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01.04.2005 12:07

Herzkrankheiten: "Kompetenznetze" für optimale Patientenversorgung

Christiane Limberg Pressesprecher
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.

    Trotz intensiver Forschung und groß angelegter Aufklärungskampagnen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland nach wie vor die häufigste Todesursache. Deutliche Verbesserungen sollen so genannte Kompetenznetze bringen, hieß es Donnerstagnachmittag auf einer Presseveranstaltung anlässlich der 71. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, bei der in Mannheim derzeit etwa 5000 aktive Teilnehmer zusammenkommen sind. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, sollen Kompetenznetze für Herzinsuffizienz, Herz-Kreislauf-Genforschung, Vorhofflimmern und Angeborene Herzfehler zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse liefern und die Behandlung der Patienten weiter verbessern.

    Mannheim, Freitag 1. April 2005 - "Herzinsuffizienz wird weithin unterschätzt", beobachtet Prof. Dr. Karl Josef Osterziel, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Kompetenznetz Herzinsuffizienz, Berlin. "Herzschwäche ist weit verbreitet, bei den über 65-Jährigen ist sie sogar der häufigste Grund für eine Krankenhauseinweisung. Die Prognose ist allerdings, trotz großer Therapiefortschritte in den vergangenen Jahren, weiter ähnlich ernst wie bei Krebserkrankungen. Gute etablierte Therapiestrategien werden nicht konsequent genug umgesetzt."

    Herzinsuffizienz: 250.000 Krankenhausaufenthalte, 2 % des gesamten Gesundheitsbudgets

    Durch Herzinsuffizienz kommt es hierzulande zu mehr als 250.000 Krankenhausaufenthalten jährlich, die entsprechenden Behandlungskosten machen bereits bis zu 2 Prozent des kompletten Gesundheitsbudgets aus. Entsprechend des steigenden Anteils von Älteren in der Gesellschaft werde die Bedeutung von Herzinsuffizienz weiter steigen, sagt Prof. Osterziel. Für eine nachhaltig verbesserte Versorgung sei es allerdings essentiell zu wissen, wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind, wie die Zahl der Neuerkrankungen steigt und wie der Einfluss von neuen Risikofaktoren ist. "Fundierte epidemiologische Daten zu Herzschwäche liegen jedoch für Deutschland bislang nicht vor", bemängelt Prof. Osterziel.

    "Patienten mit Herzinsuffizienz zu mehr Lebenszeit und Lebensqualität verhelfen."

    Das interdisziplinäre Forschungsvorhaben "Kompetenznetz Herzinsuffizienz" erfasst deshalb erstmals an über 30.000 Personen aus verschiedenen Studien die Häufigkeit und Verteilung der Herzinsuffizienz: Es werden klassische Risikofaktoren erfasst, aber auch die Einflüsse von Ernährung und Lebensstil. Prof. Osterziel: "Das Kompetenznetz Herzinsuffizienz arbeitet mit vereinten Kräften daran, Betroffenen zu mehr Lebenszeit und Lebensqualität zu verhelfen." Insgesamt sind über 200 Ärzte und Wissenschaftler aus 30 Universitätskliniken, 5 Forschungsinstituten, 7 Herzzentren, 17 Herz-Kreislauf-Klinken, Arztpraxen, Rehabilitationskliniken, Organisationen, Verbänden und die Industrie daran beteiligt.

    Gefährliche Gene - Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Fokus der Genomforschung

