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19.02.2009 15:55

Kraftwagen - Vision und Realität des E-Mobils am 22. Februar 2009 um 9.22 Uhr im Inforadio (rbb) 93,1

Annette Kleffel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
TSB Technologiestiftung Berlin

    Abgasfrei, effizient, lautlos - die Zukunft gehört den Elektroautos. E-Mobile sind schon heute eine Alternative zu Autos mit Verbrennungsmotor, wenn auch noch als Nischenprodukt. In Zukunft sollen elektrisch angetriebene Fahrzeuge herkömmliche benzin- und dieselbetriebene Autos ersetzen. In Berlin laufen derzeit umfangreiche Tests großer deutscher Auto- und Energiekonzerne an. Wie weit die Forschung ist, wo E-Mobile vor allem eingesetzt werden können und welche Grenzen es dabei gibt, darüber diskutierten Wissenschaftler und Experten auf dem 42. Treffpunkt Wissenswerte am 16.02.2009 in der Berliner Urania.

    Elektroautos gehören schon bald zum Alltag in Deutschland. Die Bundesregierung will das E-Mobil in den nächsten zehn Jahren zum Leitbild machen. Bis 2020 sollen mindestens eine Million Autos auf deutschen Straßen fahren.

    Elektroautos sind kleine Revolution

    Die Elektromotoren sind eine kleine Revolution, an der kein Autohersteller mehr in den nächsten Jahren vorbei kommt. Fast alle entwickeln derzeit eine neue Generation von E-Mobilen. Volkswagen arbeitet am Kleinwagen Up!, auf dem Genfer Automobilsalon im März präsentiert Mitsubishi seinen Prototyp MiEV (Mitsubishi innovative Electric Vehicle) mit 68 PS Leistung, Opel zeigt seine Studie Ampera mit 151 PS. Die Batterie des Ampera bringt stolze 180 Kilo auf die Waage und verfügt über eine Speicherkapazität von 16 Kilowattstunden (kWh). Damit kommt der Ampera bis zu 60 Kilometer weit. Falls die Fahrt weiter gehen soll, kommt der "Range-Extender" zum Einsatz, ein kleiner Verbrennungsmotor, der wie ein Generator die Batterien wieder auflädt. 2011 soll der Ampera auf den Markt kommen.
    Es gibt sie schon - die Elektroautos. Und sie fahren auch schon. In London läuft bereits ein Pilotprojekt. Dort kann man den Smart Fortwo ed (electro drive) leasen. Da die E-Mobile die Lärm- und Abgasbelastung in der Stadt mindern, müssen die Fahrer keine City-Maut bezahlen. Aufladen können sie ihre Autos an so genannten "Juice Points". Eine Batteriefüllung kostet rund zwei Euro und soll für 150 Kilometer Fahrstrecke reichen.

    Auto- und Stromkonzerne kooperieren

    In Deutschland werden dieses Jahr gleich drei Autohersteller ihre E-Mobile auf den Straßen testen, alle in Berlin. Daimler will zusammen mit RWE 100 Elektro-Smarts durch die Stadt fahren lassen. VW und E.on. gehen mit 20 Golf TwinDrive an den Start, kein reines Elektrofahrzeug, sondern ein so genannter Plug-in-Hybrid. BMW und Vattenfall schicken den Mini E ins Rennen. "Beim Mini E ist der Verbrennungsmotor durch einen E-Motor ersetzt worden. Die Batterien sind im Kofferraum", erklärt Dr. Oliver Weinmann, Leiter des Bereichs Innovationsmanagement bei Vattenfall. "Die Reichweite liegt bei 200 bis 250 Kilometern. Damit wird das E-Auto das Benzinauto nicht ablösen, aber gerade im Stadtverkehr, wo der Großteil der Autofahrer nur 20 bis 30 Kilometer täglich fahren, ist das E-Mobil ideal."
    Aufladen lassen sich die Batterien realtiv einfach. "Die normale Steckdose zu Hause reicht jedoch nicht aus, da würde das Auftanken zu lange dauern", sagt Weinmann. Für das Projekt werden insgesamt 50 öffentliche Stromladesäulen zur Verfügung stehen, sie sollen die 50 Testautos versorgen. Mit Strom aus erneuerbaren Energien übrigens. Die erste Stromsäule ist bereits im Berliner Stadtteil Treptow in Betrieb genommen worden.

