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14.03.2017 14:00

Yuan Chang und Patrick Moore für die Entdeckung von zwei Krebsviren geehrt

Dr. Anke Sauter Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Wer nach neuen Tumorviren sucht, muss nach deren Genen Ausschau halten, nicht nach den Viruspartikeln. Die diesjährigen Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter Preisträger sind mit dieser Strategie zweimal fündig geworden.

    FRANKFURT am MAIN. Die US-Amerikanerin Yuan Chang und der US-Amerikaner Patrick S. Moore erhalten heute in der Frankfurter Paulskirche den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2017 für die Entdeckung der Tumorviren HHV-8 und MCV durch eine kluge Subtraktionsstrategie. HHV-8 ist das Humane Herpesvirus 8, MCV das Merkelzell-Polyomavirus. „Die Preisträger haben mit ihrer Entscheidung, nach den Genen der Viren zu suchen, statt nach den Viruspartikeln, die Fahndung nach neuen humanen Tumorviren entscheidend vorangebracht und die Basis für weitere Entdeckungen gelegt. Es kann sehr wohl sein, dass in Zukunft weitere humane Tumorviren gefunden werden“, schreibt der Stiftungsrat in seiner Begründung. Weltweit geht jede sechste Krebserkrankung auf eine Virusinfektion zurück. Allerdings ist das Erkrankungsrisiko in den westlichen Industrienationen geringer als in den Entwicklungsländern. Chang ist Professorin für Pathologie am „University of Pittsburgh Cancer Institute“. Moore ist Professor und Direktor des Krebsvirologie-Programms am „University of Pittsburgh Cancer Institute“. Die beiden sind verheiratet.

    HHV-8 verursacht das Kaposi-Sarkom, einen Tumor der Blutgefäßzellen, der mit seinen markanten roten oder purpurfarbenen Flecken schon mit bloßem Auge auf der Haut zu sehen ist. Dieser Tumor tritt vor allem bei Patienten mit Aids auf. Für die Suche nach HHV-8 subtrahierten Chang und Moore das gesamte menschliche Erbgut vom Erbgut der Tumorzellen. Die Idee war, dass im besten Fall nur die Sequenzen übrigbleiben, die nicht zum menschlichen Genom gehören, sondern zu dem neuen Tumorvirus. Die Preisträger fanden bei ihrer Subtraktion tatsächlich zwei DNA-Schnipsel, die einem neuen Herpesvirus zugeordnet werden konnten. Sie nannten dieses Virus bei der Veröffentlichung 1994 zunächst Kaposi-Sarkom-Herpesvirus (KSHV). Später wurde es in HHV-8 umbenannt.

    MCV ist für das Merkelzell-Karzinom verantwortlich, einen äußerst seltenen bösartigen Tumor der Haut. Für die Suche nach dem Virus hinter dem Merkelzell-Karzinom verfeinerten Chang und Moore ihre Strategie. Vierzehn Jahre nach der Entdeckung von HHV-8 subtrahierten sie nicht mehr das gesamte menschliche Erbgut von der Tumor-DNA, sondern nur noch die Botenribonukleinsäuren, was die Suche deutlich vereinfachte. Außerdem subtrahierten sie die Sequenzen nicht bei einem Experiment im Labor, sondern digital am Computer. Dafür verwendeten sie die in den Datenbanken hinterlegten humanen Genom-Sequenzen.

    Chang und Moore entdeckten nicht nur die Viren, sondern zeigten auch, dass sie tatsächlich für die beiden Krebserkrankungen verantwortlich sind. So enthalten alle Kaposi-Sarkome weltweit HHV-8, nicht nur diejenigen, die im Zuge einer Aids-Erkrankung entstehen, sondern auch die seltenen, sporadisch auftretenden Erkrankungen in den USA, Europa und Afrika. Die Infektion geht auch der Tumorerkrankung voraus. Beim Merkelzell-Karzinom war der Nachweis, dass MCV der Übeltäter ist, schwieriger, weil das Virus zur normalen Hautflora des Menschen gehört. Chang und Moore zeigten, dass alle Zellen eines bestimmten Merkelzell-Karzinoms das Virus an derselben Stelle im Genom tragen, und dass dieser Integrationsort bei jedem Patienten mit einem Merkelzell-Karzinom unterschiedlich ist. Demnach muss der Tumor aus einer einzigen Zelle mit integriertem MCV hervorgegangen sein, was dessen ursächliche Rolle zusammen mit weiteren Befunden belegt hat.

