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14.04.1999 16:34

Neuer Chip für die Verkehrsüberwachung auf neuronaler Basis

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Eine neuartige Komponente für die Bildbearbeitung haben Bochumer Neuroinformatiker unter der Leitung von Prof. Dr. Werner von Seelen (Theoretische Biologie, Institut für Neuroinformatik der RUB) zusammen mit der Siemens AG entwickelt.

    Bochum, 14.04.1999
    Nr. 74

    Optimaler Verkehrsfluß durch selbstorganisierende Systeme
    Schnelle Bildverarbeitung nach biologischem Vorbild
    RUB-Wissenschaftler entwickeln elektronische Sehsysteme

    Eine neuartige Komponente für die Bildbearbeitung haben Bochumer Neuroinformatiker unter der Leitung von Prof. Dr. Werner von Seelen (Theoretische Biologie, Institut für Neuroinformatik der RUB) zusammen mit der Siemens AG entwickelt. Das SEE1-Board arbeitet schneller als herkömmliche Geräte und ist dabei flexibel einsetzbar. Es soll z. B. helfen, an Ampelkreuzungen den Verkehrsfluß zu beobachten und die gesammelten Daten vor Ort auszuwerten. Die Ergebnisse sollen eine automatische Anpassung der Ampelschaltung an den Verkehrsfluß ermöglichen, so daß weniger Staus entstehen. Die Entwicklung des SEE1-Boards ist vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) aus Mitteln des Verbundprojekts "Elektronisches Auge" finanziert worden.

    Statt teure Induktionsschleifen ...

    Das Problem ist altbekannt und läßt sich täglich zu den Stoßzeiten beobachten: Kaum übersteigt das Verkehrsaufkommen eine gewisse Grenze, entstehen an Ampelkreuzungen riesige Rückstaus. Bisher waren Verkehrszählungen nur durch in die Asphaltoberfläche der Straße eingefügte Induktionsschleifen möglich. Diese Methode hat große Nachteile: Die Installation einer solchen Schleife in eine bestehende Straße ist sehr teuer. Außerdem kann sie nur wenige Informationen über den Verkehr liefern, nämlich wie viele Fahrzeuge sie überfahren und, falls es mehrere Schleifen gibt, wie schnell sie fahren.

    ... Bilder auswerten

    Die Bochumer Wissenschaftler entwickeln nun ein System, das sehr viel mehr kann: Eine Kamera beobachtet den Verkehr auf der Straße. Sie liefert Bilder an einen Computer, der eine Vielzahl von Daten herausfiltert und sie auswertet. Die Ergebnisse dieser Auswertung schickt er entweder an ein Verkehrsleitzentrum oder verarbeitet sie lokal weiter. So kann die Schaltung einzelner oder auch mehrerer Ampeln an den gegenwärtigen Verkehrsfluß angepaßt werden. Die Installation des Apparats ist auch nachträglich problemlos und kostengünstig möglich. Die Auswertung des Bildmaterials direkt an der Kamera und die Weitergabe verkehrsbezogener Größen anstatt ganzer Bilder verkleinert den Datenstrom. Dies verhindert die nachträgliche Erhebung personengebundener Daten, z. B. Nummernschilder und Gesichter.

    Einfaches Board für den PC

    Je nachdem, welcher Algorithmus die Arbeit des Computers bestimmt, sammelt er unterschiedlichste Daten aus dem Bildmaterial. Dieser flexible Einsatz des neuen Systems ist möglich durch sein Herzstück: das Siemens SEE1-Board. Es ist eine PCI-Buskarte, d. h. eine Einsteckkarte für einen ganz normalen PC mit dem Betriebssystem Windows NT. Die Karte hat zwei Anschlüsse für digitale Kameras. Die Arbeitsschritte, die das Board ausführen soll, teilt ihm der Entwickler in einer bestimmten Programmiersprache mit, in der "Vision Programming Language" (VPL). Die Ergebnisse, die das Board errechnet hat, überträgt es über Kommuni-kationskanäle auf den PC. Das SEE1-Board zeichnet sich gegenüber herkömmlichen Bildverarbeitungsmethoden besonders durch seine Schnelligkeit und seine Flexibilität aus. Die Forscher haben dies erreicht, indem sie einzelne Bausteine mit unterschiedlichen Fähigkeiten entworfen haben, die im Zusammenspiel schnell einfache Rechenoperationen durchführen können. Ein von der TU Dresden und Siemens speziell entwickelter Prozessor beschleunigt das Verfahren, indem er die gleichzeitige Bearbeitung der Bilddaten durch Parallelisierung ermöglicht.

    Auch LKW und PKW unterscheiden

    Ausschlaggebend für die Entwicklung eines funktionierenden Verkehrserfassungssystems sind für die Wissenschaftler besonders die Fragen, welche Verkehrskenngrößen wirklich relevant sind, und wie man diese durch einen Algorithmus aus der Datenflut herausfiltern und verwertbar machen kann. Sie haben Algorithmen entwickelt, die unterscheiden können, wie viele LKW oder PKW pro Zeiteinheit vorbeifahren, wie schnell sie fahren, wie lange sie durchschnittlich an der Ampel warten müssen und wie stark die Fahrbahn dynamisch oder statisch belegt ist. Ein Ziel der Entwicklung ist auch die Robustheit des Systems gegen veränderliche Faktoren wie z. B. die Beleuchtung. Eine wichtige Frage bei der Konzipierung eines Verkehrserfassungssystems ist Möglichkeit der Optimierung des Verkehrsflusses an einem einzelnen Knotenpunkt durch ein selbstorganisierendes System.

    Partner für das Ziel "leistungsfähige Sehsysteme"

    Bei diesem BMBF-Projekt kooperiert das Institut für Neuroinformatik unter anderem mit der Siemens AG sowie den Automobilherstellern DaimlerChryler AG, BMW und Opel. Ziel der übergreifenden Zusammenarbeit ist es, leistungsfähige und vielseitig anwendbare technische Sehsysteme zu entwickeln. Sie bestehen aus neuartigen CCD-Kameras und für die Bildbearbeitung und Szenenanalyse optimalen Algorithmen und Prozessoren. Um in einer komplexen natürlichen Umwelt "sehende" Geräte zu bauen, orientieren sich die Wissenschaftler an den Vorbildern der Natur: Sie kombinieren konventionelle Bild- und Signalverarbeitungsmethoden mit biologisch inspirierter neuronaler Informationsverarbeitung.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Werner von Seelen, Institut für Neuroinformatik der RUB, Universitätsstr. 150, 44780 Bochum, Tel. 0234/700-7965, Fax 0234/7094-209,
    Email: institut@neuroinformatik.ruhr-uni-bochum.de,
    Internet: www.neuroinformatik.ruhr-uni-bochum.de


    Weitere Informationen:

    http://www.neuroinformatik.ruhr-uni-bochum.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Elektrotechnik, Energie, Informationstechnik, Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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