Unter dem Titel "Biopolitik und Regenerative Medizin - Pro und Contra" sind am 7. April 2005 Politiker und Forscher aus mehreren Mitgliedsländern der Europäischen Union zu einem zweitägigen internationalen Kongress in Berlin zusammengekommen. Veranstalter sind das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und die Friedrich-Ebert-Stiftung. "An die Stammzellforschung und ihre medizinische Anwendung werden hohe Erwartungen geknüpft, manchmal auch überzogene Erwartungen", sagte MDC-Stiftungsvorstand Prof. Walter Birchmeier zu Beginn der Tagung in der Friedrich-Ebert-Stiftung. Vor dem Hintergrund von Erkenntnissen über die Verunreinigung humaner embryonaler Stammzellen (hES) durch das Heranziehen auf Mauszellen und die Verwendung von Nährmedien mit Zusätzen tierischer Seren erklärte Prof. Birchmeier, die klinische Anwendung von nahezu allen bisher etablierten menschlichen embryonalen Stammzelllinien sei kritisch zu beurteilen. Stammzellen können durch tierische Viren verunreinigt sein oder, da sie tierische Biomoleküle in ihre Zellmembran integrieren können, unerwünschte Immunreaktionen bei Patienten auslösen. "Damit entsteht die Frage nach einem rational begründeten Stichtag neu", betonte Prof. Birchmeier. Bisher dürfen in Deutschland nur hES aus Zelllinien für die Forschung eingesetzt werden, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden.
Weiter wies Prof. Birchmeier darauf hin, dass die MDC-Arbeitsgruppe "Bioethik und Wissenschaftskommunikation" von Dr. Christof Tannert zur Versachlichung der Stammzelldebatte 2004 eine Delphi-Studie erstellt hat. Darin hatten sich Wissenschaftler, Kliniker und Begleitforscher für eine Verstärkung der Forschung vor allem mit gewebespezifischen (adulten) Stammzellen ausgesprochen, die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen aber zurückhaltender beurteilt.
Schwerpunkt des Kongresses ist der Stand der Forschung mit Stammzellen und ihre Regulierung in Europa vor allem was den Schutz menschlicher Embryonen anbetrifft. Stammzellforschung gilt als wichtige Basis-Forschung für die "regenerative Medizin". Die Wissenschaft hofft, die Erkenntnisse, die sie über die natürlichen Regenerations- und Reparaturprozesse des Körpers zunehmend gewinnt, künftig gezielt für die Behandlung schwerer Krankheiten einsetzen zu können. Die Stammzellforschung hat vor allem in Deutschland heftige Diskussionen ausgelöst. Bisher hat das Robert-Koch-Institut in Berlin insgesamt neun Forschungsprojekte mit humanen embryonalen Stammzellen in Deutschland genehmigt, davon seit Oktober 2004 zwei am MDC.
An der Tagung nehmen Bundesministerin Edelgard Bulmahn und Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen vom Bundesforschungsministerium (BMBF) teil. Weiter Dr. Octavi Quintana Trias, Direktor, Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission, Brüssel, Belgien, Prof. Rafael Capurro, European Group on Ethics bei der Europäischen Kommission, Brüssel, Prof. Spiros Simitis, Vorsitzender des Nationalen Ethikrats, Berlin, Marie-Helène Mouneyrat, Generalsekretärin des Comité Consultatif National d`Ethique, Paris, Frankreich, Dr. Glyn Stacey, Direktor der britischen Stammzellbank am National Institute for Biological Standards and Control (NIBSC), South Mimms, Großbritannien, Prof. Petr Dvorak, Institut für Experimentalmedizin, Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Brünn, Tschechien, Prof. Andrzej M. Kaniowski, Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Ethik, Universität Lódz, Polen, Prof. Henning M. Beier, Stellv. Vorsitzender der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung, Institut für Anatomie und Reproduktionsbiologie, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Prof. Walter Birchmeier, MDC-Stiftungsvorstand, Berlin, Prof. Detlev Ganten, Vorstandsvorsitzender der Charité - Universitätsmedizin Berlin sowie die Bundestagsabgeordneten Prof. Maria Böhmer (CDU) und Jörg Tauss (SPD).
Der Kongress ist Teil des Forschungsprojekts "Diskurs zu den ethischen Fragen der Biomedizin" der MDC-Arbeitsgruppe "Bioethik und Wissenschaftskommunikation" und wird vom BMBF gefördert.
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Barbara Bachtler
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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