Interdisziplinäre Tagung der Tolkiengesellschaft vom 15.-17. April an der Universität Jena
Jena (14.04.05) Tolkiens "Herr der Ringe" ist nicht nur ein Kultroman, sondern auch eine Fundgrube für Historiker, Theologen, Philosophen und Sprachwissenschaftler. Angefangen bei den Liedern der Elben, für die der Autor eine neue Sprache erfand, bis hin zu dem Fakt, das ganz "Mittelerde" von einem Krieg erfasst wird, der nur gewonnen werden kann, wenn sich die unterschiedlichen Völker gegen das Böse verbünden, bietet die Trilogie bis heute interessante Anknüpfungspunkte für verschiedene Disziplinen. Die Deutsche Tolkiengesellschaft e. V., die die wissenschaftliche Erschließung und die Verbreitung der Werke von John Ronald Reuel Tolkien fördert, organisiert jährlich ein Seminar, auf dem neue Erkenntnisse rund um die Werke und das Wirken des einstigen Professors für altenglische Sprache und Literatur vorgestellt werden. "Tolkiens Weltbilder" lautet das Thema der diesjährigen Tagung, die ab morgen (15. April) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena stattfindet.
Unter den Referenten ist auch Prof. Dr. Thomas Honegger von der Universität Jena. Der Anglist, der die Tagung organisiert hat, wird gemeinsam mit dem Züricher Indogermanisten Dieter Bachmann beleuchten, inwiefern die Vereinnahmung der nordischen Sagen durch die Nationalsozialisten Tolkiens Schaffen beeinflusst hat. "Als Sprachwissenschaftler, der Tolkien war, versuchte er die verloren gegangenen altenglischen Mythen der Vorzeit mit Hilfe nordischer Mythologien zu rekonstruieren", berichtet Honegger. Dazu nutzte er Quellen, die sich auch bei seinen Zeitgenossen, die die Idee einer nordischen Herrenrasse propagierten, großer Beliebtheit erfreuten. "Es gibt auch bei Tolkien klar übergeordnete Rassen," so der Anglist. "Im Gegensatz zum von den Faschisten propagierten gnadenlosen Konkurrenzkampf zwischen den Rassen haben sie jedoch in seinem Roman gegenüber den weniger zivilisierten Rassen eine Verpflichtung zur ,Entwicklungshilfe'." Die eigentlichen Heldentaten werden zudem nicht von den kriegerischen Heroen, sondern von den kleinen Hobbits vollbracht. Das ist laut Honegger ein Beispiel dafür, wie Tolkien in seinem Buch der zeitgenössischen Heroenverherrlichung gegensteuert.
"Wir wissen aus seinen Briefen, dass er sehr unglücklich darüber war, dass die mythologischen Quellen, aus denen er schöpfte, durch die Nazis missbraucht wurden", sagt Honegger. Er hat u. a untersucht, welche Elemente aus der ger-manischen Mythologie Tolkien in seinem zwischen 1937 und 1949 entstandenen Roman dennoch verwendet hat. So trägt beispielsweise das Reitervolk von Rohan typisch germanische Züge. In weiteren Vorträgen werden die politischen Strukturen in Mittelerde durchleuchtet sowie Rückschlüsse auf Tolkiens Theologie und seine Philosophie des Todes gezogen. Neben seinen Heldentypen sind auch die Lieder und Gedichte im Roman Gegenstand von Vorträgen, die allesamt in den zweiten Band von Hither Shore, dem Jahrbuch der Tolkiengesellschaft einfließen werden. Der erste Band mit den Beiträgen von 2004 wird am Samstagabend vorgestellt. Obwohl den Organisatoren bereits über 80 Anmeldungen vorliegen, ist die Öffentlichkeit dennoch herzlich zu den Vorträgen eingeladen, die im Hörsaal 6 des Campusgebäudes (Carl-Zeiß-Str. 3) stattfinden.
Ein ausführliches Tagungsprogramm findet sich im Internet unter:
http://www2.uni-jena.de/fsu/anglistik/Programm2DTG.pdf
Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Honegger
Institut für Anglistik/Amerikanistik der Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944500
E-Mail: tm.honegger@uni-jena.de
http://www.tolkiengesellschaft.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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