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05.08.2009 09:34

Trennung nach Maß

Gunnar Bartsch Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Dass organische Solarzellen Licht in Strom umwandeln können, ist bekannt. Ein Rätsel war jedoch, wie sie das machen - zumindest aus physikalischer Sicht. Forschern der Uni Würzburg ist es nun gelungen, den Prozess aufzuklären. Die Fachzeitschrift Physical Review Letter berichtet über ihre Arbeit.

    Eigentlich ist das Prinzip einer organischen Solarzelle ganz simpel. Stark vereinfacht dargestellt, funktioniert die Zelle so: Zwischen zwei "Stromabnehmern" befinden sich zwei Substanzen, die sich so wenig mischen wie Wasser und Öl. Die eine - zumeist ein Polymer - gibt Elektronen ab, wenn Licht auf sie trifft. Die andere - in der Regel ein so genanntes Fulleren, also Kohlenstoff, der kugelförmig angeordnet ist - nimmt die Elektronen auf und leitet sie an den entsprechenden Abnehmer, die Kathode, weiter. Strom fließt. So weit das Prinzip, und so funktioniert ja auch die Praxis.

    Die Ladungstrennung funktioniert nur unter ganz bestimmten Umständen

    "Ja, organische Solarzellen funktionieren", sagt Vladimir Dyakonov. Und ergänzt sogleich: "Nach der bisher gängigen Theorie dürften sie das allerdings nicht." Dyakonov ist Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Physik 6 an der Universität Würzburg; seit mehr als einem Jahrzehnt forscht er an den Strom-aus-Licht-Produzenten, die, anders als die bekannten Module auf Häuserdächern, nicht auf Silizium basieren, sondern statt dessen organische Substanzen verwenden. Dabei hat sich Dyakonov auch mit der Frage befasst, welche physikalischen Prozesse den Stromfluss ermöglichen. Gemeinsam mit seinem Wissenschaftlichen Mitarbeiter Carsten Deibel hat er nun eine Antwort gefunden.

    "Nach den gängigen physikalischen Gesetzen sind die vom Licht erzeugten positiven und negativen Ladungen, die immer paarweise auftreten, eigentlich nur schwer zu trennen, da sie einander anziehen", erklärt Dyakonov. Die Vorstellung, Licht könne Elektronen aus einem Atom oder Molekül quasi herauskicken, stimmt nämlich nur ansatzweise. Absorbiert das Polymer Licht, entstehen in Wirklichkeit so genannte "Exzitone". Die Elektronenwolke, die um ein Molekül herumschwirrt, ändert ihre Form, es kommt zu Ladungsverschiebungen, der Physiker spricht davon, dass ein "stark gebundenes Elektron-Loch-Paar" entsteht. Wie sich das Elektron endgültig daraus befreien kann, hat Carsten Deibel untersucht.

    Das Modell muss mit der Praxis übereinstimmen

    Mit Hilfe von Quantenausbeute-Messungen und der Fotolumineszenz-Spektroskopie hat er die 20 bis 30 Nanometer starken Schichten organischen Materials in den Solarzellen untersucht (ein Nanometer ist der millionste Teil eines Millimeters) und dabei die Energie bestimmt, die nötig ist, um die Ladungen zu trennen. Anschließend haben er und sein Diplomand Thomas Strobel am Computer in verschiedenen Modellen die komplexe Bewegung der Ladungspaare in Polymer-Fulleren-Solarzellen nachgebildet und tatsächlich Bedingungen gefunden, unter denen das berechnete Ergebnis mit dem Befund aus der Praxis übereinstimmt.

    "Der ganze Prozess funktioniert nur, wenn das Polymer eine Mindestlänge besitzt", erklärt Deibel. Erst dann kann sich das Elektron an der Grenzfläche zum Fulleren lösen und anschließend entlang der Kohlenstoffkugeln zur Kathode wandern. Der positiv geladene Rest des Exzitons hingegen bleibt im Polymer und gleitet entlang dieser Ketten zur Anode. "Wir zeigen, dass ein Ladungsträger, der sich auf einem Polymerkettensegment befindet, von der anderen Ladung umso weniger angezogen wird, je länger dieses Segment ist", sagt Vladimir Dyakonov. Unter diesen Umständen könnten sich die Ladungsträger außerdem entlang der Polymerketten wesentlich schneller bewegen als bei kurzen Segmenten. Beide Effekte zusammen ermöglichen die sehr effiziente Trennung der Ladungspaare.

