idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.05.2025 10:37

Studie weist Wirksamkeit und Verträglichkeit von kombiniertem Wirkstoff gegen fortgeschrittenen Prostatakrebs nach

Thorsten Mohr Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Prostatakrebs ist, wenn er früh entdeckt wird, grundsätzlich gut zu behandeln, die Überlebenschancen sind hoch. Wird er jedoch zu spät erkannt, kann er metastasieren und andere Körperteile angreifen. Dann sinken die Überlebenschancen dramatisch. Für Patienten mit solch einem metastasierenden Prostatakarzinom hat ein Team der Universität und des Universitätsklinikums des Saarlandes nun eine Wirkstoffkombination getestet, die das Leben der Patienten zumindest etwas verlängert und die Lebensqualität zugleich erhält. Die Studie wurde im führenden Fachmagazin Clinical Nuclear Medicine veröffentlicht.

    Wenn man morgens aufsteht mit ordentlichen Kopfschmerzen, hat man Gewissheit, dass sie bald passé sind, wenn man eine kleine Schmerztablette einnimmt, die man für ein paar Euro in der Apotheke kaufen kann. Diese Gewissheit dürfte unisono für alle Menschen gelten, es sei denn, sie leiden an einer Unverträglichkeit.

    Leider ist das bei Krebserkrankungen jedoch eine ganz andere Sache. „Jeder Patient sollte ganz individuell behandelt werden“, sagt Samer Ezziddin, der als Professor für Nuklearmedizin an der Universität und Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes jahrzehntelange Erfahrung in der Strahlentherapie verschiedener Krebsarten hat. Ist die Tumormasse bei dem einen Patienten sehr groß und der Patient gleichzeitig körperlich von schlechter Konstitution, muss der Arzt die Dosis der Krebsmedikamente vorsichtiger kalkulieren als bei einem Menschen, der eine gute Physis mitbringt und nur wenig Tumormasse aufweist. Sein Körper verkraftet einfach mehr von der toxischen Arznei, die den Krebs bekämpfen soll.

    Ezziddin und sein Team haben nun eine Studie abgeschlossen, die sie vor 8 Jahren begonnen haben. In einer 2019 veröffentlichten Pilotstudie (https://link.springer.com/article/10.1007/s00259-019-04612-0) konnten der Nuklearmediziner und seine Kollegen bereits zeigen, dass ihr Ansatz, zwei radioaktiv strahlende Wirkstoffe, Lutetium und Actinium, miteinander zu kombinieren, sehr wirksam gegen den metastasierenden Prostatakrebs ist und zugleich die Lebensqualität der Patienten erhält, sprich: die Therapie nur geringe Nebenwirkungen aufweist und den Patienten sehr viel weniger in Mitleidenschaft zieht als herkömmliche Strahlentherapien.

    Dieses Ergebnis konnte Ezziddins Team nun nach Abschluss der größeren Studie untermauern. „Waren es in der Pilotstudie noch 20 Patienten, die unseren kombinierten Wirkstoff aus Lutetium-177 und Actinium-225 erhalten haben, konnten wir diese Tandemstrahler-Therapie nun bei 51 Patienten innerhalb der international führenden Therapieregister-Studie unserer Klinik auswerten. Dabei hatten alle diese Patienten nicht mehr ausreichend auf die Standard-Lutetium-177-Radioligandentherapie angesprochen“, sagt der Mediziner. Mit dieser Kombinationsmethode vereinen die Studienautoren gewissermaßen das Beste aus zwei Welten: Lutetium-177 hat einen Wirkradius von wenigen Millimetern, in dem es das umliegende Gewebe zerstört. Es wirkt sehr zielgenau, da es an Bindungsstellen andockt, die nahezu ausschließlich auf der Oberfläche der Prostatatumore vorhanden sind, andere – gesunde – Körperzellen werden also nicht zerstört. Dieser winzige Wirkungsradius von Lutetium-177 kann allerdings schon zu groß sein für winzigste Tumore, wie sie entstehen, wenn sich Metastasen in anderen Regionen des Körpers bilden.

