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13.04.1999 16:37

Sterile Fliegenmaden reinigen chronische Wunden schmerzfrei

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. Ein völlig schmerzfreies Verfahren, um chronische Wunden zu reinigen, praktiziert Prof. Dr. Uwe Wollina an der Jenaer Universitätshautklinik: Er setzt Patienten sterile Fliegenmaden auf die marode Körperstelle, die in viertägiger Arbeit die schwärende Wunde biochirurgisch von Sekreten und abgestorbenem Gewebe säubern, ohne gesunde Partien zu verletzen. "Für die Patienten und auch für meine Mitarbeiter ist es das größte Problem, anfänglichen Ekel zu überwinden", gesteht Wollina ein, "aber aus medizinischer Sicht ist die Maggot-Therapie bei vielen Indikationen das schonendste Verfahren."

    Eigentlich ist die Madenbehandlung ein ,alter Hut', sie wurde bereits von Wunddoktoren im Mittelalter und noch im letzten Weltkrieg in der Militärmedizin eingesetzt, geriet dann aber über dem neuzeitlichen Antibiotika-Einsatz in Vergessenheit. Erst im vergangenen Jahr wurde das Verfahren in England wiederbelebt und auch von mehreren deutschen Hautkliniken wieder aufgegriffen. Wollina ist der erste Dermatologe im Osten der Republik, der sich der quibbeligen Helfer bedient.

    Die konservative Methode, chronische Wunden mit dem Skalpell auszuräumen und Infektionen medikamentös zu bekämpfen, bleibe nach wie vor das Standardverfahren, erläutert der Hautarzt. Jedoch seien dabei Schmerzen und Unannehmlichkeiten für den Patienten unvermeidlich.

    Die Maden der Fliege lucilia sericata, die eigens in einem Stuttgarter Labor steril gezüchtet werden, verrichten ihr Werk hingegen völlig nebenwirkungsfrei. "Die Tiere arbeiten hochselektiv", so Wollina, "sie lassen gesunde Bereiche in Ruhe und nehmen nur totes Gewebe auf." Weil sich darin keine Nervenenden mehr befinden, verspürt der Patient nichts - bestenfalls einen Kitzel, wenn ein Tier über intaktes Gewebe krabbelt. Nach vier Tagen nehmen die Ärzte die Maden von der Wunde; die nur zwei bis drei Millimeter großen Tiere haben dann ihr Körpervolumen verzehnfacht.

    Selbstverständlich könne man die Maggot-Therapie nicht in jedem Fall einsetzen, erläutert Prof. Wollina. Etwa wenn Körperöffnungen in der Wundnähe liegen, oder bei akuten Verletzungen verbietet sich der Einsatz der biochirurgischen Helfer. Für chronische Wunden wie Beingeschwüre z. B. bei Diabetikern oder bei Dekubitus - wundgelegene Stellen lange bettlägriger Patienten - eigneten sie sich sehr gut. Wollina, der nun über ein Vierteljahr Erfahrung mit der Maggot-Therapie verfügt, rechnet mit 30-40 Fällen jährlich in seiner Klinik. Die Therapie wird von den Kassen übernommen und kann kostengünstig ambulant angewendet werden.

    Inbegriffen sind natürlich lange Gespräche zur Vorbereitung der Patienten. "Die Therapieform erinnert unangenehm an die Vergänglichkeit des Lebens", meint Uwe Wollina, "damit müssen sich auch meine Mitarbeiter in der Klinik erst abfinden." Und die hohe Zufriedenheit seiner Patienten nach der Behandlung gibt Wollina recht. Wer Ekel und Abneigung jedoch nicht überwinden kann, wird natürlich konventionell behandelt.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Uwe Wollina
    Universitäts-Hautklinik Jena
    Tel.: 03641/937357, Fax: 937416
    e-mail: uwol@derma.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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