Von Montaigne über Nietzsche bis David Foster Wallace ist das Ressentiment stets als eines jener Gefühle beschrieben worden, die „klein“ genannt werden können, weil sie niedrig und gemein sind. Es vergiftet die Seele und lebt sich aus in Gewaltfantasien. Es ist ein Gefühl, das nicht so sehr klein ist, sondern klein macht, ein Verderber des Lebens und des Denkens. Ressentiment ist als Begriff schwer zu übersetzen ist und wird zumeist ähnlich wie das englische resentment im Sinne von Groll, Missgunst oder Übelnehmen gebraucht wird. Wenn man allerdings wie der "Spiegel" in einer seiner letzten Ausgaben mit Blick auf den Autor eines bestimmten Machwerks zum Thema "Islam" treffend von "Technikern des Ressentiments" spricht, so spürt man unterhalb und als Fundament der gerade angesprochenen Missgunst ein komplexeres Miasma an gemischten Gefühlen, die allerdings derart unangenehm sind, dass sie es als solche schwer haben, zu Bewusstsein zu kommen. Denn wenn sie bewusst wären, würden sie kein gutes Licht auf den eigenen Charakter werfen, was wir natürlich stets sorgfältig zu vermeiden versuchen, vor anderen ebenso wie vor uns selbst.
Der Vortrag des Philosophen Markus Rautzenberg konzentriert sich auf die spezifische Form dieses Gefühls, denn das Ressentiment ist auf Dauer angelegt. Es hängt an Erinnerung, Wiederholung, Gedächtnis. Nie weit entfernt von der Neurose, aber doch auch nicht einfach individualpsychologisch erklärbar. Gibt es hieraus einen Ausweg?
Referent:
Markus Rautzenberg, Professur für Philosophie am Fachbereich Gestaltung der Folkwang Universität der Künste, Essen
Über die Reihe "Kleine Gefühle":
Starke Gefühle erlangen seit jeher in Presse wie Wissenschaft viel Aufmerksamkeit: Hass tritt aller Orten auf, Liebe wird als Gegenmittel angerufen, vermisst oder als Utopie denunziert. Mitgefühl wird eingefordert, Trauer zelebriert, Überlegenheit genossen, Ohnmacht verteufelt.
In einer Vorlesungsreihe möchten wir uns mit den sogenannten „kleinen Gefühlen“ beschäftigen, zu denen wir nicht nur jene rechnen, die niedriger dosiert sind als ihre umwerfenden Gegenstücke auf der Liebe-Hass-und-Edelmut Seite, sondern auch solche, die als niedere Empfindungen das weniger beliebte Gefühl des Hochnotpeinlichen auslösen. Zusammengefasst: wir interessieren uns in dieser Reihe für alles, was „die Weisheit, die von oben kommt“ untergräbt, „die irdische, weltliche, teuflische Weisheit“ (Jak. 3, 15) in Form jener Gefühle, über die keiner gern spricht, außer bei uns.
Kontakt und Organisation:
Hanna Engelmeier, Literaturwissenschaftlerin am KWI
Leitung:
Julika Griem, Jan Wilm, Hanna Engelmeier
Hinweise zur Teilnahme:
Termin:
23.10.2018 18:00 - 20:00
Veranstaltungsort:
Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)
Gartensaal
Goethestraße 31
45128 Essen
Nordrhein-Westfalen
Deutschland
Zielgruppe:
Wissenschaftler, jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik, Sprache / Literatur
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
05.10.2018
Absender:
Miriam Wienhold
Abteilung:
Pressestelle
Veranstaltung ist kostenlos:
nein
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event61734
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