Xavier Naidoo, der im schwarzrotgoldenen Dress (inklusive Deutschlandfahne) zum Halbfinale der Fußball-WM 2006 im ‚WM-Studio‘ des ZDF auftritt; die extrem rechte ‚identitäre‘ Combo Les Brigandes, die im Video zu ihrem Song „L’heure de dire adieu“ die französische Trikolore gleichsam beerdigt; das Wertungssystem „…12 points“ beim alljährlichen Eurovision Song Contest; die US-‚Poppräsidenten‘ Bill Clinton und Barack Obama; die Preiskategorien ‚national‘ bzw. ‘international‘ beim mittlerweile abgeschafften ECHO; die Radioquoten in Frankreich und Deutschland; die fortwährende Rede von der ‚British Invasion‘ während der 1960er Jahre; die seit 2015 bei Routledge erscheinende „Global Popular Music Series“, deren Einzelbände fast ausnahmslos „Made in hier bitte einen Nationalstaat einfügen“ heißen usw.: Die Aufzählung an Beispielen, in denen Pop mit ebenso repräsentativen wie affirmativen Symbolen, Haltungen und Handlungen ‚des Nationalen‘ aufgeladen bzw. verknüpft wird, ließe sich beinahe endlos fortsetzen.
Ganz gleich, ob ‚Nation‘ nun als „allgemeines Modell der Beziehung zwischen Staat und Volk“ (Eric Hobsbawm 2004) oder als „an imagined political community“ (Benedict Anderson 1983) verstanden wird: Angesichts „der weiterhin gegebenen Notwendigkeit, der faktischen und analytischen Berücksichtigung von ‚Nation‘ Genüge [zu] tun, ohne erneut dem methodischen Nationalismus zu verfallen“ (Maria Alexopoulou 2016), stellt die systematisch ‚falsche‘, aber gesellschaftspolitisch äußerst wirkmächtige Ineinssetzung von Volk und Nation, die dem Nationalismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts geschuldet ist, nicht nur Politik- und Geschichtswissenschaft vor enorme Herausforderungen, sondern auch die Popularmusikforschung.
Als „radikaler Nationalismus“ (Gideon Botsch 2011) bricht Nationalismus sich auch in Popularmusik Bahn, sei es im RechtsRock, im Turbofolk, in der fortgesetzten Rede von der ‚Leitkultur‘ der „deutschesten aller Künste“ oder in „Gotta Get a Grip“, Mick Jaggers Begleitsong zum Brexit. Zugleich und allen Popnationalismen zum Trotz sind Internationalität und Globalismus zentrale Parameter für Sein und Werden von Popularmusik, angefangen bei den nur auf den ersten Blick ‚nationalismusfreien‘ Genrekonstruktionen wie ‚world music‘ über die transnationalen Verflechtungen weltweiter wirtschaftlicher und/oder medialer Popmärkte bis hin zu den immer wieder behaupteten „internationalen Standards“, mit denen Helene Fischer als „Alles-in-allem deutscher Popkultur“ angeblich „mithalten kann“.
Aufgabe der 29. Jahrestagung der GfPM 2019 soll dementsprechend sein, ‚Nation‘ als popmusikalische Kategorie kritisch zu reflektieren und (vor allem, aber nicht nur) die beiden früheren GfPM-Tagungsthemen „Typisch deutsch?“ (Gießen 2013) und „Speaking in Tongues“ (Osnabrück 2014) vor der Folie ‚Nation‘ zu aktualisieren und zugespitzt zusammenzuführen.
Es liegt auf der Hand, dass das Schwerpunktthema der Tagung notwendig einer interdisziplinären Perspektivierung bedarf, weshalb wir uns außerordentlich über die folgenden Zusagen für die Keynotes zum Tagungsthema freuen:
• Maria Alexopoulou (Geschichtswissenschaft, Universität Mannheim)
• Gideon Botsch (Politikwissenschaft, Universität Potsdam)
• Keith Kahn-Harris (Soziologie, Birkbeck College & Leo Baeck College London)
Das komplette Programm finden Sie online unter
http://www.popularmusikforschung.de/pdf/Programm%20GfPM%202019.pdf
Die 29. Jahrestagung der GfPM 2019 wird großzügig unterstützt durch
• Landesmusikrat Rheinland-Pfalz
• pop rlp – Kompetenzzentrum Popularmusik Rheinland-Pfalz
• Kompetenznetzwerk ‚Demokratie Leben!‘ Rheinland-Pfalz
• Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz
Hinweise zur Teilnahme:
Anmeldung erbeten unter
http://www.popularmusikforschung.de/anmeldung/index.html
Termin:
01.11.2019 ab 14:00 - 03.11.2019 13:00
Veranstaltungsort:
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Philosophicum
Hörsaal Musikwissenschaft sowie die Hörsäle P3 und P4
Jakob-Welder-Weg 18
55128 Mainz
Rheinland-Pfalz
Deutschland
Zielgruppe:
Studierende, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Musik / Theater, Politik
Arten:
Konferenz / Symposion / (Jahres-)Tagung
Eintrag:
24.09.2019
Absender:
Petra Giegerich
Abteilung:
Kommunikation und Presse
Veranstaltung ist kostenlos:
nein
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event64722
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