Mit dem Problem von »Einheit und Vielheit« widmet der 1. Teil der Konferenzserie sich einer Kernfrage des europäischen Umgangs mit Differenz. Dieser soll, wie der Untertitel »Europa pluralisieren?« anzeigt, zugleich als Forschungsperspektive und als historischer Gegenstand verstanden werden.
Zum einen sollen die gegenwärtigen Selbstbeschreibungen Europas und normativ aufgeladene Diagnosen historisch-kritisch überprüft werden. Anstatt deklamatorisch bestimmte »Charakteristika« Europas wie Toleranz, Diversität oder Pluralismus festschreiben zu wollen, wird die Tagung untersuchen, wie Andersartigkeit und Ungleichheit in der europäischen Geschichte der Neuzeit reguliert und begrenzt, aber auch hergestellt und bewahrt wurden. Zum anderen werden die Referate exemplarisch herausarbeiten, wie sich die Wertschätzung kultureller, sozialer und religiöser Vielfalt historisch wandelte, und welche Ordnungs- und Einheitsvorstellungen den Pluralisierungsprozessen in europäischen Gesellschaften entgegengesetzt wurden.
Die erste Sektion »Mobilität und Pluralisierung« wird danach fragen, wie sich raumbezogene Mobilität auf politische, soziale, kulturelle und religiöse Zugehörigkeiten auswirkte, welche Strategien und Mechanismen der Vereindeutigung, Ambiguität und Dissimulation dabei griffen und wie sich verschiedene Differenzkategorien zueinander verhielten. Diese historisch ausgerichteten Fachvorträge werden durch eine systematisch-interdisziplinäre Diskussionsrunde zur Praxis des Vergleichens, zum Theorieprojekt der Humandifferenzierung und zur kulturwissenschaftlichen Herausforderung des Befunds der »Ähnlichkeit« abgerundet. Die zweite Sektion »Ordnungsmodelle und Pluralisierung« nimmt historische Verfahren im Umgang mit religiöser Vielfalt in den Blick und fragt danach, unter welchen Umständen sich Duldung, Akzeptanz oder Wertschätzung von Vielfalt entwickelten bzw. abgelehnt wurden, und wie bestimmte Akteure ihre freiwillige oder erzwungene Marginalisierung einsetzten, um ihre Positionen zu artikulieren. Schließlich wird eine Reihe von Impulsen die Doppelperspektive der Konferenz – Einheit und Vielheit zwischen historischem Gegenstand und Forschungsperspektive – anhand der Konzepte Ambiguitätstoleranz, Vereindeutigung, Diversität/Pluralisierung und Ökumene resümierend bündeln.
Programm
Montag, 2. November 2020
13:00–13:15
Johannes Paulmann (Mainz):
Begrüßung und Einführung
Sektion 1: Mobilität und Pluralisierung
Moderation: Markus Müller (Mainz)
13:15–13:30 Sarah Panter (Mainz):
Zur Einführung: Mobilität – Marginalisierung – Pluralisierung. Forschungsperspektiven auf Mobilität und die Herstellung von Differenzen und Zugehörigkeit
13:35–13:55 Thomas Weller (Mainz):
Fließende Grenzen. Mobilität und Zugehörigkeiten im iberischen Atlantik
13:55–14:15 Diskussion
Moderation: Stanislau Paulau (Mainz)
14:40–15:00 Raingard Esser (Groningen):
Konfessionsmigration
15:00–15:20 Diskussion
15:25–15:45 Marian Füssel (Göttingen):
Differenzwahrnehmung und -praktiken im Siebenjährigen Krieg: Mikrogeschichtliche Perspektiven auf einen globalen Konflikt
15:45–16:05 Diskussion
Moderation: Bernhard Gißibl
16:30–16:50 Anne Friedrichs (Mainz):
Differentiating mobilities, mobilizing differences. Für eine transeuropäische Geschichtsschreibung von Zugehörigkeit im 19. und 20. Jahrhundert
16:50–17:10 Diskussion
17:15–17:35 Regina Römhild (Berlin):
Post-migrantische Gesellschaften im Europa der Gegenwart
17:35–17:55 Diskussion
Dienstag, 3. November 2020
09:00–10:30
Vergleichen, Differenzieren, Ähnlichkeiten analysieren – eine interdisziplinäre Diskussion
Moderation: Johannes Paulmann (Mainz)
Willibald Steinmetz (Bielefeld): Vergleichen als historische Praxis
Stefan Hirschauer (Mainz): Humandifferenzierung – ein Theorieprojekt
Dorothee Kimmich (Tübingen):
Ähnlichkeit als kulturwissenschaftliche Herausforderung
Sektion 2: Ordnungsmodelle und Pluralisierung
Moderation: Henning P. Jürgens (Mainz)
11:00–11:15 Christian Witt (Mainz):
Zur Einführung: Christentumsgeschichtliche Überlegungen zu Pluralität, Konflikt und Pazifizierung
11:15–11:35 Christopher Voigt-Goy (Mainz):
»Religionsfrieden«: Konfessionelle Ordnungsentwürfe im europäischen Kontext
11:35–11:55 Diskussion
12:20–12:40 Tijana Krstić (Budapest):
›Confessionalization‹ of Sunni Islam? Utility and Limits of the Concept in the Early Modern Ottoman Context
12:40–13:00 Diskussion
Moderation: Gregor Feindt (Mainz)
14:30–14:50 Dean Phillip Bell (Chicago):
Jüdische Gemeinschaften in der europäischen Neuzeit. Zwischen Marginalität und Emanzipation
14:50–15:10 Diskussion
15:15–15:35 Urszula Pękala (Mainz):
Einheit in der Vielheit? Versöhnung zwischen theologischem Konzept und politischer Handlungspraxis
15:35–15:55 Diskussion
16:20–18:00
Europa pluralisieren? Resümierende Impulse
Moderation: Irene Dingel (Mainz)
Barbara Stollberg-Rilinger (Berlin):
Chancen und Risiken des Konzepts Ambiguitätstoleranz
Thomas Bauer (Münster):
Vereindeutigung als Marginalisierung?
Till van Rahden (Montréal):
Diversität – Pluralisierung: wissenschaftliche und politische Interessen
Friederike Nüssel (Heidelberg):
Ökumene im Kontext von Ordnungsstreben und Pluralisierung
18:00 Irene Dingel
Schlusswort
Hinweise zur Teilnahme:
Die Veranstaltung findet als WebEx-Videokonferenz statt.
Termin:
02.11.2020 ab 12:00 - 03.11.2020 18:00
Veranstaltungsort:
Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) Mainz
55116 Mainz
Rheinland-Pfalz
Deutschland
Zielgruppe:
Journalisten, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Religion
Arten:
Konferenz / Symposion / (Jahres-)Tagung
Eintrag:
20.10.2020
Absender:
Stefanie Mainz
Abteilung:
Öffentlichkeitsarbeit
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event67156
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).