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17.03.2005 10:06

Sozialstaat, quo vadis

Stefanie Hahn Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Stephan Lessenich ist neuer Professor für Soziologie an der Universität Jena

    Jena (17.03.05) Riester-Rente, Pflegeversicherung, Praxisgebühren und Hartz-Reformen, dass im Wohlfahrtsstaate Deutschland reformiert wird, haben wir schon gemerkt. "Der real existierende Sozialstaat leistet nicht das, was man von ihm erwartet, und er ist gemessen an dem, was er leistet, zu teuer. Zudem ist er nicht nur in seinen Leistungen, sondern auch hinsichtlich der Finanzierung seiner Ausgaben ungerecht", so bringt der Soziologe Prof. Dr. Stephan Lessenich das Problem auf den Punkt. Reformen, die eine Umverteilung nach sich ziehen, sind also nötig, wie aber eine vernünftige Regulation aussehen könnte, darüber lässt sich mit dem neuen Professor für Soziologie an der Universität Jena trefflich streiten. Eines steht für den Soziologen mit Schwerpunkt vergleichende Gesellschafts- und Kulturanalyse fest, eine blinde Verteidigung des bestehenden Systems bringt uns nicht voran. "Denn die Gesellschaft hat sich grundlegend gewandelt, es gibt weniger Kinder und mehr rüstige Alte, das sind demografische Fakten. Wir steuern klar auf eine alternde Gesellschaft zu, und es liegt an uns, wie wir damit umgehen", konstatiert Lessenich.

    Der gebürtige Stuttgarter ist sich bewusst, dass er zum geburtenstärksten Jahrgang Deutschlands (1965) zählt, der mittelfristig die Bevölkerungspyramide auf den Kopf stellt. Daher wird es zu Verteilungskonflikten zwischen den Generationen kommen, die es in der jüngeren Vergangenheit so nicht gab. Lessenich hält aber die leichtfertige Rede vom "Generationenkrieg" oder wohlfeile Aufforderungen zu "mehr Eigenverantwortung" für wenig hilfreich. Da er an der Schnittstelle zwischen Politikwissenschaft und Soziologie forscht, beschäftigt er sich in seinen Forschungen mit dem politischen Anforderungsprofil für den Sozialstaatsbürger der Zukunft, dem verstärkt Selbstsorge und Eigenaktivität abverlangt werden. Grundsätzlich empfiehlt Lessenich Kritikern wie Verteidigern des Sozialstaates bzw. seiner Reform den Blick über den Tellerrand auf andere Länder und deren Sozialsysteme. Beim Vergleich mit den USA sind wir trotz der gegenwärtigen Einschnitte insgesamt sozial besser abgefedert, und was Bildung oder Kinderbetreuung angeht, haben viele unserer europäischen Nachbarn uns einiges voraus.

    In Spanien aufgewachsen, hat sich Lessenich schon früh in der Außensicht auf Deutschland geübt. Nach dem Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte in Marburg, promovierte er 1993 im Graduiertenkolleg "Lebenslauf und Sozialpolitik" an der Universität Bremen. Nach seiner Tätigkeit als Koordinator des Kollegs, wechselte er 1994 nach Göttingen an das Zentrum für Europa- und Nordamerikastudien der Universität. Hier praktizierte er weiter den fremden Blick auf die eigene Gesellschaft. Mit einem Habilitationsstipendium der DFG ausgestattet, beschäftigte er sich mit dem Deutschen Sozialmodell im Wandel und arbeitete auch nach der Habilitation (2002) weiter über die Unterschiede der Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsysteme innerhalb Europas und zwischen Europa und Nordamerika. Neben der vergleichenden Wohlfahrtsstaat-Forschung beschäftigt er sich mit dem institutionellen Wandel und Transformationsprozessen u. a. auch in Mittelosteuropa.

    In seiner Freizeit beschäftigt sich der neue Professor der Uni Jena mit sozialen Phänomen anderer Art, nämlich im Fußballstadion. Der Leidenschaft für die königliche Sportart fröhnt er gerne mit seinem Sohn. Der Cineast mit Vorliebe für populäre Filmstoffe engagiert sich außerdem im wissenschaftlichen Beirat von Attac und hilft, die Kritik der Globalisierungsskeptiker mit Fachwissen zu untermauern.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Stephan Lessenich
    Institut für Soziologie der Universität Jena
    Carl-Zeiß-Str. 2, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945571
    E-Mail: stephan.lessenich@uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.stephan-lessenich.de


    Bilder

    Prof. Dr. Stephan Lessenich
    Prof. Dr. Stephan Lessenich
    Foto: Lessenich (privat)
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Stephan Lessenich


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