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18.09.2008 10:05

Mit Keramikfiltern gegen Keime: TUM-Wissenschaftler erforschen, wie Milch schonend haltbar bleibt

Dr. Ulrich Marsch Zentrale Presse & Kommunikation
Technische Universität München

    Milchfans kennen das Dilemma: Frischmilch schmeckt köstlich, ist dafür aber wegen der enthaltenen Keime schnell verderblich. H-Milch ist dagegen lange haltbar, doch sie hat den ursprünglichen Milchgeschmack verloren. Die Lösung heißt "Mikrofiltration": Statt durch Erhitzen wird die Milch hier durch einen Keramikfilter haltbar gemacht. Lebensmitteltechnologen der Technischen Universität München (TUM) nehmen dieses Verfahren genau unter die Lupe. Ihr Ziel: Voller Geschmack bei langer Haltbarkeit - und das ohne Qualitätsverlust. Am Zentral-Landwirtschaftsfest in München (20.-28.09.) stellen die Forscher das Herz ihrer Filtrationsanlage aus.

    Hitze macht Milch zwar haltbar, aber sie verändert auch Teile der gesunden Inhaltsstoffe und den typischen Geschmack. Einige innovative Molkereien sind deshalb von herkömmlichen Konservierungsverfahren auf Mikrofiltration umgestiegen: Sie entkeimen die Milch über feine Keramikfilter. Das Produkt ist bei kühler Lagerung länger haltbar als herkömmliche Frischmilch - und behält dabei fast das Geschmacks- und Vitaminspektrum einer unbehandelten Rohmilch. Wie sich dieses Verfahren auf die Produktqualität auswirkt und wie das Filtern überhaupt funktioniert, ist allerdings noch gar nicht erforscht. Verfahrenstechniker vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan der TUM schließen diese Lücke, um die Methode besser zu verstehen und in ihrer Leistungsfähigkeit weiter zu optimieren.

    Das Prinzip der Membrantrenntechnik klingt simpel: Anstatt Mikroorganismen durch intensive Hitze abzutöten, "siebt" man einen Großteil der in der Rohmilch enthaltenen Keime über einen Keramikfilter aus. Beim Durchdrücken der Milch durch den Filter lagern sich die Bakterien auf und im Porensystem ab. Doch die Tücke steckt im Detail: Die Fettkügelchen der Milch weisen eine ähnliche Größenverteilung auf wie die enthaltenen Bakterien. Daher muss in einem ersten Schritt der Rahm abgetrennt werden, bevor man die verbleibende Magermilch schonend filtern kann. Und auch das ist nicht so einfach: Je kleiner die Keramikporen sind, umso weniger Mikroorganismen verbleiben zwar in der Milch. Doch damit bleibt leider auch ein zunehmender Teil der Milchproteine im Filter hängen.

    Kurz: Eine vorhersagbare, möglichst effektive, zugleich aber selektive Keimabtrennung bei gleichzeitiger Bewahrung des Milchproteins ist schwer zu verwirklichen. Dass sich im Laufe der Filtration zudem Milchbestandteile in der Membran ablagern und somit den Filter verstopfen, macht die Sache noch kniffeliger. Die Molkereien greifen daher bisher lieber zu etwas größeren Porengrößen: Um trotzdem die Sicherheit des Verbrauchers zu gewährleisten, muss die Mikrofiltration derzeit mit einer nachfolgenden Erhitzung kombiniert werden. Dieses optimierte Kombi-Verfahren hält Milch gekühlt bis zu drei Wochen frisch, ganz ohne Vitaminverlust oder Geschmacksveränderung.

    TUM-Forscher am Lehrstuhl für Lebensmittelverfahrenstechnik und Molkereitechnologie des Wissenschaftszentrums Weihenstephan untersuchen gezielt die Hintergründe, Einflussfaktoren und Abtrennmechanismen bei der Mikrofiltration, um die Umsetzung des Verfahrens besser in den Griff zu kriegen. Ihr Ziel: Ein wissenschaftlich fundiertes Filtrationsverfahren, mit dem man die Keime selektiv und effizient aus der Rohmilch entfernen und somit den nachfolgenden Erhitzungsprozess noch schonender als bisher gestalten kann.

    Dazu variieren die Forscher um Verfahrenstechniker Prof. Kulozik im Experiment gezielt Porengröße und Aufbau der Keramikfilter sowie einzelne Prozessparameter. In Kooperation mit dem Lehrstuhl für Mikrobielle Ökologie (Prof. Scherer) haben sie außerdem die Milch-Mikroorganismen identifiziert, die durch herkömmliche Filtermembranen "durchrutschen". Jetzt können die Wissenschaftler das Filtrationsverfahren gezielt modifizieren. Auch die Erhitzungsbedingungen können sie aufgrund ihrer Ergebnisse anpassen, um die Qualität und Lagerstabilität der Milch weiter zu verbessern.

    Dank der Forschungsergebnisse der Weihenstephaner Forscher wird mikrofiltrierte Milch in den kommenden Jahren immer häufiger im Supermarktregal zu finden sein. Das Herz ihrer Entkeimungsfiltrationsanlage kann man sich vom 20.-28. September auf dem Zentral-Landwirtschaftsfest ansehen. Kommen Sie uns am Stand der Technischen Universität München besuchen: in Halle 7 auf der Münchner Theresienwiese, Stand Nr. 7067, täglich zwischen 9 und 18 Uhr.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Ulrich Kulozik
    Dipl. oec. troph. Veronika Kaufmann
    Lehrstuhl für Lebensmittelverfahrenstechnik und Molkereitechnologie
    Technische Universität München
    85354 Freising
    Tel: 08161 / 71-4205 / -5032
    E-Mail: Ulrich.Kulozik@wzw.tum.de
    Email 2: Veronika.Kaufmann@wzw.tum.de
    http://lmvt.weihenstephan.de/

    Hintergrund:
    Das interdisziplinäre Kooperations-Forschungsprojekt "Prozessoptimierung zur Herstellung von länger haltbarer Frischmilch (ESL) unter Verwendung von thermischen und Membranverfahren" (Projekt-Nr.: AiF-FV 15047 N) wird aus Mitteln der industriellen Gemeinschaftsforschung (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie / AiF) über den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) gefördert.


    Bilder

    Mikrofiltrationsmodul mit keramischen Multikanalelementen
    Mikrofiltrationsmodul mit keramischen Multikanalelementen
    (Bild: Kaufmann / TUM)
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    Die Mikrofiltrationsanlage der TUM zur Entkeimungsfiltration
    Die Mikrofiltrationsanlage der TUM zur Entkeimungsfiltration
    (Bild: Kaufmann / TUM)
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Maschinenbau, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Mikrofiltrationsmodul mit keramischen Multikanalelementen


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    Die Mikrofiltrationsanlage der TUM zur Entkeimungsfiltration


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