    Wenn einige Tumorviren allgegenwärtig sind, warum wird dann nicht jeder krank? Die Tumorviren müssen erst die Kontrollinstanzen der Zelle überwinden – entweder durch mitgebrachte Krebsgene wie bei HHV-8 oder durch Mutationen wie bei MCV – und das Immunsystem muss geschwächt sein, damit tatsächlich Krebs entsteht. Gibt es gegen HHV-8 oder MCV eine Impfung oder Therapie? „Die Situation beim Kaposi-Sarkom ist für uns eine Enttäuschung“, sagt Moore. „Obwohl Forscher weltweit Kandidaten für einen Impfstoff und Zielmoleküle für die Therapie gefunden haben, gibt es wenig kommerzielles Interesse, einen Impfstoff oder eine spezifische Therapie zu entwickeln“. „Für das Merkelzell-Karzinom sind wir dagegen optimistisch“, sagt Chang. „Viele Patienten sprechen auf eine Checkpoint-Hemmung an, einige sogar mit einer kompletten Remission“. Die Checkpoint-Hemmung ist ein vielversprechendes neues Therapieprinzip bei Krebs.

    Der Paul Ehrlich und Ludwig Darmstaedter-Preis ist mit 120.000€ dotiert und gehört zu den international renommiertesten Auszeichnungen, die in der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Medizin vergeben werden. Der Preis wird von Professor Harald zur Hausen, dem Vorsitzenden des Stiftungsrats, überreicht.

    Kurzbiographie Professor Dr. Yuan Chang
    Yuan Chang (57) ist Virologin und Pathologin. Sie wurde in Taiwan geboren und wuchs in Salt Lake City auf. Sie studierte Medizin an der Universität Utah und hat einen Bachelor of Science von der Universität Stanford. Chang arbeitete am Stanford University Medical Center, am DNAX Research Institute of Molecular Biology in Palo Alto und am Columbia University´s College of Physicans and Surgery in New York, bevor sie 2002 an die Universität Pittsburgh wechselte. Chang ist heute American Cancer Society Research Professor, Distinguished Professor of Pathology und UPMC Endowed Chair in Cancer Virology an der University of Pittsburgh School of Medicine. Chang ist vielfach ausgezeichnet worden. In diesem Jahr wird sie mit ihrem Ehemann Patrick Moore noch den 2017 Passano Foundation Award erhalten.

    Kurzbiographie Professor Dr. Patrick S. Moore
    Patrick S. Moore (60) ist Epidemiologe und Virologe. Er hat am Westminster College in Salt Lake City Biologie studiert und einen Master in Chemie an der Universität Stanford gemacht. Er hat Medizin an der Universität Utah studiert und einen Master of Public Health an der Universität Kalifornien in Berkeley erworben. 1985 war er ein Jahr lang in Ghana, 1986 in Liberia tätig. Danach arbeitete er für die Centers for Disease Control and Prevention und war an Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit in Tschad, Äthiopien, Saipan, Nigeria, Nepal und Somalia beteiligt. Nach verschiedenen Stationen, unter anderem in Berkeley und Somalia, wurde er 1993 kurzzeitig Deputy Commissioner im NYC Department of Health, bevor er mit seiner Frau an der Columbia Universität in New York zusammenarbeitete. Bis 2002 war Moore Professor of Public Health Division of Epidemiology an der Columbia Universität. Seit 2002 ist er an der Universität Pittsburgh. Er ist Direktor des Cancer Virology Program at the University of Pittsburgh Cancer Institute, American Cancer Society Research Professor, Distinguished Professor of Microbiology and Molecular Genetics und the Pittsburgh Foundation Chair in Innovative Cancer Research an der University of Pittsburgh School of Medicine. Moore ist vielfach ausgezeichnet worden.

    Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis
    Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis wird traditionell an Paul Ehrlichs Geburtstag, dem 14. März, in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Mit ihm werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geehrt, die sich auf dem von Paul Ehrlich vertretenen Forschungsgebiet besondere Verdienste erworben haben, insbesondere in der Immunologie, der Krebsforschung, der Hämatologie, der Mikrobiologie und der Chemotherapie. Finanziert wird der seit 1952 verliehene Preis vom Bundesgesundheitsministerium, dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. und durch zweckgebundene Spenden von Unternehmen. Die Preisträger werden vom Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung ausgewählt.