    Batterien sind Schwachstelle

    Elektroautos sind extrem energieeffizient. Während bei einem Verbrennungsmotor rund zwei Drittel der Energie einfach verpuffen, liegt der Wirkungsgrad eines Elektromotors bei rund 80 Prozent. Das Problem sind die Batterien. "Wir haben noch keinen Materialdurchbruch erreicht", sagt Wolfgang Reimann, Bereichsleiter Fahrzeugelektronik bei der IAV Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr. "Die Energiedichte stimmt noch nicht. Wir können nicht so viel Kilo Energie in eine Batterie wie in Benzin packen. Es gibt eine Grenze der Energiedichte und die lässt sich nicht knacken", umreißt Reimann das Problem. Von den bislang verwendeten Batterien aus Nickel-Metallhydrid ist man in den letzten Jahren auf Lithium-Ionen-Akkus umgeschwenkt. Sie sind leichter, kleiner und können mehr Energie speichern.
    "Wir brauchen nicht die gleiche Energiedichte. Mit den Akkus, die in den letzten Jahren entstanden sind, kommen wir schon weit", sagt dagegen Andreas Manthey, Vorstand beim Bundesverband Solare Mobilität e.V. Manthey fährt selber seit 20 Jahren ein Elektroauto, einen Citroën AX. Von der Zukunft des E-Mobils ist er überzeugt. Zusammen mit seinem Bruder hatte der Kraftfahrzeugsingenieur schon 1990 einen Elektro-Umrüstsatz für einen Trabbi entwickelt und sogar fertige Fahrzeuge gebaut. Um zu zeigen wie viel Potenzial die Elektroautos haben, führt er Zahlen aus einer Studie an: "Wenn in Deutschland alle Kleinwagen als E-Mobile fahren würden, alle Mittelklassewagen als Hybrid-Fahrzeug und alle großen Limousinen weiterhin per Verbrennungsmotor betrieben werden, dann könnten wir 60 Prozent Kraftstoff einsparen, müssten aber insgesamt nur fünf Prozent mehr Strom aufbringen", so Manthey.

    Batterien sind schwer und schnell leer

    In den Köpfen ist der Batterie-Betrieb längst angekommen, aber die Praxis hinkt in der Machbarkeit noch hinterher. Ein Chevrolet Volt kommt mit seiner Batterie 60 Kilometer weit. Um eine Strecke von 400 Kilometer ohne Auflade-Stopp zurückzulegen, müsste die Batterie eine Tonne wiegen. An der Leistungsfähigkeit der Lithium-Ionen-Batterien wird deshalb jetzt vor allem geforscht. Bislang werden Lithium-Ionen-Akkus vor allem in Handys und Laptops verwendet, wo sie lange Betriebszeiten garantieren. Nun soll diese hohe Leistung auf das Elektroauto übertragen werden.
    "Wie viel Energie wir in einer Batterie speichern können, hängt davon ab, wie viel Ionen wir speichern können", sagt Prof. Peter Strasser, Leiter des Fachgebiets Technische Chemie an der Technischen Universität Berlin. Der Chemiker hat jahrelang in den USA und Japan geforscht und ist gerade erst nach Deutschland zurückberufen worden. "Der Prozess ist dabei abhängig von zwei Faktoren. Erstens: Wie eng kann ich die Ionen packen, und zweitens: Wie oft kann ich die Ionen von links nach rechts und wieder zurück schieben. Am Anfang klappt das bei ungefähr 30 Prozent aller Ionen. Aber mit jedem Aufladevorgang wird die Menge der Ionen, die sich bewegen lässt immer kleiner. Folge: Man bekommt immer weniger Energie pro Ladevorgang raus", erklärt Strasser.

