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11.04.1999 13:25

"80 Jahre Weimarer Reichsverfassung - was ist geblieben?"

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. 80 Jahre wird am 11. August die Weimarer Reichsverfassung alt. Daß dieses erste demokratische Rechtsgebilde in Deutschland von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen sei, gehört zum Bodensatz populärhistorischer Vorurteile. Das Jubiläum zum Anlaß und das Vorurteil als Grund nehmen nun neun Jenaer Juraprofessoren, um in einer spektakulären Ringvorlesung an vier aufeinanderfolgenden Tagen vom 19. bis 22. April das Experiment Weimar perspektivenreich auszuleuchten und somit in ein neues Licht zu setzen.

    "Weimar liegt uns natürlich nahe, uns Deutschen nicht minder als uns Thüringern", erklärt Prof. Dr. Eberhard Eichenhofer, der Anreger und Organisator des Vorhabens. An der Schwelle von der Bonner zur Berliner Republik sei nichts selbstverständlicher, als einen Blick zurück auf Weimar zu richten. Allerdings werde mit Vorurteilen gründlich aufzuräumen sein, meint Eichenhofer: "Das Bleibende, das Zukunftsträchtige an dieser äußerst modernen Weimarer Verfassung wollen wir ergründen."

    Mehr Rechtsprinzipien als viele Kritiker heute wahrnehmen wollen, übernahmen die Väter und Mütter des Grundgesetzes aus dem Weimarer Text in unsere Verfassung: zum Beispiel die herausragende Bedeutung der Menschenrechte oder das Staatskirchenrecht. Andere Ideen, etwa die der Grundpflichten oder der sozialen Grundrechte, werden aktuell wieder als verfassungswürdig diskutiert.

    "Es wäre sicher ahistorisch zu fragen, wie sich heute die Weimarer Reichsverfassung in der bundesdeutschen Praxis bewähren würde. Aber wir meinen, daß die erste deutsche Demokratie an den zerklüfteten politischen Verhältnissen, nicht an ihrer Verfassung gescheitert ist", konstatiert Eichenhofer. Für deren Qualität spreche nicht zuletzt, daß sie 1958 als Modell für die französische Präsidialverfassung diente.

    An der Schwelle zum nächsten Jahrtausend, angesichts des deutsch-deutschen Zusammenwachsens und der europäischen Einigung will die Ringvorlesung der Jenaer Rechtswissenschaftlichen Fakultät einen Moment des Innehaltens, der Nachdenklichkeit anregen. "Es ist völlig legitim, einige Rechtsprinzipien neu zu diskutieren", meint Eichenhofer und schaut als Sozialjurist exemplarisch auf die sozialen Grundrechte. In der Weimarer Verfassung waren etwa das Recht auf Wohnung, Bildung, Gesundheit und Arbeit festgeschrieben, aber angesichts der öko-nomischen Verhältnisse kaum zu verwirklichen. Um dieses "Leerlaufen von Grundrechten" zu vermeiden, definierte der Parlamentarische Rat für das Grundgesetz den Sozialstaat als Staatszielbestimmung: "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat."

    Zur Ringvorlesung "80 Jahre Weimarer Reichsverfassung - was ist geblieben?" sind alle Angehörigen der Universität Jena, aber auch alle interessierten Bürger herzlich eingeladen. In der Rechtswissenschaftlichen Fakultät ist während der vier Veranstaltungen vorlesungsfrei. Pünktlich zum 11. August erscheinen die neun Beiträge gesammelt als Buchpublikation im renommierten Verlag Mohr Siebeck.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Eberhard Eichenhofer
    Tel.: 03641/942150, Fax: 942152
    e-mail: eeichenhofer@recht.uni-jena.de

    Das Programm im Überblick:
    80 Jahre Weimarer Reichsverfassung - was ist geblieben?

    Montag, 19.04.1999, 17.00 - 20.00 Uhr
    Prof. Dr. Walter Pauly: Die Stellung der Weimarer Reichsverfassung in der deutschen Verfassungsgeschichte
    Prof. Dr. Gerhard Lingelbach: Verfassungsgebung in Weimar 1919

    Dienstag, 20.04.1999, 17.00 - 20.00 Uhr
    Prof. Dr. Rolf Gröschner: Das Republikprinzip der Weimarer Reichsverfassung und des Bonner Grundgesetzes
    Prof. Dr. Karl-Ulrich Meyn: Destruktives und konstruktives Mißtrauensvotum - von der schwachen Reichsregierung zum starken Bundeskanzler?
    Prof. Dr. Michael Brenner: Die wehrhafte Demokratie: eine Lehre aus Weimar?

    Mittwoch, 21.04.1999, 17.00 - 20.00 Uhr
    Prof. Dr. Peter M. Huber: Das Staatskirchenrecht - Übergangsordnung oder Zukunftskonzept?
    Prof. Dr. Monika Jachmann: Das Berufsbeamtentum - Säule der Rechtsstaatlichkeit?

    Donnerstag, 22.04.1999, 17.00 - 20.00 Uhr
    Prof. Dr. Martina Haedrich: Grundpflichten in der Weimarer Reichsverfassung und Möglichkeiten ihrer Fortschreibung heute
    Prof. Dr. Eberhard Eichenhofer: Soziale Grundrechte - verläßliche Grundrechte?

    Alle Veranstaltungen finden im Hörsaal 2, Carl-Zeiß-Str. 3 (Neuer Campus der Uni Jena) statt.

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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