    Die Paul Ehrlich-Stiftung
    Die Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsident der 1929 von Hedwig Ehrlich eingerichteten Stiftung ist der Bundespräsident, der auch die gewählten Mitglieder des Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung ist der Nobelpreisträger Professor Dr. Harald zur Hausen vom Deutschen Krebsforschungszentrum, Vorsitzender des Kuratoriums ist Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung. Die Präsidentin der Goethe-Universität ist in dieser Funktion zugleich Mitglied des Kuratoriums.

    Weitere Informationen
    Sämtliche Unterlagen der Pressemappe und Fotos der Preisträger sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt. Der Abdruck ist kostenfrei. Ausführliche Lebensläufe, ausgewählte Veröffentlichungen und die Publikationslisten erhalten Sie in der Pressestelle der Paul Ehrlich-Stiftung, c/o Dr. Hildegard Kaulen, Telefon:+49 (0) 6122/52718, Email: h.k@kaulen.wi.shuttle.de


    PAUL EHRLICH-STIFTUNG

    Der Vorsitzende des Stiftungsrates

    Hintergrundinformation  Hintergrundinformation  Hintergrundinformation


    Frankfurt, den 14. März 2017

    Sperrfrist: 14. März 2017, 14:00 Uhr

    Hintergrundinformation zur Verleihung des Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preises 2017 an Professor Dr. Yuan Chang und Professor Dr. Patrick S. Moore

    Die Tumorviren-Jäger

    Jede sechste Tumorerkrankung weltweit geht auf eine Virusinfektion zurück. Die US-Amerikanerin Yuan Chang (57) und der US-Amerikaner Patrick S. Moore (60) haben zwei der bisher bekannten humanen Tumorviren entdeckt und Methoden für die weitere Fahndung entwickelt. Dafür erhalten sie den diesjährigen Paul Ehrlich und Ludwig Darmstaedter-Preis. Bei den beiden Viren handelt es sich um das Humane Herpesvirus 8 (HHV-8) und das Merkelzell-Polyomavirus (MCV). Chang ist Professorin für Pathologie am „University of Pittsburgh Cancer Institute“. Moore ist Professor und Direktor des Krebsvirologie-Programms am „University of Pittsburgh Cancer Institute“.

    HHV-8 ruft das sogenannte Kaposi-Sarkom hervor. Das ist ein bösartiger Tumor der Blutgefäßzellen, der mit seinen markanten roten oder purpurfarbenen Flecken schon mit bloßem Auge auf der Haut zu sehen ist. Das Kaposi-Sarkom tritt vor allem bei Patienten mit Aids auf. Vor der Immunschwäche war es eine äußerst seltene Erkrankung mit weniger als einer Handvoll Betroffener pro einer Million Einwohner in den westlichen Industrienationen. Mit der Immunschwäche schnellten die Erkrankungszahlen in die Höhe, allerdings sind sie durch die hochwirksame antivirale Therapie wieder zurückgegangen. In Afrika gehört das Kaposi-Sarkom zu den häufigsten Krebserkrankungen, weil dort nicht jeder Aidskranke Zugang zu den hochwirksamen AIDS-Medikamenten hat und weil die Menschen dort generell häufiger mit HHV-8 infiziert sind. Deshalb haben in Afrika von vorneherein mehr Aids-Kranke ein Kaposi-Sarkom als in anderen Teilen der Welt. HHV-8 verursacht noch zwei weitere seltene Tumorerkrankungen: das primäre Effusionslymphom und den Morbus Castleman. Das zweite von Chang und Moore entdeckte Tumorvirus MCV ist für einen sehr seltenen, aber sehr bösartigen Hauttumor verantwortlich, das sogenannte Merkelzell-Karzinom. Dieser entsteht in den Merkelzellen der Haut, die für die Wahrnehmung der Vibrationen verantwortlich sind.

