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29.04.1999 09:53

Denkmalschutz per Handauflegen

Inge Arnold Stabsabteilung Presse, Kommunikation und Marketing
Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft

    Forschungszentrum Karlsruhe entwickelt Sensorsystem zur zerstörungsfreien Schadenserkennung an Kunstdenkmälern

    Erstmals können Denkmäler aus Metallen wie Kupfer, Bronze und anderen Kupferlegierungen, die mit einer Patina-Schicht überzogen sind, zerstörungsfrei untersucht werden. Eine Forschergruppe um Dr. Werner Faubel und Dr. Hanns Klewe-Nebenius vom Institut für Instrumentelle Analytik des Forschungszentrums Karlsruhe hat ein tragbares Sensorsystem entwickelt, das auf photoakustischer und photothermischer Analyse beruht. Etwaige Schäden am Metall oder der darüber liegenden schützenden Patina-Schicht sind frühzeitig und vor Ort feststellbar. Dem Verfall des oft wertvollen Kulturobjekts kann so rechtzeitig entgegengewirkt werden.

    Mit dem jetzt vorgestellten Sensorsystem kann der Denkmalschützer metallische Objekte quasi durch Handauflegen untersuchen. Neu an dieser Untersuchungsmethode ist, daß kein Probenmaterial entnommen werden muß, um die schützende Patina-Schicht und das darunter liegende Material zu analysieren. Der Kontakt des Sensorsystems mit der Oberfläche ist ausreichend.
    Ziel der Untersuchung ist es jeweils, eine mögliche Schädigung durch atmosphärische Korrosion frühzeitig zu erkennen. Die Patina ist eine Korrosionsschicht, die sich auf metallischen Objekten im Kontakt mit Luft bildet. Ihre Zusammensetzung und Dicke ist ein Indikator für den Zustand des darunter liegenden Metalls. Nach Korrosionsangriffen durch Schadstoffe hat die Patina-Schicht eine andere chemische Zusammensetzung und Schichtdicke als vorher.
    "Die Wirkungsweise des Analyseverfahrens beruht auf photothermischen und photo-akustischen Komponenten", erläutert Werner Faubel. "Der photothermische Sensor bestimmt Tiefenprofile und somit die Dicke der ausgebildeten Korrosionsschicht. Mit dem photoakustischen Sensor können Änderungen der Schicht-Zusammensetzung charakterisiert werden."
    Das photothermische Meßverfahren basiert auf der Wechselwirkung zwischen der zu untersuchenden Materie und einem gepulsten Laserstrahl, der an der Oberfläche absorbiert wird. Dabei kommt es zu einer periodischen Erwärmung und folglich zur Ausbreitung von Wärmewellen, die sich in die angrenzende Luft übertragen und eine Änderung des Brechungsindexes und der Dichte hervorrufen. Diese lokale, temperaturabhängige Dichteschwankung bewirkt die Ablenkung eines weiteren Laser-Meßstrahls, die abhängig vom untersuchten Material ist und mit dem photothermischen Sensor gemessen wird. Bei einer Änderung der Materialzusammensetzung, etwa an den Übergangszonen zwischen Patina-Schicht und Metall, werden unterschiedliche Ablenkungen gemessen, und die Schichtdicke kann so bestimmt werden.
    Beim photoakustischen Meßverfahren erfolgt die Untersuchung der Schicht mit einem gepulsten Lichtstrahl, der in die Probe eintritt und diese erwärmt. Je nach eingestrahlter Wellenlänge des Lichts werden unterschiedliche Bestandteile der Patina-Schicht angeregt. Beim Austritt der Wärme aus der Probe wird eine dünne Luft-Grenzschicht (ca. 2 mm) erwärmt, die sich aufgrund der periodischen Anregung abwechselnd ausdehnt und verdichtet. Dadurch werden in der angrenzenden Luftsäule, wie bei einer Schallwelle, Druckschwankungen erzeugt, die von dem photoakustischen Sensor, einem Mikrofon, als Schallwellen aufgenommen werden. Auf diese Weise können Änderungen in der Materialzusammensetzung schnell erkannt werden.
    Eine geeignete Maßnahme zum Korrosionsschutz ist das Auftragen von Lacken als zusätzliche Schutzschicht gegen Schadstoffeinflüsse. Auch durch solche künstlichen Schutzschichten bis zu 30 µm ist mit dem neuartigen Sensorsystem eine Analyse der darunter liegenden Schichten möglich.
    Das Analyseverfahren, das im Rahmen eines gemeinsamen EU-Projektes mit der Universität für Angewandte Kunst in Wien und der Aristoteles Universität in Thessaloniki entwickelt wurde, ist prinzipiell für alle wärmeleitenden Feststoffe einsetzbar. So kommt das Verfahren auch in der Automobilindustrie zum Einsatz, wo Autobleche vor der Verarbeitung auf störende Ölfilmreste hin untersucht werden. Darüber hinaus erproben die Wissenschaftler am Forschungszentrum Karlsruhe die neuartige Oberflächenanalyse an alten und neuen Papieren, um in Bibliotheken frühzeitige Konservierungsmethoden zu ermöglichen. Das Forschungszentrum ist an Kooperationspartnern aus der Industrie interessiert.
    Sabine Fodi 28. April 1999

    Tel. 07247/822861


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Biologie, Chemie, Geschichte / Archäologie, Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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