Rektor Prof. Dr. Jürgen Siebke fordert Korrektur - "Wirkungen des Gesetzes sind nicht sorgfältig überlegt worden" - Belastung der Universität Heidelberg beträgt bis zu 1,2 Millionen Mark - "Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Stunden zu streichen oder die Verträge auf weniger Hilfskräfte zu konzentrieren"
"Zu den Gesetzen, deren Wirkungen nicht sorgfältig überlegt worden sind, gehört das 630-Mark-Gesetz", kritisiert der Rektor der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Jürgen Siebke, in Schreiben an Abgeordnete des Deutschen Bundestages. "Das Gesetz geht eindeutig zu Lasten der wissenschaftlichen Hilfskräfte - und zu Lasten der Universitäten", stellt Siebke fest und fordert eine Korrektur.
Wissenschaftliche Hilfskräfte unterstützen die Wissenschaftler in ihren Aufgaben in Forschung und Lehre. Sie sind unverzichtbare Mitarbeiter und finanzieren häufig ihr Studium durch die Tätigkeit in der Universität. Wie Siebke betont, sei es dagegen Ziel des 630-Mark-Gesetzes, die Ausweitung und den Mißbrauch geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse zu verhindern, eine Alterssicherung für Frauen zu ermöglichen und die Kontrollmöglichkeiten zu verbessern. "Keiner dieser Sachverhalte trifft auf die wissenschaftlichen Hilfskräfte zu", so Siebke.
Die wissenschaftlichen Hilfskräfte sind als Studierende krankenversichert. Die 10% Krankenversicherungsbeiträge, die in Zukunft von der Universität bezahlt werden müssen, bringen den Hilfskräften keinen verbesserten Versicherungsschutz. "Sie erhöhen lediglich das Beitragsaufkommen der Krankenkassen, die damit die Gewinner sind", kritisiert der Heidelberger Rektor. An die Rentenversicherung sind 12% zu zahlen. Die wissenschaftliche Hilfskraft erwerbe jedoch nur dann einen Anspruch, wenn sie eine persönliche Zuzahlung von 7,5 % leiste (das sind 47,25 DM bei 630 Mark pro Monat). Siebke: "Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Hilfskräfte wird dies nicht wollen. Es gewinnt bei dieser Regelung nur die Rentenversicherung."
"Die Verlierer dagegen sind die Universitäten." Im Gegensatz zum gewerblichen Bereich haben die Universitäten bisher keine Pauschalsteuer gezahlt. Die Feststellung, daß die bisherige Pauschalsteuer in Höhe von 22% "kostenneutral" durch Beiträge zur Sozialversicherung in gleicher Höhe ersetzt werde, trifft - so die Kritik des Rektors - für den gewerblichen Bereich zu, nicht jedoch für die Universitäten. "Wir haben das Jahr 1998 als Referenz genommen und gerechnet, welche Belastungen auf die Universität Heidelberg zugekommen wären, wenn das 630-Mark-Gesetz im Vorjahr schon gegolten hätte. Der Mehrbedarf beträgt bis zu 1,2 Millionen Mark."
Die Universität Heidelberg kann, so Siebke, die zusätzlichen Kosten nicht auffangen. Das Land Baden-Württemberg habe unter Hinweis auf den Solidarpakt die Übernahme der zusätzlichen Aufwendungen abgelehnt. "Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Stunden zu streichen oder die Verträge auf weniger Hilfskräfte zu konzentrieren." Damit treffe das Gesetz eine Personengruppe, die häufig auf das Geld dringend angewiesen sei und zum Mißbrauch der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse nicht beigetragen habe.
Siebke kritisiert weiter den umfangreichen Verwaltungsaufwand. Es müssen nicht nur alle Beschäftigungsverhältnisse den Krankenkassen gemeldet werden, sondern jede Veränderung eines Beschäftigungsverhältnisses ist meldepflichtig. Der große Vorzug der Verträge für die wissenschaftlichen Hilfskräfte sei ihre Flexibilität. Die Verträge würden oft in der vorlesungsfreien Zeit unterbrochen, Stundenzahlen je nach Bedarf im Lehrbetrieb und bei Forschungsvorhaben reduziert. Es werde eine Flut von Meldungen und Änderungsmeldungen geben, von Übergängen aus der 630-Mark-Zone in die darüberliegende und vieles mehr. Die Universität Heidelberg beschäftigt in der Vorlesungszeit bis zu 1000 wissenschaftliche Hilfskräfte pro Monat.
Siebke schreibt den Abgeordneten: "Ich möchte bei Ihnen ein Bewußtsein dafür schaffen, daß bei den Universitäten außergewöhnliche Belastungen entstehen, die vom eigentlichen Reformzweck des Gesetzes nicht gedeckt sind." Er sei den Mitgliedern des Deutschen Bundestages "außerordentlich dankbar", wenn sie sich des Problems annehmen.
Rückfragen bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
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