    Einige Tumorviren sind selten, andere gehören zur gängigen Mikroben-Ausstattung des menschlichen Körpers, wie etwa MCV oder das Epstein Barr-Virus. Wenn jeder mit MCV oder Epstein Barr-Viren infiziert ist, warum erkrankt dann nicht jeder an Krebs? Die Tumorviren sind zwar für die Krebsentstehung notwendig, aber es müssen noch weitere Faktoren hinzukommen, damit sich tatsächlich ein Tumor bildet. Es müssen zum Beispiel wichtige Kontrollinstanzen innerhalb der Zelle außer Gefecht gesetzt werden. Auch das Immunsystem muss geschwächt sein. Erst dann kommen die Tumorviren zum Zuge.

    Starthilfe von der Epidemiologie
    Wie haben Chang und Moore die beiden Viren entdeckt? Den Anfang machte HHV-8. In den 1980er Jahren waren in den Vereinigten Staaten ungewöhnlich viele Kaposi-Sarkome bei Aids registriert worden. Harald Jaffe und Valerie Beral von der Universität Oxford hatten allein durch epidemiologische Analysen gezeigt, dass diese Sarkome durch einen Infektionserreger bedingt sein müssen, dass dieser Infektionserreger mit ziemlicher Sicherheit durch Sexualkontakte übertragen wird und dass er durch die Immunschwäche seinen großen Auftritt erhält. Die Veröffentlichung der Briten führte dazu, dass vielerorts fieberhaft nach dem Infektionserreger gesucht wurde, aber ohne Erfolg.

    „Wer nach neuen Tumorviren sucht, muss eher nach deren Genen suchen, nicht nach den Viren“, sagt Patrick Moore. „Viren vermehren sich in der Regel nicht mehr in Tumorzellen. Deshalb gibt es dort auch keine großen Mengen an Viruspartikeln, die man finden könnte, aber es gibt virale Gene.“ Chang und Moore suchten nach diesen Genen und subtrahierten dafür das gesamte menschliche Genom vom Genom der Tumorzellen. Im besten Fall sollte nur die DNA übrigbleiben, die nicht zum menschlichen Genom gehört. Das müsste dann die DNA des neuen Tumorvirus sein. Die Preisträger hatten Glück und fanden bei ihrer Subtraktion tatsächlich zwei DNA-Schnipsel, die nicht zum menschlichen Genom gehörten, sondern zu einem neuen Herpesvirus. Sie nannten dieses Virus bei der Veröffentlichung 1994 zunächst Kaposi-Sarkom-Herpesvirus (KSHV). Später wurde es in HHV-8 umbenannt. Es gehört in die gleiche Virusfamilie wie die Erreger des Pfeiffer’schen Drüsenfiebers, der Lippenbläschen und der Gürtelrose.

    Auf der Suche nach der Kausalität
    Mit der Identifizierung von HHV-8 begann für Chang und Moore die Arbeit allerdings erst richtig, denn die beiden mussten zeigen, dass das Virus tatsächlich für die Entstehung des Kaposi-Sarkoms verantwortlich ist und nicht nur zufällig in dem verwendeten Tumormaterial gewesen war. Dieser Nachweis ist alles andere als trivial. Chang und Moore zeigten, dass alle Kaposi-Sarkome weltweit HHV-8 enthalten, und zwar nicht nur diejenigen, die im Zuge einer Aids-Erkrankung entstehen, sondern auch die seltenen, sporadisch auftretenden Erkrankungen in den USA, Europa und Afrika. Sie zeigten auch, dass die Infektion der Tumorerkrankung vorausgeht. Dafür analysierten sie eine Reihe von Blutproben, die homosexuellen Männern bei anderen Forschungsprojekten abgenommen und archiviert worden waren. Diejenigen, die bei der Blutabnahme mit HHV-8 infiziert gewesen waren und später an Aids erkrankten, entwickelten auch mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Kaposi-Sarkom. Weitere Belege für die Kausalität folgten, so dass heute kein Zweifel mehr daran besteht, dass das HHV-8 die Ursache für das Kaposi-Sarkom ist.

    Neue Strategie für MCV
    Für die Suche nach dem Virus hinter dem Merkelzell-Karzinom verfeinerten Chang und Moore ihre Strategie. Sie subtrahierten nicht mehr das gesamte humane Genom von der Tumor-DNA, sondern nur noch die Botenribonukleinsäuren, was den Umfang der Arbeit deutlich reduzierte. Und: Sie subtrahierten die Sequenzen nicht mehr im Labor bei einem Experiment, sondern digital am Computer, weil 2008 das gesamte humane Genom in Datenbanken hinterlegt worden war. Dieses verfeinerte Verfahren heißt digitale Transkriptom-Substraktion (DTS).

