idw - Informationsdienst
Wissenschaft
01.06.2006 - 03.06.2006 | Berlin-Tiergarten
Die Sicherung der Qualität von Wissenschaft spielt eine Rolle, solange es organisierte Wissenschaft gibt. Gleichwohl haben sich die Diskussionen um Qualität wie auch die Verfahren zu ihrer Kontrolle verändert. Ein Ausdruck dieses Wandels ist die flächendeckende Einführung von Evaluationen als institutionalisierte Verfahren der Leistungsbewertung in der Wissenschaft. Damit vollzieht sich auch eine Veränderung im Qualitätsverständnis. Waren die Qualitätsmaßstäbe lange Zeit eher im Bereich des impliziten Wissens angesiedelt, beobachten wir heute umfängliche Anstrengungen, Qualität durch Anwendung systematisierter Indikatoren und Modi der Bewertung explizit zu machen.
Wissenschaftspolitisch zielt die Einführung von Evaluationen jedoch nicht nur auf die Qualitätssicherung von Forschung und Lehre, sondern oftmals auch auf eine Stärkung der finanziellen und administrativen Kontrolle von wissenschaftlichen Einrichtungen. Evaluationen entwickeln sich vor diesem Hintergrund zu einem zentralen Instrument der externen Steuerung von Wissenschaft.
Diese Multifunktionalität von Evaluationen könnte problematisch sein, da die verschiedenen Zielsetzungen nicht per se ineinander aufgehen, vielmehr auch in Spannung zueinander stehen können. Zugleich melden sich mehr und mehr auch Evaluationskritiker zu Wort. Von Kontrollmanie oder "moderner Form der Selbstgeißelung" (Weingart) ist beispielsweise die Rede, und die Zahl derer, die Evaluationen lieber heute als morgen abschaffen wollen, wächst. Besteht die Gefahr, dass hierbei ihre wichtigen Funktionen und Aufgaben in Vergessenheit geraten und das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird?
Ziel der Tagung ist es, den durch die Einführung neuer Qualitätssicherungsverfahren sich vollziehenden Wandel im Wissenschaftssystem systematischer in den Blick zu nehmen. Dies umfasst eine Reihe von Fragen, zum Beispiel: Was ist - historisch betrachtet - eigentlich neu an den modernen Verfahren? Welche herkömmlichen Praktiken und Verfahrensmodi bestehen mit ihnen - beabsichtigt oder unbeabsichtigt - weiter? Welche Indikatoren und Methoden sind geeignet, um einen von seiner Zielsetzung her so unbestimmten Gegenstand wie Wissen - insbesondere wenn es quer zu den Disziplinen liegt oder verschiedene Adressaten bedienen soll - angemessen zu bewerten? Welche latenten oder nicht intendierten Effekte sind mit der flächendeckenden Einführung von Evaluationen verbunden? Wie beeinflussen Evaluationen etwa die Wahl von Forschungsthemen, den Modus ihrer Bearbeitung oder die Strukturen der Forschung?
Mit der Diskussion dieser Fragen sollen - nicht zuletzt auch durch die Betrachtung unterschiedlicher Handlungsfelder - Möglichkeiten identifiziert werden, wie Evaluationen als Instrumente zur Qualitätssicherung und -förderung der Wissenschaft weiterentwickelt werden können.
Donnerstag, 1. Juni 2006
12.30-13.00 Uhr Anmeldung/Empfang
13.00-15.30 Uhr
Begrüßung
Frieder Meyer-Kramer (BMBF, angefragt)
Einführung
Jürgen Kocka, WZB
Evaluation und Politik: Was sind adäquate Indikatoren? (Robert Salais, Ecole Normale Supérieure de Cachan; Wissenschaftskolleg zu Berlin)
"Nur was sich messen lässt, lässt sich auch managen" Zur Veränderung der Bewertungsstrukturen in der Wissenschaft (Helga Nowotny, Wissenschaftszentrum Wien)
Diskussion
15.45-17.45 Uhr
I. Qualitätsverständnis und Praktiken des Prüfens in historischer Perspektive
Qualitätsmaßstäbe bei der Forschungsmittelvergabe historisch betrachtet (Rüdiger vom Bruch, Humboldt-Universität zu Berlin)
Kriterien, Praktiken und Entscheider bei der Selektion und Beförderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Jürgen Enders, University of Twente)
