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20.03.2014 08:04

Operation nach Schlaganfall verbessert Überlebenschancen, auch bei älteren Patienten

Dr. Annette Tuffs Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Heidelberg

    Bei Patienten über 60 rettet die Entfernung eines Teils der Schädeldecke Leben, bewahrt aber nicht vor schwerer Behinderung / Klinische Studie unter Federführung der Neurologischen und Neurochirurgischen Universitätskliniken Heidelberg im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht

    Patienten, die älter als 60 Jahre sind und einen großen Schlaganfall durch Verschluss der mittleren Hirnarterie erlitten haben, profitieren von einer Entfernung der Schädeldecke über dem betroffenen Hirngewebe, wodurch in den ersten 48 Stunden nach dem Schlaganfall das Gehirn von erhöhtem Druck entlastet wird. Die Überlebenschancen dieser Patienten verdoppeln sich, wenn sie operiert werden. Allerdings überleben die operierten Patienten oft mit stärkeren Behinderungen, während Patienten ohne Operation in der Regel früh versterben. Diese Erkenntnisse sind in einer Studie von dreizehn deutschen Schlaganfallzentren unter Federführung der Neurologischen und der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg gewonnen worden und sind in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine" veröffentlicht.

    „Erstmals ist damit auch bei einer älteren Patientengruppe wissenschaftlich belegt, dass die Entfernung der Schädeldecke, die so genannte Hemikraniektomie, Leben retten kann", erklärt Professor Dr. Werner Hacke, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg. Für Patienten unter 60 Jahren, so eine Heidelberger Studie vor fünf Jahren, fällt das Ergebnis des Eingriffs günstiger aus (s. Literatur „Lancet Neurology“, 2007). „Bei den jüngeren Patienten wurden die Überlebenschancen durch die Operation verdreifacht. Außerdem blieben selten schwere Behinderungen“, sagt Professor Dr. Andreas Unterberg, Ärztlicher Direktor der Neurochirurgischen Universitätsklinik Heidelberg. „Der geringere Behandlungseffekt in der aktuellen Studie überrascht uns nicht, denn wir wissen: Je älter ein Schlaganfall-Patient ist, desto schlechter ist seine Prognose.“

    Ältere Patienten: Generell schlechtere Prognose nach schwerem Schlaganfall

    Die Prognose bei Patienten mit Verschluss der mittleren Hirnarterie ist sehrschlecht: Bei nahezu 80 Prozent der Patienten führt sie – selbst bei maximaler konservativer intensivmedizinischer Behandlung – ohne Operation in wenigen Tagen zum Tode. Das abgestorbene Hirngewebe und seine Umgebung schwellen durch die Einlagerung von Wasser (Hirnödem) an und der Schädelinnendruck steigt massiv; dadurch wird lebenswichtiges Gehirngewebe zerstört. Die Entlastungsoperation verschafft dem geschwollenen Hirngewebe in der kritischen Phase Raum. Das freigelegte Gehirn wird mit schützender Hirnhaut bedeckt; nach Rückgang der Hirnschwellung wird die Schädeldecke wieder eingesetzt. Die Operation hat geringe Risiken, kann rasch durchgeführt werden und ist komplikationsarm. Seit dem Nachweis ihrer Wirksamkeit bei jüngeren Patienten (unter 60 Jahren) gehört sie zur Standardtherapie in vielen Schlaganfallzentren. Die Sterblichkeit konnte bei jüngeren Patienten durch die Operation von über 70 Prozent auf etwa 20 Prozent reduziert werden.

    Sorgsame Indikationsstellung und weitere Studien erforderlich

    Die Ergebnisse der aktuellen Studie haben große Bedeutung für die Therapie älterer Schlaganfallpatienten. Die Analyse schließt 112 Patienten zwischen 61 und 82 Jahren nach schwerem Schlaganfall ein, die entweder nur intensivmedizinisch behandelt wurden oder sich einer Hemikranektomie innerhalb von 48 Stunden nach dem Infarkt unterzogen. Die Studie wurde bereits nach dem Einschluss von 83 Patienten aufgrund der hohen Überlegenheit der operativen Behandlung gestoppt. Die Sterblichkeit wurde durch die Hemikraniektomie von 70 auf 33 Prozent vermindert. Allerdings ist der Anteil von sehr schwerbehinderten Patienten in der operierten Gruppe bei fast 30 Prozent.

    „Ein Überleben mit schwerer Behinderung wird besonders in höherem Lebensalter von vielen Patienten nicht akzeptiert“, berichtet Professor Unterberg. „Daher muss gerade bei älteren Patienten mit den Betroffenen und ihren Angehörigen im Einzelfall gut abgewogen werden, ob diese Behandlung gewünscht wird“, so Professor Hacke. Neurochirurgen und Neurologen sollten daher gemeinsam mit Patienten und ihren Angehörigen eine solche Therapie besprechen. Vielleicht gelingt es in weiteren Studien, herauszufinden, welche älteren Patienten besonders von der Hemikraniektomie profitieren.

    Literatur:
    Hemicraniectomy in Older Patients with Extensive Middle-Cerebral-Artery Stroke; Jüttler, E., Unterberg, A., Woitzik, J. , Bösel, J., Amiri, H., Sakowitz, O., Gondan, M., Schiller, P., Lamprecht, R. ,Luntz, S., Schneider, H., Pinzer, Th., Hobohm, C., Meixensberger, J., and Hacke W., for the DESTINY II Investigators , N Engl J Med. 2014 March 20;370(12):1-9. DOI: 10.1056/NEJMoa1311367

    Vahedi K, Hofmeijer J, Juettler E, Vicaut E, George B, Algra A, Amelink GJ, Schmiedeck P, Schwab S, Rothwell PM, Bousser MG, van der Worp HB, Hacke W; DECIMAL, DESTINY, and HAMLET investigators: Early decompressive surgery in malignant infarction of the middle cerebral artery: a pooled analysis of three randomised controlled trials. Lancet Neurol. 2007 Mar;6(3):215-22. doi:10.1016/S1474-4422(07)70036-4

    Internet:
    Neurologische Universitätsklinik Heidelberg: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Neurologische-Klinik.106839.0.html
    Neurochirurgische Universitätsklinik Heidelberg: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Neurochirurgische-Klinik.120354.0.html

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr.med. Dr.h.c. Dipl. Psych. Werner Hacke
    Geschäftsführender Direktor
    Neurologische Universitätsklinik Heidelberg
    Tel: +49 (0) 6221 56-8210

    Prof. Dr. Andreas Unterberg
    Geschäftsführender Direktor
    Neurochirurgische Universitätsklinik Heidelberg
    Tel: +49 (0) 6221 56-6301

    Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
    Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

    Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 2.200 Betten werden jährlich rund 118.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und rund 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.

    http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

    Bei Rückfragen von Journalisten:
    Dr. Annette Tuffs
    Leiterin Unternehmenskommunikation / Pressestelle
    des Universitätsklinikums Heidelberg und der
    Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
    Im Neuenheimer Feld 672
    69120 Heidelberg
    Tel.: 06221 56-4536
    Fax: 06221 56-4544
    E-Mail: annette.tuffs@med.uni-heidelberg.de

    Julia Bird
    Referentin Unternehmenskommunikation / Pressestelle
    des Universitätsklinikums Heidelberg und der
    Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
    Im Neuenheimer Feld 672
    69120 Heidelberg
    Tel.: 06221 56-7071
    Fax: 06221 56-4544
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    Professor Dr. Werner Hacke, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg.
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
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    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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