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29.06.2009 16:56

Pflegeheime: Gute Aussichten trotz vorübergehender Überkapazitäten

Joachim Schmidt Presse und Information
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.

    Teure Pflegeheime sind nicht die besseren, die regionalen Preisunterschiede sind enorm, die Zahl der Pflegefälle wird weiter ansteigen und zu einem großen Bedarf an Fachkräften führen. Dies sind einige der Ergebnisse des "Pflegeheim Rating Report 2009 - Konsolidierung voraus!" von RWI, ADMED GmbH und HCB GmbH. Er zeigt zudem, dass die wirtschaftliche Lage der Pflegeheime langfristig stabil sein sollte, auch wenn es aktuell noch Überkapazitäten gibt. Eine Gefahr stellt die geplante Einführung eines Mindestlohns für Pflegekräfte dar. Ein hoher Mindestlohn könnte mittelfristig zu einer Versorgungslücke mit Pflegeplätzen führen, wenn dadurch Insolvenzen zunehmen und sich privates Kapital [...]

    Teure Pflegeheime bieten nicht immer auch die bessere Pflege, zwischen Preisniveau und Ergebnisqualität lässt sich kein statistischer Zusammenhang feststellen. Zwar sind teurere Heime beispielsweise baulich besser ausgestattet und bieten eine bessere soziale Betreuung. In Bereichen wie beispielsweise Flüssigkeits- und Nahrungsgabe, Sondenernährung und Versorgung bei Demenz schneiden sie jedoch nicht nachweisbar besser ab. Ein Grund hierfür könnte der derzeit kaum ausgeprägte Qualitätswettbewerb zwischen Pflegeheimen sein. Dies ist eines der Ergebnisse des aktuellen "Pflegeheim Rating Report 2009", in dem RWI, ADMED GmbH und Institute for Health Care Business GmbH (HCB) zum zweiten Mal die derzeitige und zukünftige Situation des deutschen Pflegemarkts untersucht haben. Für die Untersuchung des Teilaspekts Qualität wurden Daten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Rheinland-Pfalz verwendet, des Weiteren greift die Studie auf Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder und auf Jahresabschlüsse von über 1 000 Pflegeheimen zurück.

    Zahl der Pflegebedürftigen und Pflegeplätze wird weiter steigen

    Der deutsche Pflegemarkt ist geprägt von steigenden Zahlen. Zwischen 1997 und 2007 hat sich sein Anteil an allen Gesundheitsausgaben von 8,6% auf 11% erhöht. Die Zahl der Pflegebedürftigen ist alleine zwischen 2005 und 2007 um 5,6% auf 2,25 Millionen Menschen angestiegen. Da immer weniger Pflege von Angehörigen geleistet wird, gewinnt die professionelle ambulante und stationäre Pflege zunehmend an Bedeutung. Bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der stationären Pflegefälle voraussichtlich um 36%, bis zum Jahr 2030 sogar um 57% ansteigen. Vor diesem Hintergrund ist mit einem zusätzlichen Bedarf von fast 80 000 Pflegefachkräften bis 2020 zu rechnen. Die Kapitalreserve der Sozialen Pflegeversicherung dürfte bei konstanten Pflege- und Erwerbsquoten bis etwa 2021 aufgezehrt sein.

    In den vergangenen Jahren nahm das Angebot an Pflegeplätzen überproportional zu. Bis 2011 ist mit einer sinkenden Auslastung zu rechnen. Dennoch werden gegenüber 2010 bis zum Jahr 2020 rund 150.000, bis zum Jahr 2030 sogar rund 310.000 neue Pflegeplätze benötigt werden. Bis zum Jahr 2020 ist mit einem Investitionsbedarf von 27 Milliarden Euro in die stationäre Versorgung zu rechnen. Auf regionaler Ebene bestehen signifikante Preisunterschiede für die stationäre Pflege. Besonders teuer sind Heime in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein. Günstig sind Heime in den ostdeutschen Ländern und Niedersachsen. Wachsende Transparenz über Preise und Qualität, ein wachsender Eigenanteil der Pflegebedürftigen und zunehmender Wettbewerb dürften dafür sorgen, dass die Preisdifferenzen abnehmen.

