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03.12.1998 14:28

Ist der Stör am Kaspismeer zu retten?

Dr. Edmund von Pechmann Hochschulkommunikation
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Nicht nur in Deutschland helfen Großschutzgebiete vor zu harschem Griff in die Natur. Nachdem in Kirgistan mit Greifswalder Hilfe im Herbst das erste Biosphärenreservat eröffnet wurde, wird Greifswald nun auch Kasachstan helfen.

    Hoffnung auf erstes Biosphärenreservat in Kasachstan
    Abkommen zur Zusammenarbeit bei der Einrichtung von Biosphärenreservaten und Weltnaturerbegebieten in der Republik Kasachstan unterzeichnet

    Während einer Projektbereisung und Studentenexkursion im Juli unter Leitung von Prof. Dr. Michael Succow, Direktor des Botanischen Institutes, kam es, wenn auch etwas überraschend, zur Unterzeichnung eines Abkommens zur Zusammenarbeit bei der Einrichtung von Biosphärenreservaten und Weltnaturerbegebieten zwischen dem Umweltminister des immerhin siebtgrößten Flächenstaates der Erde und dem Botanischen Institut der Universität Greifswald. Ungewöhnlich auch der Zeitpunkt: nach verschiedenen Abstimmungen konnten um 1.30 Uhr nachts die Unterschriften gesetzt werden. In den nächsten fünf Jahren werden damit die kasachische Regierung bei der Auswahl und Begründung von UNESCO Weltnaturerbegebieten und Biosphärenreservaten beraten und organisatorische und technische Unterstützung geleistet werden. Eine Fortführung der bereits 1993 mit einem Kooperationsvertrag begonnenen Zusammenarbeit mit dieser mittelasiatischen Republik. Kasachstan hat umfangreiche ökologische und wirtschaftliche Studien mit dem Ziel in Auftrag gegeben, ein ökologisch ausgerichtetes Entwicklungskonzept mit dem Namen »Strategie 2030« zu erstellen. Das beinhaltet auch die Erweiterung des Schutzgebietssystems um 7 Großschutzgebiete.
    Während der Bereisung konnten wir von den Waldsteppengebieten Nordkasachstans über die ausgedehnten Steppen und Halbwüsten, Lebensraum von zwei Antilopenarten und der sehr seltenen Kulan-Eseln (z.B. Nationalpark Altyn Emel), bis zu den Obstbaumwäldern und Fichtenwäldern des Tienshan einen umfassenden Einblick in die Vielfalt des Landes bekommen.
    Vereinbarungen über die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Ökologischen Institut der Kasachischen Nationalen Universität »Al-Farabi« Alma-Ata und unserem Institut gibt es seit zwei Jahren. Mehrere Diplomarbeiten Greifswalder Studenten untersuchen derzeit den sozioökonomischen Transformationsprozeß in den Dörfern der Neulandgewinnungsgebiete, die Entwicklung von Ackerbrachen in der kasachischen Steppenzone und die Folgen der radioaktiven Belastung im Westen Kasachstans. Die Vereinbarung bildet auch den Rahmen für die Unterstützung bei der Einrichtung eines Biosphärenreservates bzw. Nationalparkes im Gebiet des Tengis- und des Kurgaldschino-Sees in den Steppen unweit der neuen Hauptstadt Astana. Dieses 260000 ha große Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung (RAMSAR Gebiet) ist eines der bedeutendsten Gewässer Mittelasiens. Allein 14000 Brutpaare des Rosaflamingos und über 300 Brutpaare des weltweit gefährdeten Krauskopfpelikans unterstreichen das; zur Zugzeit rasten hier 100000 Wasservögel. Im nächsten Jahr soll dieses Gebiet mit technischer und organisatorischer Unterstützung aus Deutschland als UNESCO Weltnaturerbegebiet, dem ersten in Kasachstan, nominiert werden.
    Bereits jetzt zeigen sich erste Erfolge unseres Engagements: das bestehende Schutzgebiet wird um eine 8 km breite Pufferzone erweitert, um den Jagddruck zu vermindern und die umliegende Steppenzone einzubeziehen.
    Außerdem konnte der kasachische Umweltminister gewonnen werden, sich im Rahmen einer geplanten NATO Konferenz für eine Konvention zum Schutz der Umwelt des Kaspischen Meeres unter Einbeziehung des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP) einzusetzen. Die Situation ist dramatisch: durch den Zerfall der Sowjetunion sitzen jetzt fünf selbständige Staaten beispielsweise bei der Vergabe von Fischfanglizenzen (nach letzten Schätzungen ist der Stör in drei Jahren ausgestorben!) oder bei der Aufteilung der Ölvorräte am Tisch. Erst kürzlich begann der Bau von Förderplattformen. Gerade für den flachen nördlichen Teil des Kaspischen Meeres, einschließlich des von uns mit vorbereiteten russischen Weltnaturerbegebietes Wolgadelta, verheerend - aber allein hier werden 15 Mrd. Tonnen Öl vermutet, das entspricht ungefähr dem gesicherten Vorkommen Kuwaits. Während der Bereisung des Wolgadeltas im Mai diesen Jahres konnte bereits der regionale Umweltminister des Astrachaner Oblasts für die Idee einer Konvention gewonnen werden, wie sie 1997 schon für das Schwarze Meer vereinbart wurde.
    Auch bei den Ökotourismusprojekten, die den direktesten Einkommenseffekt für die örtliche Bevölkerung haben und damit Akzeptanz für Schutzgebietsprojekte schaffen, konnte dank finanzieller Schweizer Unterstützung weitergearbeitet werden. Im nächsten Jahr werden erste Gruppen auch das Projektgebiet »Tengis Seen« bereisen können. Entsprechende Infrastrukturmaßnahmen werden jetzt mit ASA Stipendiaten der Carl Duisberg Gesellschaft vorbereitet (Routenplanung, Kauf von Jurten, Booten, Ferngläser, Erstellung von Infomaterial), die dann natürlich auch der Schutzgebietsverwaltung zur Verfügung stehen.

    Wer mehr über dieses neueste Greifswalder Schutzprojekt wissen möchte, frage bitte den Autor:
    Dipl.-Ing. Thomas Tennhardt, Mitarbeiter an der Stiftungsprofessur für Internationalen Naturschutz im Botanischen Institut
    Tel. 03834-86-4131, Fax 03834-86-4143, e-mail: tennhard@home.ipn.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Gesellschaft, Informationstechnik, Meer / Klima, Politik, Recht, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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