Freidenker, Alchemisten, Heterodoxe, Kriminelle, Fälscher, Spione, Magier, Radikale, Geheimbündler. Was ist all diesen Gruppen gemeinsam? Es scheint, dass solche Personen sich teilweise oder gänzlich im „Untergrund“ bewegt haben und dass es deshalb Überschneidungen und wechselseitige Kontakte zwischen ihnen gegeben hat oder gegeben haben könnte. Als „Untergrund“ kann man den sozialen Raum bezeichnen, in dem Handlungen und Identitäten von Personen systematisch verschleiert werden, oftmals, um sich der Verfolgung zu entziehen. Bisher ist der Bereich in völlig verschiedene Forschungsfelder zerteilt, die wenig oder kaum Notiz voneinander nehmen. Da ist die Forschung zur littérature clandestine (die von bestimmten, sehr auf die Radikalaufklärung spezialisierten Philosophiehistorikern betrieben wird), die historische Kriminalitätsforschung (seit den 1970er-Jahren ein wichtiger Zweig der Sozialgeschichte und historischen Anthropologie), die religionsgeschichtliche Sektenforschung (betrieben von Theologen und Historikern), die Zensur-Forschung (von Buchhistorikern) und die historische Politikforschung (etwa über Jakobiner), ganz zu schweigen von Spezialuntersuchungen zur Geschichte der Magie, Alchemie, Wirtschaftsgeschichte und anderer Bereiche.
Kaum hat es Versuche gegeben, den „Untergrund“ in seiner Vielfältigkeit und in seinen Überschneidungen zu sehen. 1996 hat Peter Burke eine „Map of the Underground“ skizziert, doch diese Idee hat bisher noch keine wirkliche Ausführung erhalten. Deshalb scheint es fruchtbar, eine interdisziplinäre Erforschung des „Untergrunds“ in Angriff zu nehmen und methodisch zu reflektieren. Das Seminar in Gotha wird jungen Forschern die Möglichkeit geben, Themen ihrer Arbeiten in der Gruppe vorzustellen und zu diskutieren, so dass Bezüge zu anderen Disziplinen sichtbar werden.
Der Untergrund im 18. Jahrhundert hat sich gegenüber dem des 16. und 17. Jahrhunderts verändert. Besonders die Bücher Robert Darntons zeigen, wie sehr die verbilligten Preise für Bücher und die Vergrößerung der Leserschaft zusammen mit den neuen Aufklärungsideen den Geheimbuchhandel über Ländergrenzen hinweg haben florieren lassen. Die Werke Jonathan Israels und John Pococks geben einen Einblick in das weite Spektrum an Inhalten und die Verschiedenheiten der regionalen Kulturen von Aufklärung, was sich auch in den Verschiedenheiten der Untergrundkulturen spiegelt. Welche regionalen Besonderheiten gibt es hier, welche spezifischen Bedingungen von Zensur, Verfolgung und Verbergen? Im Seminar soll es zum einen um die Praktiken des Untergrunds gehen, um Geheimhaltung, Anonymität, Pseudonymität, Chiffrierung, Anspielungen, zweitens um Inhalte des Untergrunds und drittens um Verfolgung und Vergesellschaftung.
Wie jedes Jahr werden die Ergebnisse des Seminars bei Honoré Champion Éditeur (Paris) in der Reihe „Lumières internationales“ publiziert. Bewerbungen werden bis zum 31. März 2013 (Poststempel) erbeten.
Hinweise zur Teilnahme:
Das Seminar, das von Prof. Dr. Martin Mulsow von der Universität Erfurt geleitet wird, ist auf 15 Teilnehmer beschränkt.
Termin:
26.08.2013 - 30.08.2013
Anmeldeschluss:
31.03.2013
Veranstaltungsort:
Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt
Schloss Friedenstein
99867 Gotha
Thüringen
Deutschland
Zielgruppe:
Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
international
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Religion, Sprache / Literatur
Arten:
Seminar / Workshop / Diskussion
Eintrag:
01.03.2013
Absender:
Carmen Voigt
Abteilung:
Pressestelle
Veranstaltung ist kostenlos:
nein
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event42665
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