idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
21.02.2005 10:52

Deutsche Geophysikalische Gesellschaft tagt an Alfred Wegeners Universität in Graz

Dr. Alexander Rudloff Geschäftsstelle
Deutsche Geophysikalische Gesellschaft e.V.

    Präsident Prof. Dr. Gerhard Jentzsch eröffnet die 65. Jahrestagung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft (DGG) am 21. Februar 2005 an der Karl-Franzens-Universität in Graz und bezieht Stellung zu aktuellen Themen der Geophysik.

    In seiner Ansprache zur Eröffnung der 65. Jahrestagung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft (DGG) thematisiert der scheidende Präsident, Prof. Dr. Gerhard Jentzsch, zunächst die Lage der Geophysik innerhalb der Naturwissenschaften, aber auch im Zusammenhang mit den meist kleinen Instituten:

    Nach dem Ranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) stehen die Geowissenschaften auf Platz 2 bezüglich der Förderung pro Professor und zeigen international mit Publikationen und durch die Beteiligung an Großprojekten ihre Leistungsfähigkeit. Andererseits leiden die Geowissenschaften an ihrer Zersplitterung und den kleinen Instituten. Dabei wird meist nicht bedacht, welche gesellschaftliche Bedeutung die Geowissenschaften hinsichtlich der Resourcen-Sicherung und dem Umweltschutz auf einer Erde mit begrenzten Möglichkeiten, aber ständig wachsender Bevölkerung haben.

    Trotz Novellierung des Hochschulrahmengesetzes vom 27. Dezember 2004 gilt für den Mittelbau weiterhin die Befristung auf insgesamt 12 Jahre; und - man mag es kaum glauben - wenn ein Doktorand zeitweise ohne Beschäftigungsverhältnis war und während dieser Zeit aus eigenen Mitteln an der Fertigstellung seiner Dissertation arbeitete, so wird auch dieser Zeitabschnitt nach wie vor mitgezählt ? "Derartige Regelungen sind für die moderne Wissenschaft nach wie vor untragbar" sagt Jentzsch.

    Gleiches gilt für die Reformierung des Studiums und die Förderung der Forschung an den Universitäten: Die vorgeschlagene Schaffung von Eliteuniversitäten wurde nach erschreckten Reaktionen zwar durch Exzellenz-Netzwerke ersetzt, doch nach einer kurzen und heftigen Diskussion landeten diese auf dem Scherbenhaufen des Kompetenzgerangels zwischen Bund und Ländern: Selbst die Aussicht auf zusätzliche Mittel für die Universitäten (die allerdings ohnehin bei weitem nicht ausgereicht hätten) konnte die Länder nicht dazu bewegen, einige Kompetenzen zugunsten einer Vereinheitlichung des Studiums und einer Optimierung der Forschung aufzugeben. Es stelle sich daher die Frage "Was soll dann der Wunsch nach vergleichbaren Studiengängen und Abschlüssen in Europa, wenn wir dies in Deutschland nicht einmal erreichen können?"

    Wer die amerikanischen Universitäten wirklich kennt, der wisse, dass die Einführung von Bachelor- und Master-Programmen noch lange nicht die Qualität stärkt: "Die Qualität kann man nur durch wirkliche Reformen wie die Straffung und Modularisierung der Studiengänge und die Vernetzung mit Nachbardisziplinen stärken, nicht aber durch Umetikettierung", betont Jentzsch. Statt die innere Reibung an den Universitäten durch immer neue Rezepte zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit zu erhöhen, sollte "mehr Zeit zum Forschen da sein, Zeit, die wir zu häufig mit Verwaltung verbringen, die soviel Reibungsverluste erzeugt, wobei die dabei entstehende Prozesswärme keinesfalls mit kreativer Nestwärme zu verwechseln ist".

    Auch zu dem in letzter Zeit kontrovers diskutierten Thema der Einführung von Studiengebühren für das Erststudium nimmt Jentzsch Stellung. Dabei teilt er die Analyse der Kollegen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), die hierzu eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht haben. Danach müsse Deutschland seinen eingeschlagenen Weg zur Erhöhung der Absolventenzahlen in den Natur- und Technikwissenschaften entschlossen weiter fortsetzen und (...) zum anderen die Leistungsfähigkeit der Hochschulen durch Konkurrenz und die Möglichkeit zur individuellen Profilbildung steigern. Die Einführung von Studiengebühren lehnt Jentzsch jedoch ab, da hierdurch die benötigten Finanzmittel zur Beseitigung der Unterfinanzierung der Universitäten bei weitem nicht ausreichen; "(...) ich fürchte, mit Studiengebühren allein kommen wir nicht weit, und erschwerend kommt hinzu, dass es natürlich aus Gründen der Chancengleichheit (...) viele Ausnahmen geben muss, und dies führt wieder zur Erstellung von Richtlinien und Verfahrensregeln, zur Verwaltung von Anträgen, Einsprüchen, usw., also zu mehr Reibung statt zu weniger". Bereits jetzt seien die Studenten in den Geowissenschaften gezwungen, viele Geländeveranstaltungen selbst zu finanzieren, da die Universitäten schon lange nicht mehr alle Kosten übernehmen. "Nach unseren Erhebungen in Jena sind dies bereits jetzt im Mittel fast 300 Euro pro Semester, die gezahlt werden müssen, weil man die Pflichtscheine machen muss. Daher bin ich gegen die Studiengebühren für das Erststudium", so Jentzsch in seiner Erklärung.

    Zum Schluss spricht Jentzsch das starke Erdbeben vor Sumatra an: Seismologisch könne Deutschland bei der Verbesserung der Überwachung in Südasien sicher helfen, aber es sei doch etwas befremdlich, dass Deutsche auch auf dem Gebiet der Tsunami-Vorwarnung Weltspitze seien, und dass die Systeme, die bereits seitens der USA und Japans, basierend auf jahrzehntelangen Erfahrungen, installiert werden, sämtlich veraltet seien. Dieser zumindest missverständliche Anspruch wird bereits in NATURE 433 kritisiert (Artikel von David Cryanoski mit dem Titel "Solo efforts hamper tsunami warning system") und mangelnde Koordination der hilfswilligen Länder beklagt. "Ich will dies unkommentiert lassen, ich hoffe aber sehr, dass sich der deutsche Vorschlag letztlich in ein internationales Programm einfügen wird, so dass auch unter Einbeziehung der Forschungskapazitäten deutscher Universitäten eine Blamage vermieden wird" schließt Jentzsch.

    Anknüpfend an die positive Zukunftserwartung für das Fach der Geophysik und der Geowissenschaften generell bezüglich der gesellschaftlich relevanten Aufgaben wünscht Jentzsch eine spannende Tagungswoche in Graz und eröffnet die 65. Jahrestagung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft.


    Weitere Informationen:

    http://www.dgg-online.de
    http://www.inas.tugraz.at/events/dgg2005/dgg2005.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Studium und Lehre, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).