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Veranstaltung


08.09.2004 - 10.09.2004 | Greifswald

Das Kantorat im Ostseeraum im 18. Jahrhundert

Bewahrung, Ausweitung und Auflösung eines kirchenmusikalischen Amtes
10. Internationale Konferenz "Musica baltica"

Die Musikgeschichte der evangelisch-lutherisch geprägten Gebiete ist in entscheidendem Maße vom Wirken der städtischen Kantoren geprägt. Als Lehrer und Musiker erfüllten sie in Zusammenarbeit mit Organisten, Stadtmusikanten und Kantoreisängern einen gleichermaßen humanistisch wie auch theologisch geprägten Bildungsauftrag und profitierten von der Hochschätzung der gottesdienstlichen Musik durch Martin Luther. Ihr Amt und damit ihre Musikpflege gründet auf festen institutionellen (Lateinschule/Kantorei) wie finanziellen (Stiftungen/Testamente) Rahmenbedingungen.
Im 18. Jahrhundert veränderte sich die doppelte Integration und die damit verbundene Rolle der Kantoren durch Entwicklungen, für die Schlagworte wie "Verbürgerlichung der Kunst" (Preussner) oder "Strukturwandel der Öffentlichkeit" (Habermas) stehen können. Die enge Einheit von Theologie und Bildungsidee löst sich auf; es entstehen außerinstitutionelle Formen der Musikausbildung; Gattungen bzw. Institutionen wie Oper und Konzert bieten neue Orientierungsmuster sowie Betätigungs- und Einkommensmöglichkeiten. Im Zuge dieses Strukturwandels ging das traditionelle Amtsprofil des Kantors in neuen Berufen wie Musiklehrer, Konzertunternehmer und Verleger weitgehend auf.
Auch wenn viele Kantorate bis zu ihrer Auflösung im 19. Jahrhundert fortbestanden, existierten sie doch nur noch in stark eingeschränkter Form. Während einigermaßen deutlich erkennbar ist, daß das Stadtmusikantentum in dieser Situation nicht mehr konkurrenzfähig sein konnte, sind die Reaktionen der Träger der Schulen, der Schulen selbst, der Kirchenbehörden und vor allem der Kantoren auf die neuen Entwicklungen noch viel zu wenig bekannt. Erforscht wurde vor allem die hamburgische Umformung der Kirchenmusik und des Kantorats nach dem Tode Carl Ph. E. Bachs (1788-90), kaum aber die Situation der Kantorate in den Städten gerade des Ostseeraums. Daß es aber sinnvoll ist, auch hier nach solchen Entwicklungen zu fragen, legt nicht nur die reichhaltige Musikgeschichte dieser Städte vor 1700 nahe. Mit dem Wirken beispielsweise des Schweriner Domkantors Stößinger, dem Kantor-Organisten Georg Michael Telemann in Riga oder dem ausgeprägten Interesse der Danziger Kapellmeister an St. Marien, Mohrheim und Löhlein, am Konzertleben der Stadt wird die Notwendigkeit solcher Untersuchungen erkennbar.
Verbunden mit der struktur-, sozial- und berufsgeschichtlichen Problematik des Kantorenamtes ist die Frage der musikalischen Beschaffenheit der in dieser von Krisenhaftigkeit geprägten Situation komponierten Kirchenmusik. Die Polemiken über die "theatralische" Kirchenmusik ebenso wie die spätere Debatte um die "wahre Kirchenmusik" verdeutlichen zur Genüge die wachsende Schwierigkeit, sich über die Beschaffenheit einer genuin liturgischen Musik zu verständigen.
Die hier genannten Teilmomente des Strukturwandels führten, je nach Ort und Region im Ostseeraum, zu unterschiedlichen Konsequenzen und Problemen für die Kantoren. Allein eine vergleichende Betrachtung wird aufzeigen können, wie Professionalisierung und Spezialisierung vieler Musikerberufe in Widerstreit zu den Aufgaben und Fähigkeiten des reformatorisch geprägten Kantorats standen und wie die Kantoren und deren übergeordnete Behörden diesen Interessenkonflikt lösten - sei es in Form der Bewahrung, der Ausweitung oder der Auflösung des protestantischen Kantorats.

10. Internationale Konferenz "Musica baltica" veranstaltet vom Institut für Kirchenmusik und Musikwissenschaft der Universität Greifswald in Zusammenarbeit mit der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart

Zielgruppe:
Musikforscher, Kantoren, Organisten, Musikpädagogen
Sachgebiete:
Musikgeschichte, musikalische Sozial- und Institutionsgeschichte, Kirchengeschichte, musikalische Aufführungspraxis

Hinweise zur Teilnahme:
Information:
Prof. Dr. Walter Werbeck, Dr. Lutz Winkler, Institut für Kirchenmusik und Musikwissenschaft,
Bahnhofstraße 48/49, Tel. 03834-863522

Termin:

08.09.2004 - 10.09.2004

Veranstaltungsort:

Alfried Krupp Wissenschaftskolleg
Martin-Luther-Straße 14
17489 Greifswald
Mecklenburg-Vorpommern
Deutschland

Zielgruppe:

Studierende, Wissenschaftler

E-Mail-Adresse:

Relevanz:

international

Sachgebiete:

Kunst / Design, Musik / Theater, Philosophie / Ethik, Religion

Arten:

Eintrag:

30.06.2004

Absender:

Sabine Köditz

Abteilung:

Hochschulkommunikation

Veranstaltung ist kostenlos:

unbekannt

Textsprache:

Deutsch

URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event11616


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