idw - Informationsdienst
Wissenschaft
08.06.2011 - 08.06.2011 | Berlin
Seit einigen Jahren hat der Begriff der 'Hybridisierung' Hochkonjunktur. Mit ihm werden im Kontext von Literatur-, Medien- und Kulturtheorien (insbesondere der Postcolonial Studies) Dynamiken der Absorption und der Integration, der Verschmelzung und 'Kreuzung' heterogener Sprech-, Denk- und Handlungsweisen zu neuen Konfigurationen beschrieben.
War Hybridität im 19. Jahrhundert noch ein prekärer – letztlich rassistisch konnotierter – Begriff für die Vermischung unterschiedlicher Ethnien, so ist er mittlerweile zu einer Art Leitmotto eines globalisierten, kosmopolitischen crossing of cultures geworden.
Im Vortrag wird diese pauschale Verwendung des Hybriditätsbegriffs kritisch hinterfragt: Sind die Phänomene, die in den Kulturwissenschaften – von Homi Bhabha bis Bruno Latour – als hybrid bezeichnet werden, tatsächlich als Vermischungen respektive als crossing zu beschreiben? Welche Alternativen gäbe es zu einer pauschalen Verwendung des Hybriditätsbegriffs?
Hier wird versuchsweise das Modell der Aufpfropfung ins Spiel gebracht, das nicht nur als gärtnerisch-botanische, sondern auch als symbolische Kulturtechnik Eingang in die kulturwissenschaftliche Theoriebildung gefunden hat. So schreibt Derrida in La Dissemination: "Schreiben heißt pfropfen, es ist dasselbe Wort" – insbesondere das Einschreiben in andere Signifikantenketten erscheint hierbei als greffe citationelle.
Während die Hybridisierung primär als 'Verschmelzungsfigur' in Dienst genommen wird, erscheint die Aufpfropfung – etwa im Kontext von Derridas Schriftkonzept oder von Genettes Intertextualitätsmodell – als Figur für parasitäre Abhängigkeitsverhältnisse, bei denen jedoch, anders als bei der Hybridisierung, die Differenzqualität der zusammengefügten Elemente erhalten bleibt.
Dies wird anhand einiger Fallbeispiel untersucht, in denen Hybridisierung und Pfropfung als komplementäre Wissens-Figuren in Dienst genommen wurden und werden, um mediale, kulturelle, poetische und epistemische Verhältnisse zu beschreiben.
Uwe Wirth
ist Professor für neuere deutsche Literatur und Kulturwissenschaft am Institut für Germanistik der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Hinweise zur Teilnahme:
Termin:
08.06.2011 20:00 - 22:00
Veranstaltungsort:
ZfL Berlin
Schützenstr. 18, 10117 Berlin,
Trajekte-Tagungsraum (308)
10117 Berlin
Berlin
Deutschland
Zielgruppe:
Studierende, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
lokal
Sachgebiete:
Kulturwissenschaften, Sprache / Literatur
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
03.05.2011
Absender:
Sabine Zimmermann
Abteilung:
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZFL)
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event35238
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).