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15.02.2005 14:48

Ist Frieden machbar?

Dr.-Ing. Karl-Heinz Kutz Presse- und Kommunikationsstelle
Universität Rostock

    Der 8. Februar als historisches Datum für Israel und Palästina

    Frieden ist machbar, sagte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat. Nach vier Jahren täglicher Gewalt auf beiden Seiten reichten sich Ministerpräsident Scharon und Präsident Abbas die Hand. Waffenruhe, arabisch: Hudna, ist beschlossen. Bei schrittweiser Gefangenenfreilassung wird es zum Feilschen über Zahlen kommen.
    Scharon lud Abbas auf seine Farm ein. Wenn Politiker in privater Atmosphäre miteinander reden, ist das keine Garantie für Verhandlungserfolg. Wer die Eskalation im Nahen Osten aber beobachtet hat, weiß, dass das eine enorme Veränderung gegenüber jahrelanger Lähmung bis zum Tod Yassir Arafats ist. Europäer und Amerikaner begreifen nur schwer, dass symbolische Gesten im "Orient" eine außerordentlich große Bedeutung haben.
    Israelische Freunde, politisch links und in der Friedensbewegung engagiert, überraschten mich kürzlich mit der Bemerkung, dass Ariel Scharon wohl der einzig Richtige für Friedensfortschritte sei. Scharon, der harte, unerbittliche Politiker und Militär: ein Friedensbringer? Er sei in der elementaren Sicherheitsfrage hart, konsequent, Ziel gerichtet. Er verstehe aber auch - elementar wichtig - die dem westlichen Denken oft verschlossene "orientalische" Denkweise und die Handlungsmuster seiner palästinensischen Verhandlungspartner. Das erinnert an den "Hardliner" Menachem Begin, der Frieden mit Ägypten schloss.
    13 Jahre Erfahrungen aus Reisen und Ausgrabungen in Israel machen mich skeptisch - und trotzdem hoffnungsvoll. Die Bibel erzählt von Streit und Krieg am laufenden Band. Zwischen 845 und 731 v.Chr. geschahen fünf Königsmorde und Dynastiewechsel in Israel. Ständige Feindschaft Israels gegen diesen oder jenen Nachbarn, z. B. die "bösen" Philister: Krieg als Normalzustand? Die Sehnsucht nach Schalom (d.h. "Heil-Sein", "Unversehrtheit" einschließlich Frieden), wird ebenso oft in der Bibel ausgedrückt: Heiraten, Verwandtschaft zwischen streitenden Volksgruppen waren ebenso an der Tagesordnung, vom judäischen Königshaus Davids bis zur Bevölkerungsebene (Richter 14; Nehemia 13,23ff u.ö.). Warum sollten heute die Nachkommen der biblischen Völker sich gegenseitig ständig bekämpfen müssen, die gemeinsame verwandtschaftliche Wurzeln in "Kanaan" haben?

    Bei jeder Reise nach Israel und in die Palästinenser-Gebiete seit 1992, besonders in den letzten Jahren, habe ich wirtschaftlichen Niedergang beobachtet, auch wachsende Müdigkeit im Streit. Ausgenommen die Unerbittlichkeit der fanatischen Ränder beider Gesellschaften. Täuschen wir uns nicht: Randgruppen werden auch weiterhin ihre Existenz durch Terror zu rechtfertigen suchen. Bereits am 10.2. beschoss die Hamas eine Siedlung mit Mörsergranaten und Kassam-Raketen. Israel reagierte diesmal nicht mit Gewalt, sondern mit Gesten guten Willens. Präsident Abbas seinerseits bemüht sich ebenfalls um Ruhe.
    Am "historischen" 8. Februar ereignete sich ein vielleicht entscheidendes Symbol: Politische Führer haben energischer als je den Willen zum geregelten, künftig sogar friedlichen Nebeneinander zweier Staaten öffentlich gemacht. Im "Orient" hat das Aushandeln von Kompromissen Tradition, wie man auf jedem Markt feststellen kann. Gewaltige Probleme warten auf Kompromisse: Die Grenzziehungen, die Siedlungen in der Westbank, der Status von Jerusalem, die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge. Es wird Rückschritte geben. Aber ohne den jetzt ausgedrückten Willen zum Kompromiss beginnt das Gespräch gar nicht erst. Deshalb ist der 8. Februar so wichtig. Frieden ist machbar - mit gutem Willen.

    Prof. Dr. Hermann M. Niemann
    Dekan Theologische Fakultät
    T: 0381 498 8410
    E-Mail: hmn@uni-rostock.de


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    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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