    Für den Nachweis, dass MCV tatsächlich für das Merkelzell-Karzinom verantwortlich ist, wählten die Preisträger einen anderen Weg als bei HHV-8. Das Herpesvirus kommt in der westlichen Welt verhältnismäßig selten vor. MCV ist dagegen bei nahezu jedem präsent. Ein Nachweis von MCV in Hunderten von Tumoren wäre kein Beleg für seine ursächliche Rolle bei der Tumorentstehung gewesen, sondern nur ein Beleg für seine Allgegenwart. Chang und Moore interessierten sich stattdessen für den Ort, an dem das Virus in die DNA der Tumorzelle integriert ist. Ein Nachweis, dass alle Zellen eines Merkelzell-Karzinoms das Virus an derselben Stelle im Genom tragen, würde beweisen, dass der Tumor aus einer einzigen Zelle mit integriertem MCV hervorgegangen ist und dass das Virus nicht später dazugekommen ist. Genau das konnten die Preisträger zeigen. Sie konnten des Weiteren zeigen, dass MCV bei anderen Patienten an anderer Stelle im Genom der Tumorzellen integriert ist. Jedes Merkelzell-Karzinom hat also einen individuellen Integrationsort, aber innerhalb eines Tumors sitzt MCV immer an der gleichen Stelle im humanen Genom. Dieser Befund und weitere Ergebnisse belegten die ursächliche Rolle von MCV beim Merkelzell-Karzinom.
    Spielen Tumorviren auch bei häufigen Tumorerkrankungen wie Brust-. Prostata- oder Lungenkrebs eine Rolle? „Wir glauben nicht, dass die häufigen Krebserkrankungen in Europa und Amerika durch Viren verursacht werden“, sagt Chang. „Virusbedingter Krebs hat mit einer geschwächten Abwehr zu tun. Bei einer Immunschwäche ist man anfälliger für virusbedingten Krebs. Das trifft bei Brust- und Prostatakrebs nicht zu. Die Erkrankungsraten für diese Tumore sind bei Menschen mit einer Immunschwäche nicht größer als in der Allgemeinbevölkerung“, so Chang weiter.

    Gibt es mögliche Therapien?
    Wie sieht es mit einer Behandlung oder einem Impfstoff beim Kaposi-Sarkom oder beim Merkelzell-Karzinom aus? „Für das Merkelzell-Karzinom sind wir optimistisch“, sagt Chang. „Viele Patienten sprechen auf eine Checkpoint-Hemmung an, einige sogar mit einer kompletten Remission“. Die Checkpoint-Hemmung ist ein vielversprechendes neues Therapieprinzip bei Krebs. „Die Situation beim Kaposi-Sarkom ist für uns dagegen eine Enttäuschung“, sagt Moore. „Obwohl Forscher weltweit Kandidaten für einen Impfstoff und Zielmoleküle für die Therapie gefunden haben, gibt es wenig kommerzielles Interesse daran, tatsächlich einen Impfstoff oder eine spezifische Therapie zu entwickeln“.

    Woran arbeiten die Preisträger gerade? Die beiden suchen nicht nur nach neuen Tumorviren, sondern wollen auch verstehen, warum einige Viren Krebs auslösen, nahe Verwandte dieser Viren dagegen nicht. Was verbindet die Tumorviren und was unterscheidet sie von ihren nahen Verwandten, die keinen Krebs verursachen? Virale bedingte Tumore sind auch biologische Unfälle, - molekulare Sackgassen sozusagen. Die Viren ziehen daraus keinen Nutzen, sondern gehen früher oder später mit den Tumorzellen unter. Chang und Moore interessieren sich daher auch für die Frage, wieso es zu diesen biologischen Unfällen kommt und was man daraus für die Tumorentstehung lernen kann.

    Weitere Informationen
    Sämtliche Unterlagen der Pressemappe und Fotos der Preisträger sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt. Der Abdruck ist kostenfrei. Die ausführlichen Lebensläufe, ausgewählte Veröffentlichungen und die Publikationslisten erhalten Sie in der Pressestelle der Paul Ehrlich-Stiftung, c/o Dr. Hildegard Kaulen, Telefon: +49 (0) 6122/52718, Email: h.k@kaulen.wi.shuttle.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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