    Auf der Suche nach wirksamen Materialien

    Tatsächlich zeigen Deibels Simulationen eine zehnfache Verbesserung des Photostromes, wenn die Länge der Polymerkettensegmente von einem auf zehn Nanometer erhöht wird. Zehn Nanometer sind typisch für die heute in der organischen Photovoltaik gebräuchlichen Polymer-Halbleiter. "Unsere Ergebnisse erklären somit, warum die derzeit besten Polymer-Fulleren-Solarzellen eine so gute Umwandlung von Licht in Strom erlauben", sagt Dyakonov.

    Nachdem das Rätsel, warum Polymer-Fulleren-Solarzellen entgegen aller Theorie doch funktionieren, gelöst ist, arbeiten Dyakonov und Deibel jetzt daran, die grundlegenden Prozesse noch besser zu verstehen. Ihr Ziel ist es, mit diesem Wissen in die Entwicklung zu gehen und zusammen mit Chemikern neue Polymere zu konstruieren, die das eingestrahlte Licht effektiver als bisher in Strom umwandeln.

    360 Millionen Euro für Forschungsprojekte zur organischen Photovoltaik

    60 Millionen Euro hat das Bundesforschungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für Forschungsprojekte auf dem Gebiet der "Organische Photovoltaik" zur Verfügung gestellt, weitere 300 Millionen sollen von der Wirtschaft kommen. Unter den zahlreichen Anträgen wurden weniger als zwei Dutzend als förderungswürdig eingestuft. Drei davon stammen aus der Universität Würzburg. Dyakonovs und Deibels Arbeit ist im Rahmen des Projekts "Einfluss von Kontakten und interner Grenzflächen auf die makroskopischen Kenngrößen organischer Solarzellen" entstanden. Neben Dyakonovs Lehrstuhl sind daran beteiligt der Lehrstuhl für Experimentelle Physik 2 (Professor Friedrich Reinert) und das Zentrum für Angewandte Energieforschung Bayern (ZAE), das eng mit Dyakonov zusammenarbeitet. Für ihre Forschung erhalten die Wissenschaftler in diesem Projekt 1,4 Millionen Euro im Zeitraum von 2009 bis 2012.

    Die Vorteile organischer Solarzellen

    Organische Solarzellen sind zwar noch nicht in der Lage Sonnenlicht ähnlich effizient in Strom umzuwandeln wie ihre Konkurrenten, die mit Silizium arbeiten. Während Letztere einen Wirkungsgrad von etwa 30 Prozent schaffen, kommen organische Zellen auf knapp sechs Prozent. Ihre Stärken liegen allerdings woanders: Weil sie auch transparent sein können, bieten sie sich beispielsweise für den Einsatz in Gebäuden an, wo sie Licht durchlassen und gleichzeitig Strom produzieren. Ihre Flexibilität prädestiniert sie für den mobilen Einsatz, beispielsweise auf Rucksäcken, die Handyakkus aufladen. Außerdem sind organische Solarzellen vergleichsweise einfach herzustellen. Im Prinzip können normale Druckmaschinen die Substanzen auf ein billiges Trägermaterial aufbringen wie Farbe auf große Papierrollen. Die Produktionskosten sind dabei vergleichsweise niedrig. Organische Solarzellen sind deshalb, wie Vladimir Dyakonov sagt, "vielversprechende Kandidaten für eine effiziente, preisgünstige Photovoltaik".

    Origin of the Ef?cient Polaron Pair Dissociation in Polymer-Fullerene Blends, C. Deibel, T. Strobel, V. Dyakonov, Phys. Rev. Lett 2009. http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.103.036402
    Kontakt:
    Prof. Dr. Vladimir Dyakonov, T: (0931) 31 83 111, E-Mail:dyakonov@physik.uni-wuerzburg.de
    Dr. Carsten Deibel, T: (0931) 31-83 119, E-Mail: deibel@physik.uni-wuerzburg.de


    Bilder

    Carsten Deibel (l.) und Vladimir Dyakonov (Foto: Gunnar Bartsch)
    Carsten Deibel (l.) und Vladimir Dyakonov (Foto: Gunnar Bartsch)

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Chemie, Energie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Carsten Deibel (l.) und Vladimir Dyakonov (Foto: Gunnar Bartsch)


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