Diskussion
18.00-19.00 Uhr
II. Evaluationen als Ausdruck eines neuen Qualitätsverständnisses?
Neue Evaluationsregime - Ziele, institutionalisierte Modi und soziale Anforderungen (Stefan Hornbostel, IFQ, Bonn)
Diskussion
19.00 Uhr
Buffet, Besuch des Neuen Museums
Freitag, 2. Juni 2006
9.00-13.15 Uhr
III. Latente Funktionen und unintendierte Effekte von Evaluationen
Das Phänomen nicht intendierter Effekte und latenter Funktionen: eine theoretische Reflektion
(Dietmar Braun, Université de Lausanne)
Diskussion
Risiken einer Ökonomisierung von Wissenschaft und Möglichkeiten ihrer Vermeidung
(Bruno Frey, Universität Zürich)
Medialisierung der Wissenschaftslandschaft als Folge der neuen Evaluationskultur?
(Peter Weingart, Universität Bielefeld)
Diskussion
Evaluationen als neue Form der Disziplinierung -
ein nicht intendierter Effekt
(Martina Röbbecke, Köln)
Als Konsequenz mehr Kohärenz? Strukturelle
Wirkungen von Evaluationen (Dagmar Simon, WZB)
Diskussion
14.30-18.30 Uhr
IV. Adäquatheit von Methoden und Gegenstand
Überlegungen zur Bestimmung von Angemessenheit (Ulrike Felt, Universität Wien)
"The humanities are not taken into consideration": Brauchen wir unterschiedliche Methoden für unterschiedliche Disziplinen?
(Jacques Thomassen, University of Twente)
Qualität und Evaluation inter- und transdisziplinärer Forschung (Matthias Bergmann, Wissenschaftskolleg zu Berlin
Diskussion
Woraus speist sich die Gewissheit der Urteilskraft von EvaluatorInnen?
(Eva Barlösius, Universität Hohenheim)
Brauchen wir eine neue Wissenschaftstheorie der
Evaluation? (Marcel Weber, Universität Basel)
Diskussion
19.00 Uhr Dinner
Samstag, 3. Juni 2006
9.00-11.30 Uhr
V. Von anderen lernen?
Evaluationsansätze und ihre Effekte in anderen Politikfeldern (Thomas Widmer, Universität Zürich)
Evaluationen in der Wirtschaft - Rating-Agenturen und das Management des Beobachtetwerdens
(Torsten Strulik, Universität Bielefeld)
Organisationslernen: Der Umgang mit Routinen bei der Umsetzung von Evaluationsergebnissen
(Ariane Berthoin Antal, WZB)
Diskussion
11.30-12.00 Uhr
VI. Ausblick
(Dagmar Simon, Hildegard Matthies, WZB)
12.00 Uhr
Imbiss, Abreise
Veranstalter:
Jürgen Kocka, Hildegard Matthies, Dagmar Simon
Projektgruppe Wissenschaftspolitik
Konferenzsprache: Deutsch / Englisch
Hinweise zur Teilnahme:
Anmeldung erbeten bis zum 15. Mai 2006 an:
Karolina May-Chu, +49 30 25491-145
Fax: +49 30 25491-543
Email: may-chu@wz-berlin.de
Termin:
01.06.2006 ab 12:30 - 03.06.2006 13:00
Veranstaltungsort:
Reichpietschufer 50, Raum A 300
10785 Berlin-Tiergarten
Berlin
Deutschland
Zielgruppe:
Journalisten, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
Arten:
Eintrag:
08.05.2006
Absender:
Dr. Paul Stoop
Abteilung:
Abteilung Kommunikation
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event17086
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