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04.04.2005 09:31

Nach der Flutwelle in Asien

Markus Brakel Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V.

    Hilfe bei der Identifizierung von Flutopfern durch Mitglieder des
    interdisziplinären Arbeitskreises für Forensische Odonto-Stomatologie in der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK)

    Düsseldorf. 04. April 2005 - Am zweiten Weihnachtstag 2004 wurden große Teile Asiens von einem mächtigen Seebeben heimgesucht. Dieses löste einen Tsunami aus und führte zu einer verheerenden Katastrophe. Hierbei handelt es sich um die größte Naturkatastrophe, die es seit Jahrhunderten auf der Welt gegeben hat. Schätzungsweise 300.000 Menschen verloren dabei ihr Leben - unter ihnen auch zahlreiche deutsche Touristen, welche ihre Weihnachtsferien an den traumhaften Stränden Thailands und Sri Lankas verleben wollten.

    In Thailand wurden durch die bis zu zehn Meter hohe Flutwelle auf einem bis zu einen Kilometer breiten Landstrich ganze Hotels dem Erdboden gleich gemacht. Die größten Zerstörungen gab es in den Touristenregionen von Khao Lak und auf den Inseln von Kho Phi Phi. Auch große Teile der von Touristen stark frequentierten Stadt Pattong wurden überschwemmt. Zahlreiche Autos wurden hier in- und übereinander geschoben. Selbst ein großes Polizeischiff (Abb.1), welches vor Khao Lak ein Mitglied der Königsfamilie beim Wassersport bewachte, wurde mehrere hundert Meter ins Landesinnere geschleudert und kam erst am Fuße eines Berghangs zum Stillstand. Die Flutwelle vom 26.12.2004 hatte ein solches Ausmaß, dass manche Mitmenschen bereits an den jüngsten Tag glaubten.

    Bereits am Tage nach der Flutkatastrophe schickte das Bundeskriminalamt (BKA) ein vierköpfiges Vorauskommando nach Thailand (3 Kriminalbeamte und 1 Mediziner/ Zahnmediziner) zur Sondierung der örtlichen Geschehnisse. Zeitgleich erfolgten in Wiesbaden die Vorbereitungen für die Entsendung der seit 1972 existierenden Identifizierungskommissionen des BKA (IDKO) nach Thailand und Sri Lanka, wo diese am 30.12.2004 eintrafen.

    19 Nationen stellen ab dem Jahreswechsel 2004/2005 ihre aus erfahrenen Kriminalbeamten, Verwaltungsbeamten und Angestellten sowie Rechtsmedizinern und forensischen Zahnärzten bestehenden Teams der Internationalen Gemeinschaft zur Identifizierung der Opfer der Flutkatastrophe zur Verfügung. Diese ca. 300 Experten arbeiten an vier verschiedenen Standorten - teilweise im Zwei-Schicht-System - nach internationalen Richtlinien. Bei hohen Temperaturen und extremer Luftfeuchtigkeit gehen sie bis an die Grenze ihrer physischen und psychischen Belastung, um möglichst viele der Tsunami-Opfer mit wissenschaftlichen Methoden sicher zu identifizieren. Diese sehen neben der äußeren und inneren Leichenschau die Sicherung von Fingerabdrücken und DNA-Proben eben auch forensisch-stomatologische Untersuchungen vor: Erhebung des Zahnstatus und routinemäßig Röntgenuntersuchungen in Form von Bissflügelaufnahmen. Der hohe Standard erfordert einen entsprechenden Zeitaufwand für die Untersuchung eines jeden Opfers.

    Identifizierungen sind - wie bei anderen Katastrophen auch (ICE-Unglück von Eschede, Tunnelbrand in Kaprun, Concorde-Absturz bei Paris, Attentat auf das World Trade Center, Flugzeugkollision am Bodensee) auf unterschiedliche Art und Weise möglich: hierzu zählen Körpergröße, Körpergewicht, Geschlecht, Haarfarbe, Haarlänge, Augenfarbe, Bekleidung, Schmuck, Tätowierungen, Piercings, (Operations-) Narben, Fingerabdrücke, Zahnstatus, DNA-Analyse, Registriernummern auf Herzschrittmachern bzw. Defibrillatoren oder künstlichen Hüft- und Kniegelenken usw. Auf Grund der Tatsache, dass Opfer aus unterschiedlichen Nationen zu beklagen waren, konnten spezielle Prothesengravuren mit Ident-Nummern oder Geburtsdaten Hinweise auf die Nationalität des Opfers geben.

    Eine Kombination aus möglichst vielen Übereinstimmungen für eine Identifizierung wird angestrebt. Ist keine Kombination möglich, d.h. liegt nur ein einziges Kriterium vor, reicht i.d.R. ein registrierter Fingerabdruck, ein markanter Zahnstatus oder der DNA-Vergleich.

    Mit Hilfe eines ausgefeilten Computerprogramms erfolgt der Abgleich der ante-mortalen mit den post-mortalen Befunden. Je individueller die einzelnen zahnmedizinischen und nicht-zahnmedizinischen Befunde sind, desto schneller können den thailändischen Behörden, welche auf Grund geltenden Hoheitsrechts die abschließende Entscheidung treffen, Identifizierungsempfehlungen präsentiert werden.
    Es ist nur schwer absehbar, wann wieder normales Leben in die Küstenregionen Südthailands einziehen wird (Abb.2).

    Die Aufbereitung des Tsunami hat erneut gezeigt, wie wichtig im Katastrophenfall die Zusammenarbeit zwischen den in Deutschland niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzten und dem Bundeskriminalamt ist.
    Daher danken die in Thailand und Sri Lanka vom BKA eingesetzten deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzte - Mitglieder des Arbeitskreises für forensische Odonto-Stomatologie der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin - an dieser Stelle allen zahnärztlichen Kolleginnen und Kollegen, die in den letzten Wochen Behandlungsunterlagen und Röntgenaufnahmen ihrer Patienten zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt haben und damit ihren Beitrag zum Erfolg der Identifizierungsmaßnahmen geleistet haben.

    Autoren:
    Dr. med. Dr. med. dent. Claus Grundmann *, Viktoriastr. 8, 47166 Duisburg
    Priv.-Doz. Dr. med. Rüdiger Lessig*, Johannisallee 28, 04103 Leipzig
    Dr. med. dent. Sven Benthaus*, Goebenstr. 73, 46045 Oberhausen
    Dr. med. Dr. med. dent. Klaus Rötzscher*, Wimphelingstr. 7, 67346 Speyer
    Und 1. Kriminalhauptkommissar Horst Engel, Thaerstr. 11, 65193 Wiesbaden
    Geschäftsführer der Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes


    Weitere Informationen:

    http://www.dgzmk.de


    Bilder

    Abb. 1: Polizeischiff, das mehrere hundert Meter landeinwärts geschleudert wurde
    Abb. 1: Polizeischiff, das mehrere hundert Meter landeinwärts geschleudert wurde
    Klaus Rötzscher
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    Abb. 2<br />
Hauszerstörung<br />
Abb. 2: Hauszerstörung
    Abb. 2 Hauszerstörung Abb. 2: Hauszerstörung
    Klaus Rötzscher
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Politik, Recht
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Abb. 1: Polizeischiff, das mehrere hundert Meter landeinwärts geschleudert wurde


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    Abb. 2
    Hauszerstörung
    Abb. 2: Hauszerstörung


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