idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
22.06.2007 21:20

Leibniz-Medaille an Professor Dr. phil. Dr. phil. h.c. Hans Joachim Meyer

Gisela Lerch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

    Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften verleiht zum Leibniztag 2007 die

    Leibniz-Medaille
    an
    Professor Dr. phil. Dr. phil. h.c.
    Hans Joachim Meyer
    Staatsminister a. D. für Wissenschaft und Kunst des Freistaates Sachsen

    Indem die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften Hans Joachim Meyer ihre Auszeichnung für besondere Verdienste um die Förderung der Wissenschaften verleiht, würdigt sie seine Leistungen als Wissenschaftler, der in schwieriger Situation politische Verantwortung übernom-men und dabei für die Wissenschaft Außerordentliches geleistet hat. Die Leibniz-Medaille wird ihm am 23. Juni im Rahmen der Festsitzung der Akademie zum Leibniztag 2007 übergeben.

    Professor Dr. phil. Dr. phil. h.c. Hans Joachim Meyer, geboren 1936 in Rostock, ist das, was man gemeinhin eine streitbare Persönlichkeit nennt. Womit weder zum Ausdruck gebracht werden soll, dass er den Streit um des Streites willen pflegt, noch dass er bar jeder Streitbereitschaft die Flucht ergreift, wenn am Horizont ein Konflikt aufzieht.

    Schon 1955, als er seine Studien aufnahm, ging er nicht den Weg, den die meisten gingen. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaft in Potsdam-Babelsberg, einer absoluten Eliteeinrichtung der Rechtswissenschaft der DDR - eine Einrichtung, die immer stolz darauf war, die Rechtslehre im SED-Staat auf ihre Vereinbarkeit mit dessen Idealen zu kontrollieren und sie gegebenenfalls zur Ordnung zu rufen.

    Dass er gläubiger Katholik war, konnte und musste er nicht als Hindernis für ein Streben nach Recht und Gerechtigkeit ansehen. 1958 wurde er aus politischen Gründen exmatrikuliert. Als Folge seiner Unbeugsamkeit musste Hans Joachim Meyer ein Jahr als Hilfsarbeiter im Lokomotivbau tätig sein. Danach konnte er seine Studien wieder aufnehmen: Er studierte von 1959 bis zum erfolgreichen Erwerb des Diploms 1964 an der Humboldt-Universität zu Berlin die Fächer Anglistik / Amerikanistik und Geschichte. 1971 wurde er zum Dr. phil. promoviert, 1981 konnte er sich habilitieren, 1985 erhielt er schließlich eine außerordentliche Professur an der Humboldt Universität.

    Obwohl Hans Joachim Meyer seit seiner Diplomierung ohne Unterbrechung an der Universität und damit im zentralen Hort der Wissenschaft beschäftigt war, hat er sich überwiegend sprachpraktisch im Bereich der Angewandten Sprachwissenschaft betätigt und sich von der Theorie ferngehalten. Englisch-Unterricht im Bereich der Sprachintensivausbildung und ein extensives Engagement in seiner Kirche hätten vermutlich auch über die 1980er-Jahre hinaus das Leben von Hans Joachim Meyer bestimmt, aber dann kam die Wende, die vor allem im politischen und akademischen Bereich viele Karrieren aus Ost und West in eine ungeahnte und nicht vorhersehbare Richtung geschoben hat.

    Hans Joachim Meyer fand sich 1990 fast buchstäblich "über Nacht" als Minister für Bildung und Wissenschaft in der Regierung von Lothar de Maizière wieder. Gleichsam aus dem Stand heraus erwies er sich als kenntnisreicher und kühler Verhandlungspartner im Bereich von Bildung und Wissenschaft, als die Beitrittsverhandlungen der DDR mit der Bundesrepublik begannen.
    Die Verblüffung auf Seiten der Westdeutschen war groß. Da wusste einer in vielen Bereichen des sich neu formierenden nationalen Gesamtraumes offenkundig besser Bescheid als viele derjenigen, die aus dem "Westen" kamen, und zweifellos kannte er sich besser aus als alle, die aus dem Osten stammten. Hobbymäßig und autodidaktisch habe er sich diese Kenntnisse angeeignet, erklärte er lakonisch auf diesbezügliche Fragen.

    In der Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftsrat, dem gesamtdeutschen Instrument der Wiedervereinigung im wissenschaftlichen Bereich, erwies sich das ehemalige zweckfreie Interesse des damaligen Ministers Meyer als ein einmaliger Glücksfall für die Wissenschaftspolitik der Nation. Dass es schließlich gelang, die schmerzhaften Einschnitte und Abrisse dem Osten verständlich und dem Westen wenigstens als schmerzhafte klar zu machen, das war im Wesentlichen auch das Verdienst von Minister Meyer. Verhindern konnte er nicht viel. Chancen, die er sah und beschrieb, wurden zu selten genutzt.

    Dabei blieb es, als Hans Joachim Meyer nach der Vereinigung 1990 Staatsminister für Wissenschaft und Kunst des Freistaates Sachsen im Kabinett Biedenkopf wurde. Zuständig für die Hochschulen, die akademische Fort- und Weiterbildung, die Forschung und die Kultur, brachte er im Interesse Sachsens nachdrücklich und hartnäckig den gemeindeutschen Gesichtspunkt zur Sprache und in die Diskussion - meistens in der zwar nicht erklärten, aber deutlichen Absicht, über Sachsen und durch Sachsen hindurch der deutschen Wissenschaft und Kunst einen nachhaltigen Dienst zu erweisen. Sachsen als Vorreiter und Zugpferd für deutsche wissenschaftliche Ambitionen, das war seine Vision.

    In allen großen Debatten, die den Hochschulbereich und den Wissenschaftsbetrieb in den 1990er-Jahren, nicht nur in Sachsen, beschäftigten, taucht der Name Hans Joachim Meyer auf: Vom Hochschulzugang bis zur Föderalismus-Reform, von Studiengebühren bis zum so genannten Bologna-Prozess, von der Professorenevaluation bis zur Bewertung von Akademieleistungen, vom Hochschulbau bis zur internationalen Forschungsförderung. 2002 schied er nach zwölf Jahren aus dem Amt.

    Von der großen Wertschätzung, die dem Wissenschaftspolitiker und Professor für Anglistik Hans Joachim Meyer entgegengebracht wird, zeugen hohe Ehrungen wie die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Dresden, die Ehrenmitgliedschaft der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, die Senatorenwürde der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz sowie das Große Bundesverdienstkreuz. Des Weiteren ist er Vorsitzender des Kuratoriums der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie Mitglied des Rostocker Universitätsrates und des Verwaltungsrates des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg.

    Pressekontakt:
    Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
    Leitung Referat Information und Kommunikation
    Gisela Lerch
    Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin
    Tel. 030/20370-657, Fax: 030/20370-366
    E-mail: glerch@bbaw.de


    Weitere Informationen:

    http://www.bbaw.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Personalia, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).