Organisationen, nicht zuletzt Wirtschaftsorganisationen, können sich heutzutage legitimatorisch nicht länger – wenn sie es je konnten – allein auf das Prinzip strukturell-funktionaler Differenzierung beziehen. Angesichts von Gesellschaftsdiagnosen, die die kulturelle Binnenpluralität und Heterogenität von Gegenwartsgesellschaften in den Mittelpunkt stellen (etwa Diagnosen ‚postmigrantischer‘ Gesellschaften), richtet sich auch an Organisationen die Erwartung, dies in ihren Formalstrukturen und zunehmend auch in ihren operativen Abläufen in Rechnung zu stellen. Angesichts dieses legitimatorischen Drucks verwundert es nicht, dass Organisationen hierzu Konzepte und Idiome aufgreifen, die nicht aus einem organisationalen Kontext, sondern aus gesellschaftlichen Debatten und Konflikten stammen. Das Idiom der Diversität, das im Kontext der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung artikuliert wurde, ist hierfür ein markantes Beispiel. Mein Vortrag erstellt ein hypothetisches Szenario: Was geschähe, würden (Wirtschafts-)Organisationen versuchen, sich das Konzept der Transkulturation – nicht zu verwechseln mit dem der Transkulturalität – zu eigen zu machen? Hierzu verortet Langenohl das Konzept erstens in seinem Entstehungs- und Anwendungskontext postkolonialen Denkens in Lateinamerika, vergleichbar etwa mit dem Konzept der ‚Hybridität‘. Zweitens rekonstruieret der Vortrag die Verschaltungen kultureller und ökonomischer Analyseebenen, die Transkulturation in der Version Fernando Ortiz‘ aufwies, dem zufolge das Kuba seiner Gegenwart (der 1940er Jahre) sowohl in kultureller wie ökonomischer Hinsicht als Resultat von transculturación zu denken war. Diese ökonomische Analyseebene, die untrennbar mit der kulturellen verwoben bleibt, wird dann drittens zum Ausgangspunkt genommen, um die ‚Aneigenbarkeit‘ von Transkulturation seitens (Wirtschafts-)Organisationen und deren mögliche Folgen zu diskutieren.
ÜBER DIE REIHE
Organisationskulturen sind seit den 1980er Jahren Gegenstand intensiver organisationswissenschaftlicher Forschung. Die Organisationskultur oder auch „corporate culture“ umfasst dabei so diverse Sachverhalte wie beispielsweise Leistungsmotivation, Führungsverhalten, corporate identity, Symbole, Gemeinschaftsbildung, Entscheidungsstrategien, Rituale, Führungsverhalten, Leitwerte, Innovationen. Mit dem Faktor Kultur wird ein organisationales Phänomen bezeichnet, von dem ein eigenständiger Beitrag zum Handeln von Organisationen ausgeht. Entsprechend lässt sich der kulturelle Einfluss, je nachdem, ob man sich von ihm Veränderungsimpulse erhofft oder die stabile Reproduktion bewährter Handlungsroutinen erwartet, als funktional bzw. dysfunktional für Organisationen einordnen. Die KWI-Reihe Organisationskulturen | Kulturen der Organisation erörtert die kulturelle Dynamik von Organisationswirklichkeiten, ihre strukturelle Trägheit aber auch ihre enorme Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit an plurale und heterogene Umwelten.
REFERENT
Andreas Langenohl, Justus-Liebig-Universität Gießen
KOORDINATION & MOERATION
Il-Tschung Lim, KWI-Fellow
Hinweise zur Teilnahme:
TEILNAHME & ANMELDUNG
Teilnahme für Externe nur online via ZOOM. Anmeldung bei Emily Beyer unter emily.beyer@kwi-nrw.de bis zum 3. Mai 2022.
Termin:
04.05.2022 ab 18:00
Anmeldeschluss:
03.05.2022
Veranstaltungsort:
Goethestr. 31
45128 Essen
Nordrhein-Westfalen
Deutschland
Zielgruppe:
Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik
Arten:
Seminar / Workshop / Diskussion, Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
06.04.2022
Absender:
Miriam Wienhold
Abteilung:
Pressestelle
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event71248
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