In der ersten Phase des Kioto-Protokolls ab 2008 ist es für Russland attraktiv, eigene Emissionsrechte über den Europäischen Emissionshandel zu verkaufen, ohne dass dadurch die russischen Emissionen gesenkt werden müssten. Da Russlands Kioto-Emissionsrechte deutlich günstiger sein werden als das für 2008 im EU-Emissionshandel erwartete Preisniveau von etwa 15 Euro pro Tonne Kohlendioxid, profitieren hiervon auch die europäischen Unternehmen. Die Umweltwirkungen eines solchen Verkaufs sind jedoch negativ, da nur "heiße Luft" verkauft wird, also Emissionsrechte, die Russland im Kioto-Protokoll über die von ihm tatsächlich benötigten Emissionen hinaus zugeteilt wurden. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, in der untersucht wird, welche Rolle Russland im europäischen Emissionshandel spielen könnte.
Der Anreiz für Russland, Emissionsrechte in Europa zu verkaufen, ist im Wesentlichen auf zwei Ursachen zurückzuführen: zum einen die reichliche Ausstattung Russlands mit "heißer Luft" im Rahmen des 1997 ausgehandelten Kioto-Protokolls, zum anderen die regionale Beschränkung des EU-Emissionshandels. Durch die Insellösung des EU-Emissionshandels erhalten Kohlendioxidemissionen in Europa einen Preis, der zwar die Knappheit der europäischen Emissionsrechte, nicht aber unbedingt die globale Knappheit widerspiegelt. So ist in Regionen, die im Protokoll mehr Emissionsrechte zugewiesen bekommen haben, als sie emittieren, der Preis für Emissionsrechte verschwindend gering. Dies gilt insbesondere für Russland. Daraus entsteht der Anreiz, billige Emissionsrechte nach Europa zu exportieren, da dort gut für sie bezahlt wird.
Die europäische Klimapolitik muss sich also entscheiden. Entweder will sie die europäischen Unternehmen und Verbraucher von den Kosten des Klimaschutzes entlasten; dann sollte sie Russland den Zugang zum EU-Emissionshandel ermöglichen und muss akzeptieren, dass in der EU weniger Vermeidung stattfindet und dafür auch sonst nirgendwo zusätzliche Emissionen vermieden werden. Oder sie will tatsächlich Emissionen reduzieren; dann muss sie akzeptieren, dass der europäische Beitrag zum Klimaschutz reale Kosten verursacht und sollte den Import von "heißer Luft" verhindern. Trotzdem muss die Vermeidung von Emissionen nicht unbedingt in der EU stattfinden: Es können weiterhin die Kosten des Klimaschutzes durch alternative flexible Instrumente des Kioto-Protokolls reduziert werden. Das sind beispielsweise Investitionen in internationale Projekte, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern - insbesondere in Entwicklungsländern, aber auch in Russland.
Ansprechpartner:
Dr. Ulf Moslener, Telefon 0621/1235-209, E-Mail moslener@zew.de
Dr. Bodo Sturm, Telefon 0621/1235-186, E-Mail sturm@zew.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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