    Mindestlohn könnte zu Versorgungsengpässen führen

    Die wirtschaftliche Lage der Pflegeheime hat sich seit dem "Pflegeheim Rating Report 2007" kaum verändert. Es befinden sich immer noch 13% der Heime, was ihre Finanzlage angeht, im insolvenzgefährdeten "roten", 72% hingegen im "grünen" Bereich. Damit weist jedes siebte Pflegeheim eine erhöhte Insolvenzgefahr auf. Heime in privater Trägerschaft schneiden mit 16% im "roten Bereich" signifikant schlechter ab also solche in freigemeinnütziger und öffentlich-rechtlicher Trägerschaft (jeweils rund 10%). Dies dürfte daran liegen, dass verhältnismäßig viele private Heime in ländlichen Regionen liegen. Insgesamt schneiden die Pflegeheime bezüglich Insolvenzwahrscheinlichkeit besser ab als Krankenhäuser und Reha-Kliniken und sind vergleichbar mit westdeutschen Unternehmen anderer Branchen. Bis 2011 dürfte sich die Lage wegen sinkender Auslastung und Finanzkrise leicht verschlechtern.

    Langfristig ist auf dem Pflegemarkt jedoch eine stabile Situation zu erwarten, bis 2020 dürften fast 70% der Heime im grünen Bereich liegen. Risiken für diese Entwicklung sind ein hoher Mindestlohn, eine starke Verschiebung der Nachfrage sowie ein Preisdruck infolge zunehmenden Wettbewerbs. Ein hoher Mindestlohn von beispielsweise 9,68 Euro pro Stunde würde vor allem zu einer schlechteren Lage für Anbieter in Ostdeutschland, private Anbieter und von ambulanten Diensten führen. In der Folge würde sich mittelfristig die Insolvenzwahrscheinlichkeit erhöhen. Eine geringere Verzinsung des Eigenkapitals würde zudem zu einem teilweisen Rückzug von privatem Kapital führen. Es dürfte zu einer Versorgungslücke von rund 100 000 Plätzen im stationären und 160 000 Plätzen im ambulanten Bereich bis 2020 kommen, Konsequenzen wären Wartelisten und steigende Preise. In diesem Fall müssten die Pflegebedürftigen mit einer Belastung in der Größenordnung von mindestens 250 Millionen Euro rechnen.

    Das Pflegeheim der Zukunft bietet individuelle Leistungsangebote

    Zwar können Pflegeheime in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit einem sicheren Nachfragewachstum rechnen. Trotzdem müssen sich gerade Heime in Hochpreisregionen auf einen wachsenden Preisdruck einstellen und deshalb ihre Leistungen effizienter erbringen. Es ist daher damit zu rechnen, dass sich verstärkt Pflegeheimketten bilden werden, welche Synergiepotenziale heben können. Zudem sollten sich Pflegeheime auf die Bedürfnisse bestimmter Patientengruppen einstellen. Je nach Budget des Pflegebedürftigen sind beispielsweise Standard- und Premiumpakete mit Zusatzleistungen denkbar. Zudem sollten Heime ihre Pflegequalität transparenter machen und diese als Wettbewerbsvorteil einsetzen.

    Ihre Ansprechpartner:
    Dr. Boris Augurzky (RWI Essen) Tel.: (0201) 8149-20
    Dr. Sebastian Krolop (ADMED GmbH) Tel.: (02238) 475-300
    Sabine Weiler (Pressestelle RWI Essen) Tel.: (0201) 8149-213

    Dieser Pressemitteilung liegt die Studie "Pflegeheim Rating Report 2009 - Konsolidierung voraus!" zugrunde. Das Executive Summary ist unter www.rwi-essen.de/presse oder www.admed.com als pdf-Datei erhältlich. Die komplette Studie kann für 230 Euro inkl. 7% MwSt. beim RWI Essen, der ADMED GmbH oder der HCB GmbH bestellt werden.

    RWI Essen, ADMED GmbH und HCB GmbH haben gemeinsam bereits mehrere Gutachten im Gesundheitsbereich erstellt, in jüngster Zeit unter anderem den "Krankenhaus Rating Report 2009" und den "Reha Rating Report 2009".


    Weitere Informationen:

    http://www.rwi-essen.de/presse - hier steht die Pressemitteilung auf der RWI-Homepage mit vollständigem Vorspann und direktem Link zum Executive Summary der Studie.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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