte Preisträgerin ist hocherfreut über die Auszeichnung: "In Verbindung mit dem sehr attraktiven Angebot der LMU wird mir die Humboldt-Professur Arbeitsbedingungen ermöglichen, wie sie auch in den USA nur selten anzutreffen sind." Aber es ist nicht nur die finanzielle Ausstattung, die sie zum Wechsel nach Deutschland bewegt: "Die LMU und der Standort München bieten ein hervorragendes Umfeld für meine Arbeit", so Gaul. "Sehr gefallen haben mir auch der zupackende und kollegiale Geist, der mir in München überall begegnet ist, der weltoffene, lebensfrohe Charakter der Stadt und die allgemeine Aufbruchsstimmung, die man in der deutschen Wissenschaft spürt."
Zum Forschungsgebiet Systembiologie
Die Systembiologie knüpft an die Genom- und Proteomforschung an und wird künftig eine zentrale Rolle in den Biowissenschaften spielen. Ziel dieser interdisziplinären Forschungsrichtung ist es, nicht nur einen Katalog aller an bestimmten zellulären Prozessen beteiligten Moleküle zu erstellen, sondern vor allem die Wechselwirkungen der Moleküle in komplexen Netzwerken zu verstehen und quantitativ zu erfassen. So sollen Modelle erarbeitet werden, mit denen Vorhersagen für das Verhalten lebender Zellen getroffen werden können. In engem Zusammenspiel von biochemischen, genomischen und mathematischen Methoden wollen die Forscher am Genzentrum insbesondere die Prinzipien der Genregulation in höheren Zellen und Organismen aufklären, was wichtige Impulse für die Krebs- und Demenzforschung sowie die Entwicklung von Stammzell-therapien geben wird. Der Leiter des Genzentrums und Dekan der Fakultät für Chemie und Pharmazie, Professor Patrick Cramer, freut sich ganz besonders, dass die LMU mit Ulrike Gaul eine internationale Spitzenforscherin ans Münchner Genzentrum und in das Exzellenzcluster für Proteinwissenschaften CIPSM holen konnte: "Die Berufung von Ulrike Gaul ist unsere fünfte Berufung aus den USA seit 2001." Die Verleihung der Humboldt-Professur sei eine besondere Auszeichnung für Kollegin Gaul, aber eben auch für ihr zukünftiges wissenschaftliches Umfeld: "Es lohnt sich eben sehr", so Cramer, "nur die Allerbesten zu rekrutieren. Ich bin allen, die mitgeholfen haben, diese Berufung zu realisieren, sehr dankbar. Die Berufung von Ulrike Gaul ist ein zentraler Aspekt unserer Strategie, das Zukunftsfeld der Systembiologie aufzubauen und so die internationale Sichtbarkeit und wissenschaftliche Leistungsfähigkeit des Genzentrums und des Exzellenzclusters noch weiter zu erhöhen. Das Genzentrum kann einmal mehr seine Vorreiterrolle bei der Etablierung innovativer biologischer Forschung unterstreichen."
Professor Georgi Dvali
Professor Georgi Dvali hat kürzlich den Ruf auf einen Lehrstuhl für Theoretische Elementarteilchenphysik am Arnold-Sommerfeld-Zentrum für Theoretische Physik an der LMU erhalten. "Die Alexander von Humboldt-Professur ermöglicht es Dvali, seine Forschungsarbeiten an der LMU mit großer Intensität und Sichtbarkeit weiter voranzutreiben", betont der Leiter des Arnold-Sommerfeld-Zentrums, Professor Dieter Lüst. "Mit seinen Arbeiten schließt Georgi Dvali eine bestehende Forschungslücke, die an der LMU auf dem interdisziplinären Gebiet der Astroteilchenphysik besteht." Dvali ist weltweit der bekannteste Physiker auf diesem Gebiet. "Seine Berufung nach München gibt diesem zukunftsträchtigen Forschungsgebiet in der Physik in ganz Deutschland und auch darüber hinaus wichtige neue Impulse. Die Arbeiten von Dvali sind gleichermaßen stimulierend für mathematische und theoretische Physiker auf dem Gebiet der Stringtheorie, Elementarteilchen-Physiker in Theorie und Experiment, besonders am Large Hardron Collider (LHC) in Genf, sowie für viele Kosmologen und Astrophysiker", betont Lüst. Aus diesem Grund werden auch die Synergien zwischen mathematischer Physik und Phänomenologie, Theorie und Experiment und zwischen Elementarteilchenphysik und Astrophysik durch Georgi Dvali erheblich gestärkt. Ferner ist auch eine enge Anbindung an das Max-Planck-Institut für Physik geplant sowie eine intensive Mitarbeit im neuen Exzellenzcluster für fundamentale Physik "Origin and Structure of the Universe" der Technischen Universität München, der LMU und verschiedener Max-Planck-Institute in München und Garching. Dvali unterstützt die LMU auf ihrem Weg zu einer der führenden Forschungseinrichtung - vergleichbar mit Harvard und Stanford - auf diesem Gebiet. "Die Physikkollegen in München hoffen sehr, dass die Alexander von Humboldt-Forschungsprofessur Georgi Dvali den letzten Anstoß dazu liefert, dem Ruf an die LMU zu folgen."