    Neben den Risikofaktoren, sagte in Mannheim Prof. Dr. Hugo Katus, Heidelberg, Sprecher und Koordinator des "Herz-Kreislauf-Netzes", komme der genetischen Veranlagung eine wichtige Rolle zu: "Nicht jeder Raucher erleidet einen Herzinfarkt, nicht jeder Übergewichtige entwickelt Bluthochdruck. Andererseits können sogar junge Hochleistungssportler an Herzmuskelschwäche erkranken. Denn letztlich entscheidet die jeweilige genetische Ausstattung darüber, wie empfänglich der einzelne Mensch für schädliche äußere Einflüsse ist." Die genetische Empfänglichkeit für eine Erkrankung im Zusammenwirken mit weiteren äußeren Faktoren führt dann zum Ausbruch einer Krankheit.
    Im Herz-Kreislauf-Netz als Teil des Nationalen Genomforschungsnetzes (www.ngfn.de) suchen Kliniker, Grundlagenforscher, Epidemiologen und Bioinformatiker zahlreicher deutscher Forschungseinrichtungen nach den genetischen Grundlagen und Entstehungsmechanismen von Herz-Kreislauf-Krankheiten. Prof. Katus: "In fünf Schwerpunktbereichen werden Bluthochdruck, Herzinfarkt und koronare Herzerkrankung, Herzschwäche, Herzmuskelerkrankungen und die Blutgerinnung erforscht."
    Eine deutsche Untersuchung, so Prof. Katus, habe bei verschiedenen Ausprägungen der koronaren Herzkrankheit eine unerwartet starke familiäre Häufungen ergeben, so dass offenbar nicht nur die Krankheit an sich, sondern auch die spezifische Ausprägung der Krankheit vererbbar sind. "Sowohl die Ärzte als auch die betroffenen Patienten müssen verstehen, dass weitere Familienmitglieder an der gleichen Erkrankung leiden können" sagt Prof. Katus. "Diese Aufklärung wird hoffentlich zu einer besseren Diagnostik und frühzeitigeren Therapie von familiär gehäuft auftretenden Erkrankungen beitragen."

    "Kompetenznetz Vorhofflimmern": Entspricht die Versorgung den gültigen Richtlinien?"

    Mahr als eine Million Menschen sind derzeit in Deutschland an Vorhofflimmern erkrankt, damit der bedeutsamsten Herzrhythmusstörung. Prof. Dr. Gerhard Steinbeck, München: "Die meisten Patienten leiden unter typischen Beschwerden wie Herzstolpern, Unruhegefühl und Angstzuständen, verbunden mit Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität. Vorhofflimmern kann zu gefährlichen Komplikationen führen, Patienten haben generell ein erhöhtes Schlaganfallrisiko."
    Weil diese Volkskrankheit ein immer ernsteres Problem im Gesundheitswesen darstellt, und hierzulande über die Versorgung und Behandlung noch zu wenig bekannt ist, baut das "Kompetenznetz Vorhofflimmern" unter der Leitung von Prof. Steinbeck zur Zeit ein bundesweites Register mit anonymisierten Patientendaten auf, die über ein Dokumentationssystem erfasst werden. Prof. Steinbeck: "Mehr als 600 Ärzte haben Patienten rekrutiert, gut ein Jahr nach dem Start sind jetzt bereits mehr als 5700 Vorhofflimmer-Patienten in das Register eingeschlossen. Wir erwarten uns zum Beispiel Antworten auf folgende Fragen: Wie effektiv werden Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland behandelt, Entspricht die Versorgung den international gültigen Richtlinien?"
    Darüber hinaus führt das Kompetenznetz klinische Studien durch, in denen zum Beispiel neue Diagnosemethoden und verbesserte Behandlungsformen bewertet werden. Außerdem werden experimentelle Grundlagenuntersuchungen durchgeführt, um beispielsweise die genetischen und molekularbiologischen Ursachen des Vorhofflimmerns zu analysieren.

    "Kompetenznetz Angeborene Herzfehler": Kooperation von Versorgung und Wissenschaft

    Das "Kompetenznetz Angeborene Herzfehler" erforscht Krankheitsmechanismen, neue Behandlungsmöglichkeiten und die aktuelle Versorgungslage von Patienten aller Altersgruppen mit angeborenen Herzfehlern. "Diese Menschen sterben heute nicht mehr früh, sondern sind nach Operationen im Neugeborenen- und Kindesalter jahrzehntelang chronisch-herzkranke Patienten", sagt Sprecher Prof. Peter E. Lange. "Sie brauchen eine kontinuierliche Betreuung durch besonders geschulte Ärzte und Kliniken. Regelmäßig erfasste, qualitätsgesicherte und entlang der gesamten Versorgungskette verfügbare Daten sollen in Zukunft helfen, die optimale Versorgung der Betroffenen zu sichern."
    Ein wichtiger Vorteil: Medizinische Daten aus der Versorgung fließen in die wissenschaftliche Forschung ein, umgekehrt können diese Forschungsdaten wieder für die Versorgung dieser Patienten verwendet werden.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Eckart Fleck, Pressesprecher der DGK (Berlin)
    Christiane Limberg, Pressereferentin der DGK (Düsseldorf); Pressezentrum: 0621-41065002
    Roland Bettschart, B& K Medien- und Kommunikationsberatung; Pressezentrum 0621-41065352 oder mobil 0043 676 6356775


    Weitere Informationen:

    http://www.dgk.org


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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