Behinderte und psychisch Kranke wurden in der stalinistischen Sowjetunion diskriminiert, und viele von ihnen überlebten die nationalsozialistische Mordpolitik nicht. Nach 1945 blieben sie in der UdSSR, im Ostblock und auch im Westen als Opfer des Zweiten Weltkrieges vergessen. Der Vortrag wird der Frage nachgehen, wie sich die Lage von kranken und behinderten Menschen zwischen 1917 und 1991 in der UdSSR, im Ostblock und auch im postsowjetischen Raum gestaltet hat. Einerseits wird die Situation jener Gruppen vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion beleuchtet, vor allem hinsichtlich des Gesundheitswesens und einer vermeintlichen Eugenik sowjetischer Prägung. Außerdem wird die Darstellung von Behinderten in der sowjetischen und der NS-Propaganda thematisiert, ebenso wie der Verlauf der nationalsozialistischen Kranken- und Behindertenmorde in den besetzten Gebieten Osteuropas. Bis heute stellt sich schließlich die Frage: Wie lässt sich die schleppende Aufarbeitung dieser Verbrechen nach 1945 erklären?
Beim Vortrag werden die Referenten auf diese wenig erforschten Probleme eingehen und sich dabei auf bislang kaum zugängliches Quellenmaterial stützen. Die umfangreichen, lange Zeit gesperrten postsowjetischen Archiv- und Bibliotheksbestände wurden im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes von Wissenschaftlern aus Weißrussland, Russland, Deutschland und der Ukraine ausgewertet. Die Forschungen wurden von der Gerda Henkel Stiftung ermöglicht.
Dr. Alexander Friedman hat an der Staatsuniversität Weißrusslands Geschichte studiert sowie Neuere und Neueste Geschichte, Philosophie und Deutsch als Fremdsprache an der Universität des Saarlandes. Während des Studiums in Minsk war er Leiter der Abteilung Geschichte am jüdischen College Aish haTorah, Redakteur bei der jüdischen Zeitung Berega und Tutor des Kurses Geschichte der Juden in Osteuropa an der Open University of Israel (Minsk). Seit seiner Promotion 2009 an der Saar-Uni lehrt und forscht er unter anderem an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, der Universität des Saarlandes, im Rahmen von Yad Vashem und der Hochschule Sciences Po Paris in Nancy.
Prof. Dr. Rainer Hudemann lehrte bis 2013 im Bereich Neuere und Neueste Geschichte an der Universität des Saarlandes. Ab 2009 leitete er außerdem das Frankreichzentrum an der Saar-Uni. 2010 erhielt er den Ruf als „Professeur d‘Histoire contemporaine de l‘Allemagne et des pays germaniques“ an die Universität Paris-Sorbonne. Seine Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem die deutsche und französische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, die Geschichte der Europäischen Integration, die Faschismen in Europa sowie die Geschichte des Saarlandes.
Die Ergebnisse ihres Forschungsprojektes haben Alexander Friedmann und Rainer Hudemann 2016 in ihrem Buch „Diskriminiert – vernichtet – vergessen“ veröffentlicht: http://www.steiner-verlag.de/titel/60735.html
Kontakt:
Prof. Dr. Rainer Hudemann
E-Mail: hudemann@mx.uni-saarland.de
Hinweise zur Teilnahme:
Termin:
22.06.2017 18:00 - 19:30
Veranstaltungsort:
Politische Akademie der Stiftung Demokratie Saarland, Europaallee 18
66113 Saarbrücken
Saarland
Deutschland
Zielgruppe:
Wissenschaftler, jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
regional
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
13.06.2017
Absender:
Gerhild Sieber
Abteilung:
Pressestelle der Universität des Saarlandes
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event57778
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