    Aus diesem Grund haben sich die Forscher um Professor Ezziddin dazu entschieden, als weiteren Strahler Actinium-225 zu verwenden. „Dieser Strahler zeigt sehr gute Ergebnisse, seine Reichweite liegt weit im Sub-Millimeter-Bereich“, erläutert er den Vorteil dieses radioaktiven Stoffes. Das bedeutet, dass auch winzigste Tumore, im Prinzip sogar einzelne Tumorzellen, mit dem Präparat von innen bestrahlt werden können, nachdem sie in die Krebszelle gelangt sind. „Umliegendes Gewebe wird dadurch nicht zerstört, da die Reichweite des Actiniums gerade einmal drei, vier Zelldurchmesser beträgt“, so der Nuklearmediziner. Bisherige dieser so genannten Radionuklid-Therapien, die auf Actinium-225 basieren, haben allerdings einen entscheidenden Nachteil: Die Speicheldrüsen der Patienten nehmen es auf, eine extreme Mundtrockenheit kann die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen.

    Was sich in der Pilotstudie 2019 bereits gezeigt hat, bestätigt sich nun in der größeren, abschließenden retrospektiven Studie: Die saarländischen Forscher konnten zeigen, dass diese Nebenwirkungen nicht mehr auftreten, wenn man Lutetium und Actinium miteinander auf bestimmte Weise kombiniert. „Lutetium ist für die meisten Tumorgrößen sehr gut verträglich“, erklärt Professor Ezziddin den Grund dafür. „Daher konnten wir die Dosierung von Actinium in unserem Ansatz deutlich reduzieren, so dass die Therapie sehr nebenwirkungsarm ablaufen kann.“

    In der Studie konnten die Daten von insgesamt 51 Männern mit metastasierendem Prostatakarzinom ausgewertet werden, bei denen eine Therapie mit dem Standardstrahler Lutetium-177 bereits keine Wirkung mehr gezeigt hat. „Im Median hatten die Patienten eine Lebenserwartung von weiteren 13 Monaten, davon zehn Monate progressionsfrei, also ohne weiteres Tumorwachstum, was in diesem Stadium sehr gut ist“, so Samer Ezziddin. „Nach Beginn der Behandlung hat die Tumormasse insgesamt im Mittel um rund 50 Prozent abgenommen“, fasst der Mediziner die Ergebnisse zusammen. Nach einer gewissen Zeit, eben nach den im Mittel zehn Monaten, wuchs der Tumor dann zwar wieder weiter. „Aber wir können mit diesem Tandemstrahler den Patienten etwas mehr Lebenszeit verschaffen und dabei gleichzeitig ihre Lebensqualität erhalten, so dass sie kaum unter den schwerwiegenden Nebenwirkungen leiden, die oft mit herkömmlichen Systemtherapien einhergehen“, erklärt Samer Ezziddin die zentrale Erkenntnis aus dieser Studie.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Samer Ezziddin
    Tel.: (06841) 16-22201
    E-Mail: samer.ezziddin@uks.eu


    Originalpublikation:

    Rosar, Florian MD, PhD∗; Khreish, Fadi MD, PhD∗,†; Nagel, Lea Sophie∗; Blickle, Arne MSc∗; Burgard, Caroline MD∗; Petto, Sven MSc∗; Bastian, Moritz B. MD∗; Speicher, Tilman MD∗; Bartholomä, Mark PhD∗; Maus, Stephan∗; Schaefer-Schuler, Andrea PhD∗; Ezziddin, Samer MSc, MD, PhD∗. 225Ac-PSMA-617 Augmentation After Insufficient Response Under 177Lu-PSMA-617 Radioligand Therapy in mCRPC: Evaluation of Outcome and Safety From a Prospective Registry (REALITY Study). Clinical Nuclear Medicine 50(4):p e202-e206, April 2025. | DOI: 10.1097/RLU.0000000000005640

    https://journals.lww.com/nuclearmed/fulltext/2025/04000/225ac_psma_617_augmentat...


    Bilder

    Prof. Dr. Samer Ezziddin
    Prof. Dr. Samer Ezziddin
    Thorsten Mohr
    Universität des Saarlandes/Thorsten Mohr


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Samer Ezziddin


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).