In Kriegsgebieten sind sowohl Opfer als auch Täter enormen Formen von Gewalt ausgesetzt. Diverse Forschungen haben gezeigt, dass eine Person, die akkumulativ traumatischen Erfahrungen ausgesetzt ist - was organisierte Gewalt miteinschließt - ein erhöhtes Risiko hat an einer traumabezogenen Störung zu erkranken. Dies schließt die Posttraumatische Belastungsstörung, Depression oder Substanzmissbrauch mit ein. All dies sind Störungen, die häufig mit Opfern von bewaffneten Konflikten assoziiert werden und welche Verzeihen und Versöhnung verhindern.
Es ist jedoch bekannt, dass auch das Ausüben von Gewalt (beispielweise Folter und Vergewaltigung) zu eigenen Traumatisierungen, zu Angst und Horror bei den Tätern führen kann. Gleichzeitig zeigen aktuelle Forschungen in vielen Fällen jedoch auch eine umgekehrte Beziehung zwischen Tendenzen zu Gewaltausübung und Trauma. Demnach können Gewaltstimuli und Gewaltakte auch eine anziehende Komponente enthalten und von Tätern positiv wahrgenommen werden. In diesem Fall bildet sich eine Faszination an Aggression und ein Verhalten, das versucht, anderen Personen zu schaden, um die positiven mit Gewalt verbundenen Effekte zu erleben.
Auf Grundlage ihrer eigenen Forschungen mit Demobilisierten - ehemaligen Soldaten - in Kolumbien nimmt Dr. Claudia Bueno in diesem Vortrag die verschiedenen Effekte in den Blick, die das Ausüben von Gewalt auf Menschen haben kann.
---
Zur Person:
Dr. Bueno hat an der Universität Konstanz im Fachbereich der klinischen Psychologie mit Schwerpunkt Traumafolgestörungen promoviert. Dabei hat sie mittels diverser epidemiologischer Studien die Traumaexposition und die psychische Belastung von Tätern und Opfern durch organisierte Gewalt in lateinamerikanischen Kriegsregionen untersucht. Am Kompetenzzentrum für Psychotraumatologie der Universität Konstanz bildete sie sich über viele Jahre in traumafokussierten Verfahren aus und arbeitete mit Flüchtlinge mit Traumafolgestörungen aus unterschiedlichsten Kriegsregionen. Hierbei wendete sie vor allem die Narrative Expositionstherapie (NET) an, einem verhaltenstherapeutischen Verfahren für die Behandlung Überlebender mit multiplen und komplexen Traumatisierungen. Sie supervidierte auch lokale PsychologInnen in Diagnostik und Behandlung von Traumafolgestörungen bei illegalen Ex-Kombattanten in Kolumbien. Sie war zudem Hochschuldozentin in lateinamerikanischen Universitäten und ist seit dem Sommersemester 2021 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Rostock.
---
Zur Vortragsreihe:
Unsere Gesellschaft befindet sich in einem Prozess beständigen Wandels. In den letzten Jahren hat dieser Prozess auf einigen Ebenen krisenhafte Ausformungen angenommen. Die Klimakrise, die Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg und damit einhergehend neue Flucht- und Migrationsbewegungen haben das Leben vieler Menschen erschüttert und bisherige Lebensweisen und Gewissheiten aufgelöst. Dabei ist die Gesellschaft zunehmend mit Spannungen und Konflikten konfrontiert, die Gefahren der Eskalation und Spaltung mit sich bringen.
Wie kann die Psychologie – mit ihrer Doppelrolle als Wissenschaft und als Profession – an dieser Stelle unterstützen? Welche gesellschaftlichen Aufgaben hat sie in Zeiten von Krisen, Konflikten und Unsicherheiten? Welche Beiträge kann sie bei der Weiterentwicklung einer lebenswerten Gesellschaft leisten und wie kann sie gesellschaftlichen Zusammenhalt und Resilienz fördern? Diesen Themen widmet sich die Vortragsreihe „Psychologie und Gesellschaft“, die die Psychologische Hochschule Berlin (PHB) in Kooperation mit der Sektion Politische Psychologie des Berufsverbandes deutscher Psychologinnen und Psychologen ins Leben gerufen hat.
Hinweise zur Teilnahme:
Der Vortrag findet vor Ort im Hörsaal der Psychologischen Hochschule Berlin (PHB) statt. Anmeldungen sind über die Website der Universität möglich.
Termin:
19.07.2022 19:00 - 20:00
Veranstaltungsort:
Am Köllnischen Park 2
Hörsaal im Erdgeschoss
10179 Berlin
Berlin
Deutschland
Zielgruppe:
Studierende, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
lokal
Sachgebiete:
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Psychologie
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
11.07.2022
Absender:
Cornelia Weinberger
Abteilung:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event72054
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).