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29.04.1998 00:00

Rückenschmerz genauer diagnostizieren

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 29.04.1998 Nr. 89

    Warum der Rücken schmerzt ....

    Neues System mißt, was der einzelne Rückenmuskel leistet

    Preis der Orthopädenvereinigung für RUB-Wissenschaftler

    Bislang war sie nicht klar: die genaue Diagnose, warum der Rücken schmerzt. Nachdem nun RUB-Orthopäden ein Rehalbilitationsgerät weiterentwickelt haben, ist nun die genaue Messsung der Muskelaktivität im Lendenwirbelbereich vor und während der Therapie möglich geworden. Für diese Arbeit erhalten morgen, 30. April 1998, auf der 46. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden die Bochumer Wissenschaftler Dr. Eliane Broll-Zeitvogel und Dr. Joachim Tyws den mit DM 3.000 dotierten Preis der Medizinisch-Orthopädischen 1998. Der ,Versuchsaufbau zur simultanen dyanometrischen und elektromyographischen Erfassung der Muskelaktivität im Lendenbereich" erfolgte unter Leitung von Prof. Dr. Joachim Grifka (Orthopädische Universitätsklinik der RUB im St. Josef Hospital Bochum, Klinikleiter: Prof. Dr. Jürgen Krämer)

    Hohe volkswirtschaftliche Kosten

    Was Tilmann Schneider in seinem Buch ,Wenn Männer sich verheben" satirisch aufs Korn nahm, hat eine große wirtschaftliche Bedeutung: Rückenleiden gehören zu den häufigsten Diagnosegruppen bei Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung und stellen einen volkswirtschaftlich nicht unerheblichen Kostenfaktor dar. So gehen 16,5 % aller Arbeitsunfähigkeitstage auf Rückenerkrankungen zurück. Die Kosten für die mehr als 63 Mio. durch Rückenleiden verursachten Arbeitsunfähigkeitstage im Jahre 1990 werden auf 3,8 Mrd. DM geschätzt.

    Schwierigkeiten mit der Diagnose

    Bei der Differentialdiagnose der Dorsalgie kommen unterschiedliche Erkrankungen in Betracht. Trotz differenzierter Diagnostik einschl. der bildgebenden Verfahren kann häufig keine eindeutige Diagnose gestellt werden. Auffällig sind jedoch häufig muskuläre Defizite und Dysbalancen im Bereich der Bauch- und Rückenstreckmuskulatur.

    Prävention muß Defizite rechtzeitig erkennen

    Unter Berücksichtigung des Auftretens von Rückenleiden und der enormen Kosten für Sekundär- und Tertiärprävention stellt sich die Forderung nach objektiven Verfahren zur Beurteilung des muskulären Status im Bereich der Wirbelsäule. Screeninguntersuchungen müssen frühzeitig Defizite aufzeigen, damit durch geeignete Maßnahmen Schädigungen des Bewegungsapparates vermieden werden können.

    Meßsystem weiterentwickelt

    Zu diesem Zweck entwickelten die Bochumer Orthopäden in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes und in Kooperation mit der Firma Gym 80 (Gelsenkirchen) ein Meßsystem zur zeitgleichen Erfassung der elektrischen Aktivität der Rückstreckmuskulatur und der Rückenstreckmuskelkraft. Durch den besonderen Aufbau und die Konstruktion der Meßeinheit ist bereits der Einsatz im frühen postoperativen Verlauf nach Rückenoperationen möglich.

    Was der einzelne Muskel leistet

    Die von einem Muskel erzeugte Kraft ist das Ergebnis von elektrischen Vorgängen (Nervenimpulse) und den Veränderungen im Muskel (Muskelkontraktion durch Myofilamentgleiten). Die Dynamometrie (Aufzeichnung von Kraft -Zeitkurven) dient der direkten Bestimmung der äußeren Kräfte an der Peripherie des Körpers. Sie gibt Auskunft über die Kräfte bei Rumpfvorbeugung und Rumpfrückneigung unter standardisierten Bedingungen. Die Kraft eines einzelnen Muskels kann jedoch beim Menschen nicht direkt gemessen werden. Daher müssen indirekte Verfahren zur Identifizierung des Anteils der verschiedenen Muskel beim Zustandekommen der auftretenden und registrierbaren Kräfte zur Hilfe genommen werden.

    "EKG" für Rückenmuskel

    Die Bochumer Wissenschaftler haben dafür die Elektromyographie als indirektes Verfahren mit der Dynamometrie gekoppelt. Mit der Elektromyographie wird die elektrische Aktivität eines Muskels unter Verwendung von Oberflächenelektroden abgeleitet (ähnlich wie bei einer EKG-Ableitung). Die neuromuskuläre elektrische Aktivität repräsentiert die mechanische Aktivität, die durch die Dynamometrie erfaßt wird. So können Seitendifferenzen der Muskelaktivierung bei definierten Bewegungen registriert werden. Ursachen reduzierter Kraftentfaltung werden auf neurophysiologischer Ebene aufgeklärt. Außerdem können mittels elektromyographischer Messungen Aussagen zum Ermüdungsverhalten des neuromuskulären Systems bei wiederholten Belastungen getroffen werden.

    Für Prävention und Rehabilitation

    Durch den Einsatz simultaner dynamometrischer und elektromyographischer Messungen sind klinisch noch nicht aufzeigbare Störungen der Muskelfunktion objektivierbar; gleichzeitig können präventiv und rehabilitativ eingeleitete Maßnahmen damit überprüft werden. Das von den Bochumer Wissenschaftler entwickelte Gerät wird in der Universitäsklinik zur Diagnostik der muskulären Funktion im unteren Wirbelsäulenbereich eingesetzt. Die Erforschung von therapeutischen Effekten wie z.B. die Änderung der Muskelaktivität im postoperativen Verlauf nach Bandscheiben eingriffen oder die Effekte wirbelsäulennaher Injektion und physiotherapeutischer Maßnahmen gehören ebenfalls zum Einsatzbereich des Meßsystems.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Joachim Grifka, Orthopädische Universitätsklinik der RUB im St. Josef Hospital Bochum, Gudrunstr. 56, 44791 Bochum, Tel. 0234/509-2535, Fax: 0234/509-2537


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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