Zur Forschung von Professor Georgi Dvali
Die Antragstellung und Nominierung für Professor Georgi Dvali erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Physik in München. Georgi Dvali gilt als ein äußerst kreativer und erfindungsreicher theoretischer Physiker. Durch seine preisgekrönten Arbeiten konnte Dvali neue, zukunftsweisende Forschungsrichtungen auf dem Grenzgebiet zwischen Elementarteilchenphysik und der Kosmologie des frühen Universums kurz nach dem Urknall erschließen. Insbesondere hat er zusammen mit zwei anderen Kollegen im Jahre 1988 als erster erkannt, dass ein Universum mit mehr als drei räumlichen Dimensionen einige bis dato rätselhafte Probleme in der Elementarteilchenphysik lösen kann. Dieser Vorschlag hat ein enormes Interesse an sogenannten höherdimensionalen Theorien ausgelöst, in denen unser Universum eine dreidimensionale Membrane darstellt, die in ein höherdimensionales Gebilde eingebettet ist. Dass diese Idee einer höherdimensionalen Welt nicht nur eine esoterische Erfindung einiger theoretischer Physiker darstellt, wurde auch von Dvali und seinen Kollegen gezeigt. Denn die Theorien mit mehr als drei Dimensionen könnten unter Umständen schon in wenigen Jahren am LHC, der im September in Genf in Betrieb ging, nachgewiesen werden. Ein ganz charakteristisches Kennzeichen von höherdimensionalen Membrantheorien ist nämlich die Erzeugung von kleinen Schwarzen Löchern am LHC, die aber letztlich doch sehr schnell wieder zerfallen, und deswegen keinerlei Bedrohung für die Erde oder die Menschheit darstellen. Ferner lässt sich in einer Welt mit mehr als drei Dimensionen die rasche Ausdehnung des Universums kurz nach dem Urknall - das inflationäre Universum - sehr gut durch die Energie von Membranen, sogenannten D-branen, erklären. Diese und viele andere wichtige Arbeiten und Ideen haben den Ruf von Professor Dvali nachhaltig begründet.
Vita Professor Ulrike Gaul
Professor Ulrike Gaul hat in Tübingen Biochemie und Physik studiert und 1988 am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie bei Professor Herbert Jäckle promoviert. Nach Forschungsaufenthalten an der University of Washington und der University of California in Berkeley ist sie seit 1993 Professorin an der Rockefeller University in New York, eine der führenden biomedizinischen Forschungsstätten der Welt. Gaul plant, mit ihrer Gruppe im Frühjahr 2009 ans Genzentrum der LMU umzuziehen.
Vita Professor Georgi Dvali
Professor Georgi Dvali wurde 1964 in Tiflis in Georgien geboren und verbrachte dort auch seine Jugend-, Studien und Promotionszeit. Danach führte ihn seine wissenschaftliche Laufbahn als Postdoc, später auch als Assistant und Associate Professor an sehr namhafte Universitäten und Forschungseinrichtungen wie das International Center for Theoretical Physics (ICTP) in Triest, das Europäische Kernforschungszentrum CERN in Genf, die Universität Pisa und die New York University. Dort hat er seit dem Jahre 2003 einen Lehrstuhl am Department für Physik sowie seit 2006 einen Stiftungslehrstuhl (Sliver Professor of Physics) inne. Gleichzeitig arbeitet Dvali seit 2007 als Staff Member am CERN in Genf.
Die Preisverleihung wird im Mai 2009 in Berlin stattfinden.
Mehr zur Informationen zur Alexander von Humboldt-Professur:
www.humboldt-foundation.de
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Patrick Cramer
Managing Director Genzentrum München
Dekan der Fakultät für Chemie und Pharmazie
Department für Chemie und Biochemie
Tel.: 089 / 2180 - 76951
E-Mail: cramer@lmb.uni-muenchen.de
Web: www.lmb.uni-muenchen.de/mainframes/research.htm
Prof. Dr. Dieter Lüst
Lehrstuhl für Theoretische und Mathematische Physik
Department Physik
Tel.: 089 / 2180 - 4372
E-Mail: dieter.luest@lmu.de
Web: www.theorie.physik.uni-muenchen.de/~luest/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Medizin, Physik / Astronomie
überregional
Personalia, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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