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Wissenschaft
11.02.2010 - 11.02.2010 | Berlin
Der Evolutionsbiologe Theodosius Dobzhansky hat es 1973 treffend ausgedrückt: "Nichts in der Biologie ergibt einen Sinn, außer im Licht der Evolution." Heute wissen wir, dass Evolution keine Theorie, sondern Tatsache ist. Über die Mechanismen des Evolutionsprozesses gibt es einige Theorien. Die am besten belegte davon ist Darwins Selektionstheorie. Aus deren Sicht schien es allerdings paradox, dass es im Tierreich Individuen gibt, die durch ihr Verhalten den eigenen Fortpflanzungserfolg senken, den Fortpflanzungserfolg der Nutznießer dieses Verhaltens aber erhöhen. Das ist die soziobiologische Definition des "Bioaltruismus", ein auf genetischen Programmen beruhendes, dem Artgenossen dienendes, anscheinend nicht eigennütziges Verhalten.
Bei allen Ameisenarten, sozialen Bienen und sozialen Wespen sowie allen Termitenarten lässt sich ein extremer Bioaltruismus beobachten, was Darwin in Erklärungsnot brachte. Wie können solche Verhaltensweisen der scheinbar absoluten Selbstlosigkeit evolvieren, wenn jene Individuen, die dieses Verhalten zeigen, keine Nachkommen haben und deshalb diese Eigenschaften nicht vererben.
Schließlich fand Darwin mit genialer Intuition die Lösung des Problems. Es dauerte jedoch über hundert Jahre, bis man die populationsgenetischen Grundlagen der Evolution des sozialen Verhaltens und des Altruismus weitgehend verstanden hat. Und doch debattieren Evolutionsbiologen weiterhin über die Selektionsmechanismen, die der Evolution von Tiersozietäten zugrunde liegen: Wo greift die Selektion an? Genügt das extrem reduktionistische Modell der "Gen-Selektion" (selfish gene theory), oder müssen wir postulieren, dass die Selektion an mehreren phänotypischen Ebenen wirkt (multi-level selection)? Eine Antwort auf diese Fragen ist wichtig, wenn wir uns weiter mit der Evolution von Gruppenkonkurrenz und der Ablehnung von Gruppenfremden beschäftigen wollen.
In der Tat, wo immer in der Natur wir kooperative Gruppen finden, gibt es auch das Diskriminieren und Ausgrenzen von Gruppenfremden. Empirische Daten und theoretische Modelle legen den Schluss nahe, dass Konkurrenz zwischen Gruppen die Evolution von Kooperation und Altruismus innerhalb der Gruppe fördert. Je stärker die Zwischengruppenkonkurrenz desto fester sind Kooperation und Altruismus innerhalb der Gruppe ausgeprägt. Schließlich wollen wir die Frage stellen, inwieweit wir aus diesen biologischen Erkenntnissen Schlussfolgerungen zur Evolution von Kooperation und Gruppen-Aggression beim Menschen ziehen können. Wenn wir die evolutionsbiologischen Wurzeln des menschlichen Verhaltens erörtern, sollten wir uns jedoch immer über eines im Klaren sein: Das >Ist< bestimmt nicht notwendigerweise das >Soll<.
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des Jahresthemas 2009|2010: "Evolution in Natur, Technik und Kultur".
Hinweise zur Teilnahme:
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Termin:
11.02.2010 18:30 - 20:00
Veranstaltungsort:
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Einstein-Saal, Jägerstr. 22/23
10117 Berlin
Berlin
Deutschland
Zielgruppe:
Journalisten, jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Biologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik
Arten:
Eintrag:
14.01.2010
Absender:
Gisela Lerch
Abteilung:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event29962
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