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15.03.2005 11:39

Womit Schüler 2000 v. Chr. im Orient Mathematik lernten

Stefanie Hahn Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Hilprecht-Sammlung an der Universität Jena enthält früheste mathematische Tafelwerke in Ton

    Jena (15.03.05) Am 19. März 1925, vor fast genau 80 Jahren, verstarb Prof. Hermann Vollrath Hilprecht in Philadelphia. Der in Sachsen-Anhalt geborene Wissenschaftler hinterließ der Universität Jena seine reichhaltige archäologische Sammlung. Seit Anfang 1926 befindet sich die "Hilprecht-Sammlung Vorderasiatischer Altertümer" im Besitz der Friedrich-Schiller-Universität. Sie umfasst hauptsächlich Keilschrifttexte unterschiedlicher Gattungen, die mehr als zweieinhalb Jahrtausende altorientalischer Kulturgeschichte dokumentieren (bis zum 3. Jahrhundert v. Chr.). Vor allem wegen ihrer zahlreichen Textzeugen sumerischer Literaturwerke, aber auch wegen solcher Raritäten wie dem ältesten bekannten Stadtplan der Welt aus der Mitte des zweiten Jahrtausends v. Chr. (Plan von Nippur), genießt die Jenaer Sammlung Weltruf.

    "Um die auf den Keilschrifttafeln verborgenen Informationen Forschern aus aller Welt zugänglich zu machen, sind die meisten Texte mittlerweile wissenschaftlich ediert worden", berichtet Prof. Dr. Manfred Krebernik. Der Altorientalist von der Universität Jena betreut die einzigartige Sammlung. So enthält der zuletzt erschienene sechste Band (2003) der "Texte und Materialien der Hilprecht Collection" die sumerischen Beschwörungen der Ur-III-Zeit (Ende 3. Jt. v. Chr.). In diesem Jahr erscheint Band 7 über die aramäischen "Zauberschalen" (4.-6. Jh. n. Chr.), die während eines DFG-Projekts an Kreberniks Lehrstuhl bearbeitet worden sind. Im Rahmen eines weiteren Kooperationsprojektes weilt die französische Mathematikhistorikerin Dr. Christine Proust vom Pariser Centre national de la recherche scientifique (CNRS) des Öfteren in Jena. Sie arbeitet an einem weiteren Band, der sich mathematisch-metrologischer Texte annimmt.

    "Mathematische Texte sind uns vor allem vom Anfang des zweiten Jahrtausends v. Chr. überliefert", berichtet Prof. Krebernik. "Aus ihnen geht hervor, dass damals bereits komplizierte geometrische und algebraische Aufgaben praktischer und theoretischer Natur auf der Grundlage eines sexagesimalen Zahlensystems, also basierend auf der Zahl 60, bewältigt worden sind", so Krebernik weiter. "Als Hilfsmittel dienten verschiedene Tabellen-Tafeln, die die Vielfachen verschiedener Grundzahlen ("Einmaleins") sowie deren Kehrwerte oder Quadratwurzeln auflisten", erläutert Christine Proust.

    "Mathematik und Metrologie waren neben Schrift, Grammatik und Literatur Gegenstand einer vieljährigen Schreiberausbildung", berichtet die Historikerin. Sie erforscht die Einbettung der genannten Übungstafeln in das allgemeine Schulcurriculum. Hierbei kommt den besonderen Übungstontafeln aus der Hilprecht-Sammlung, die mathematisch-metrologische Listen mit Texten anderen Inhalts kombinieren, eine besondere Bedeutung zu. So enthält beispielsweise eine Tafel auf der einen Seite eine metrologische Liste, auf der anderen zweisprachige Übungen, die dem Erlernen der um 2000 v. Chr. ausgestorbenen sumerischen Sprache dienten (siehe Fotos).

    Kontakt:
    Prof. Dr. Manfred Krebernik
    Institut für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients
    Fürstengraben 6, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 944871
    E-Mail: x8krmn@uni-jena.de


    Bilder

    Vorderseite der Tontafel mit zweisprachigen Übungen
    Vorderseite der Tontafel mit zweisprachigen Übungen
    Foto: Hilprechtsammlung/Uni Jena
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    Die Rückseite mit metrologischer Liste
    Die Rückseite mit metrologischer Liste
    Foto: Hilprechtsammlung/Uni Jena
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Mathematik, Physik / Astronomie, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Vorderseite der Tontafel mit zweisprachigen Übungen


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    Die Rückseite mit metrologischer Liste


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