    "Batterie ist teurer als Auto"

    Folge daraus wiederum: die Autobatterie hält nicht ein ganzes Autoleben und müsste häufiger gewechselt werden. Problem hierbei: Die Batterien sind extrem kostspielig. "Noch ist die Batterie teurer als das Auto selbst. Und im Fall der Batterie kostet die Verpackung mehr als der Inhalt, denn für die Batterie muss man rund 10.000 Euro rechnen, für den Strom zum Aufladen dagegen nur drei Euro", sagt Oliver Weinmann. Die Batterie für ein Elektroauto kostet je nach Leitung und Größe bislang zwischen 10.000 und 20.000 Euro. "Technisch sind Batterien möglich, die ein Leben lang halten. Auch das Aufladen kann an einer Schnell-Ladestation zügiger gehen. Die Frage ist: Wie viel kostet das und ist man das bereit zu zahlen?", ergänzt Andreas Manthey. "Das Elektroauto ist eine Revolution, aber sie kann sich nur durchsetzen, wenn sie sich rechnet", sagt Wolfgang Reimann. "Wer kauft ein Elektroauto, wenn es 10.000 bis 15.000 Euro mehr kostet als ein herkömmliches Auto?"
    Dafür sind die Nutzungskosten für das E-Mobil deutlich geringer. Reimann schätzt, dass ein Mittelklassewagen, der sieben Liter auf 100 Kilometer verbraucht und jährlich 10.000 Kilometer fährt, mehr als die Hälfte an Energiekosten sparen könnte. Nach zehn Jahren käme das Elektroauto auf rund 4.300 Euro für Strom, mit einem klassischen Verbrennungsmotor auf rund 10.500 Euro für Sprit. Dafür werden aber die Anschaffungskosten höher sein. Während das Auto mit Verbrennungsmotor 21.000 Euro kostet, rechnet Reimann für das Elektroauto mit 35.000 Euro.

    Entwicklung braucht noch Zeit

    Das Elektroauto braucht Zeit sich zu entwickeln und auch unser Nutzungsverhalten muss sich ändern. "Wir müssen unser Mobilitätsverhalten ändern. Das Universal-Auto wird es nicht mehr geben. Und mit einem Elektroauto fahren wir dann eben nicht alle vier Wochen einmal an die Tankstelle, sondern befüllen es häufiger", sagt Reiman. "Man kann nicht erwarten, dass das Elektroauto den gleichen Stand hat und die gleichen Bedürfnisse bedient. Dieses Auto werden wir nicht finden. Wir dürfen nicht Erwartungen wecken, die nicht erfüllt werden können. Und wir brauchen eine lange kontinuierliche Entwicklung", fordert Weinmann.
    Doch damit die Elektroautos in Zukunft gekauft und gefahren werden, bedarf es der richtigen Anreize und eventueller staatlicher Maßnahmen. Standardisierte öffentliche Aufladestationen beispielsweise, eine flächendeckende Infrastruktur mit Stromtankstellen, die Mitbenutzung der Busspur, Nachlass bei der Kraftfahrzeugsteuer oder kostenlose Parkplätzen in der Innenstadt mit Ladestationen. "Weiter wäre es möglich, dass man das Elektroauto nicht kauft, sondern least oder, dass man so wie sein Handy über den Vertrag auch das E-Mobil über die Nutzung abzahlt", schlägt Reimann vor.

    Hybrid als Übergang zum Elektroauto

    Bleibt die Frage: Was, wenn man längere Strecken zurücklegen will und nicht drei oder vier Stunden zum Aufladen auf dem Rastplatz verbringen will? "Ein gute Übergangslösung ist ein Hybrid-Modell, das den Elektromotor mit einem Verbrennungsmotor kombiniert und zwar in Form einen Plug-In-Hybrides. Mit der Elektro-Batterie schafft man es, die täglichen 20 bis 40 Kilometer zur Arbeit zu kommen. Hat man eine längere Strecke zu fahren und die Batterie ist leer, kommt der Zweitantrieb zum Einsatz", erklärt Reimann. Und dieser soll in Zukunft nicht mit Benzin oder Diesel angetrieben werden, sondern per Brennstoffzelle. Auch an dieser Entwicklung kommt derzeit kaum ein Autohersteller vorbei. Auch hier laufen die Tests bereits
    2020, also schon in elf Jahren, so eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger, könnte jedes vierte Auto ein E-Mobil sein. "Das halte ich für zu optimistisch", sagt Weinmann. Auch Reimann bezweifelt die Zahl. Strasser schätzt, dass das die Obergrenze sei. Aber dass das Elektroauto in Zukunft auf unseren Straßen fahren wird, da sind sich die Experten sicher.

    Kristin Krüger

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    Podiumsgäste
    ·Andreas Manthey, Vorstand Bundesverband Solare Mobilität e.V. www.solarmobil.net

    · Prof. Dr. Peter Strasser, Technische Universität Berlin, Fachgebiet Technische Chemie
    www.technischechemie.tu-berlin.de/technischechemie

    · Dr. Oliver Weinmann, Leiter Innovationsmanagement Vattenfall Europe AG
    www.vattenfall.de

    · Wolfgang Reimann, Leiter Bereich Fahrzeug Elektronik IAV Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr GmbH
    www.iav.com

    Moderation
    Thomas Prinzler, Wissenschaftsredaktion Inforadio (rbb)
    www.inforadio.de

    Der Treffpunkt WissensWerte ist eine Veranstaltung der TSB Technologiestiftung Berlin, Inforadio (rbb) und der Technologie Stiftung Brandenburg in Kooperation mit dem Innovationszentrum Energie der TU Berlin und dem TSB FAV. Sie ist Abschluss der Veranstaltungsreihe "Kraftakt: Energiemix der Zukunft". Die Veranstaltung wurde mitgeschnitten und wird im Programm von Inforadio (rbb) 93,1 am Sonntag, den 22. Februar 2009 um 09.22 Uhr gesendet.

    Links zum Thema:

    · stern.de: Interview mit dem Mini-Chef. "Wir sind keine Träumer"
    www.stern.de/auto/fahrberichte/:Interview-Mini-Chef-Wir-Tr%E4umer/652672.html

    · Financial Times Deutschland: Alternative Antriebe. Daimler und RWE machen E-mobil
    www.ftd.de/unternehmen/:Alternative_Antriebe_Daimler_und_RWE_machen_E_mobil/406932.html

    · sueddeutsche.de: Elektro-Smarts. Hauptstädte unter Strom
    www.sueddeutsche.de/automobil/358/308305/text/

    · handelsblatt: Ferrari-Designer überraschen mit Elektroauto
    www.handelsblatt.com/technologie/news/ferrari-designer-ueberraschen-mit-elektroauto;2053900

    · handelsblatt: Opel-Elektroauto wird kein Schnäppchen
    www.handelsblatt.com/technologie/news/opel-elektroauto-wird-kein-schnaeppchen;2041525

    · handelsblatt: Elektroauto. Kostenlos tanken
    www.handelsblatt.com/technologie/forschung/kostenlos-tanken;1386579

    · FAZ.net: Elektroautos. Der Traum von der elektrischen Mobilität
    www.faz.net/s/Rub163D8A6908014952B0FB3DB178F372D4/Doc~E4AB69EEFA83349D38246CF98379C6827~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    · FAZ.net: Batterien fürs Elektroauto. Hab' den Wagen voll geladen
    www.faz.net/s/Rub163D8A6908014952B0FB3DB178F372D4/Doc~EC8F881583C9B4AAC83CC57E1266E0507~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    · Zeit Online: Mobilität. Neuer Liebling Elektroauto
    www.zeit.de/online/2008/26/elektroauto

    · Zeit Online: Elektroauto. Traum auf vier Rädern
    www.zeit.de/2008/28/Elektroauto

    · Zeit Online: Interview. "Ich bin skeptisch"
    www.zeit.de/2007/13/Elektroauto-Interview


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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